Wie zu Beginn jedes Jahres fassen wir noch einmal zusammen, was Zentralasien im Vorjahr bewegt hat.
2024 war geprägt von politischer Konsolidierung, regionaler Kooperation und innenpolitischen Spannungen. In Kasachstan festigte Präsident Toqaev seine Machtbasis und versprach umfassende Reformen, blieb jedoch in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit hinter den Erwartungen zurück. In Kirgistan sorgten innenpolitische Repressionen, darunter das umstrittene „Ausländische-Agenten-Gesetz“, für Unruhe, während außenpolitisch Fortschritte bei der Lösung von Grenzkonflikten mit Tadschikistan erzielt wurden. Usbekistan setzte auf eine diversifizierte Außenpolitik durch Infrastrukturprojekte und Kooperation, kämpft jedoch weiterhin mit Herausforderungen wie Bildungsdefiziten und Wasserknappheit. Tadschikistan stand im Schatten des terroristischen Anschlags in Moskau und ringt mit Energieproblemen, während Turkmenistan weiter in Selbstisolation verharrt. Ein Überblick.
Kasachstan: Keine Toleranz für Separatismus
Der Präsident Kasachstans Qasym-Jomart Toqaev nutzte das Jahr 2024, um seine Macht weiter zu konsolidieren, und bildete dazu im Februar eine neue Regierung. So ernannte der Präsident etwa Oljas Bektenov zum Premierminister, welcher zuvor Direktor der Antikorruptionsbehörde war. Mit dem Regierungswechsel versprach Toqaev eine ganze Bandbreite an Reformen: Die neue Regierung solle die Wirtschaft ankurbeln, Bürokratie abbauen sowie ein besonderes Augenmerk auf neue Technologien und Rechtsstaatlichkeit legen.
Doch gerade im Hinblick auf Rechtsstaatlichkeit blieb es trotz der Versprechungen schwierig. So erschossen Unbekannte den oppositionellen Journalisten Aıdos Sadyqov in der Nähe seines Hauses in Kyiv. Der Regimekritiker ist 2014 dorthin emigriert, nachdem seine Frau und er in Kasachstan gerichtlich verfolgt worden waren. Ebenso beklagten Aktivist:innen aus der in Usbekistan gelegenen autonomen Republik Karakalpakstan, dass sie in Kasachstan nicht mehr sicher seien. Diese fordern die Unabhängigkeit der Region, weshalb viele von ihnen in den