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Bundespräsident Steinmeier zu Gast in Kasachstan und Kirgistan

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist vom 19. bis zum 23. Juni zu einem offiziellen Besuch nach Kasachstan und Kirgistan gereist. Bei den Treffen mit seinen Amtskollegen ging es unter anderem um die wirtschaftlichen Beziehungen, aber auch Zentralasiens wachsende geopolitische Bedeutung stand im Fokus.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kasachstans Präsident Qasym-Jomart Toqaev bei ihrem Treffen am 20. Juni in Astana, Foto: president.kz
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kasachstans Präsident Qasym-Jomart Toqaev bei ihrem Treffen am 20. Juni in Astana, Foto: president.kz

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist vom 19. bis zum 23. Juni zu einem offiziellen Besuch nach Kasachstan und Kirgistan gereist. Bei den Treffen mit seinen Amtskollegen ging es unter anderem um die wirtschaftlichen Beziehungen, aber auch Zentralasiens wachsende geopolitische Bedeutung stand im Fokus.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist am 19. Juni zu einer fünftägigen Reise nach Zentralasien aufgebrochen. Mit seiner Reise unterstrich der Bundespräsident die wachsende geopolitische Bedeutung Zentralasiens. Laut Angaben des Bundespräsidialamts diente sie auch dazu, ein Signal der Partnerschaft zu senden und „Deutschlands Interesse an der Diversifizierung seiner politischen, wirtschaftlichen und energiewirtschaftlichen Beziehungen“ zu betonen.

Kasachstan: Wirtschaft und Ökologie

Am 20. Juni wurde Steinmeier in Kasachstans Hauptstadt Astana von seinem Amtskollegen Qasym-Jomart Toqaev empfangen. Während der Gespräche ging es unter anderem um die Aktivierung der Zusammenarbeit bei der Entwicklung der transkaspischen internationalen Transportroute („Mittlerer Korridor“) und in den Bereichen Öl und Gas, grüne Energie und Industrie. Dabei wurden auch regelmäßige Erdöllieferungen für die Raffinerie PCK in Schwedt vereinbart.

„Kasachstan kann die Wirtschaft Deutschlands mit Energie und notwendigen Rohstoffen versorgen, was in der aktuellen komplexen geopolitischen und geoökonomischen Zeit besonders wichtig ist. Ein klares Beispiel hierfür ist die Lieferung von kasachstanischem Öl an eine Ölraffinerie in der Stadt Schwedt im Auftrag der deutschen Seite. Für die effektive Umsetzung der geplanten Projekte ist die Lösung einer Reihe von Aufgaben erforderlich, […] einschließlich der Entwicklung von Transport- und Logistikverbindungen. Heute nimmt die Bedeutung der transkaspischen internationalen Transportroute […] zu“, erklärte Toqaev im Anschluss an das Treffen.

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Darüber hinaus wurden im Rahmen des Treffens Vereinbarungen im Bereich Wissenschaft und Hochschulbildung, zur Gründung des Kasachstanisch-Deutschen Instituts für nachhaltiges Ingenieurwesen, zur Entwicklung einer Partnerschaft im Bereich Personenbeförderung und Transportlogistik sowie weitere Wirtschaftsabkommen abgeschlossen.

Im Anschluss nahmen beide Staatsoberhäupter an einem Symposium von Rektor:innen deutscher und kasachstanischer Universitäten sowie am Deutsch-Kasachstanischen Wirtschaftsforum teil. Zum Abschluss seines Aufenthalts in Astana besuchte Steinmeier das kasachstanische Nationalmuseum und traf Vertreter:innen der Zivilgesellschaft.

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Am nächsten Tag reiste der Bundespräsident in die am Kaspischen Meer gelegene Stadt Aqtaý weiter. Dort nahm er an der Grundsteinlegung für das Kasachstanisch-Deutsche Institut für nachhaltiges Ingenieurwesen an der Esenov-Universität teil. Anschließend besuchte er ein Projekt der deutsch-schwedischen Svevind-Gruppe zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aus Wind- und Solarenergie. Zum Abschluss seines Kasachstan-Besuchs besichtigte er den südlich von Aqtaý gelegenen Fährhafen von Quryq und führte ein Expert:innen-Gespräch zu strategischen Chancen und Herausforderungen des Mittleren Korridors.

Kirgistan: Green Economy im Fokus

Nachdem er am Vorabend in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek angekommen war, wurde Steinmeier am Morgen des 22. Juni von Kirgistans Präsidenten Saydr Dschaparow empfangen. „Wir haben seit mehr als 30 Jahren stabile und sich dynamisch entwickelnde Beziehungen. […] Deutschland ist auch bereit, Kirgistan in jeder Hinsicht zu unterstützen und seine Erfahrungen im Bereich der erneuerbaren Energiequellen weiterzugeben. In Ihrem Land gibt es dafür sehr gute Voraussetzungen“, erklärte der Bundespräsident.

Auch Dschaparow bekundete Kirgistans Interesse an der Entwicklung der Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Wirtschaft und Technologie. Das Land verfüge über erhebliches Potenzial im Bereich erneuerbarer Energiequellen und interessiere sich für deutsche Technologien zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Da Kirgistan über große Wasserressourcen verfügt, könne man gemeinsam grünen Wasserstoff produzieren.

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Auch darüber hinaus warb Dschaparow um Investitionen. „Derzeit setzen wir das Green Economy Development Program um, […] und Dutzende Projekte zum Bau mittlerer und kleiner Wasserkraftwerke werden umgesetzt. In diesem Zusammenhang schlagen wir vor, die Möglichkeit einer Investition in „grüne Projekte“ in Kirgistan in Betracht zu ziehen. Ihre gemeinsame Umsetzung könnte zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bei gleichzeitiger Erreichung der Klima- und Umweltziele im Rahmen des Pariser Abkommens beitragen“, betonte Kirgistans Staatsoberhaupt.

Auch im weiteren Verlauf von Steinmeiers Kirgistan-Besuch spielte Ökologie eine wichtige Rolle. So besuchte der Bundespräsident am 23. Juni den Ala-Artscha-Nationalpark, wo er mit Wissenschaftler:innen über den Einfluss des Klimawandels auf Kirgistans Berg- und Gletscherwelt und auf die regionale Wasserversorgung sprach.

Deutschland als Vorbild?

Im Gespräch mit Steinmeier hob Dschaparow darüber hinaus Deutschlands Vorbildfunktion in Bezug auf die Demokratisierung hervor. „Deutschland ist dank seiner politischen Autorität und seines wirtschaftlichen Potenzials ein Vorbild für viele Länder der Welt, auch für uns. Wir teilen demokratische Werte, Grundfreiheiten und Menschenrechte, die auch in Deutschland einen hohen Stellenwert haben“, sagte der Präsident.

Mit diesen Aussagen stieß er aber auf Unverständnis von Seiten der kirgisischen Presse. So hebt das Nachrichtenportal Kloop hervor, dass Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International in ihren Berichten darauf hinweisen, dass die Meinungsfreiheit in Kirgistan schrittweise eingeschränkt wird.

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Beispiele hierfür seien die Inhaftierung von etwa 30 Aktivist:innen und Politiker:innen im Zusammenhang mit dem Fall Kempir-Abad, die Ausweisung des investigativen Journalisten Bolot Temirow, die Sperrung der Website von Radio Azattyk sowie regelmäßige Verhöre von Journalist:innen und Blogger:innen.

Zentralasien gewinnt an Bedeutung

Wie Kloop berichtete, sprachen die beiden Präsidenten auch über die westlichen Sanktionen gegen Russland. Steinmeier sagte, dass die kirgisischen Behörden in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Union in der Lage sein werden, eine Umgehung der Sanktionen zu vermeiden.

„Wir wissen, dass es für die Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion schwierig ist, den Transport und die Beförderung von Waren und Gütern zu verfolgen, aber wir erwarten dennoch, dass in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Abteilungen der EU Möglichkeiten gefunden werden, die Umgehung von Sanktionen zu vermeiden“, erklärte der Bundespräsident. Zuletzt war Kirgistan wie auch andere zentralasiatische Staaten unter westlichem Druck geraten, da sie als Drehkreuz für den Weiterverkauf sanktionierter Waren nach Russland fungierten.

Nicht zuletzt wegen dieser Sanktionsfrage ist Zentralasien vermehrt in den Fokus europäischer Politik gerückt – es fand im kirgisischen Tscholpon-Ata ein EU-Zentralasien-Gipfel statt, an dem neben den zentralasiatischen Präsidenten auch EU-Ratspräsident Charles Michel teilnahm. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock war im Herbst nach Kasachstan und Usbekistan gereist und Steinmeier selbst hatte im Mai Usbekistans Präsidenten Shavkat Mirziyoyev bei einem Staatsbesuch in Berlin empfangen. Und der Austausch wird weitergehen: Wie die kasachstanische Nachrichtenagentur Kazinform berichtet, wird Präsident Toqaev im September in Berlin erwartet.

Robin Roth, Chefredakteur von Novastan

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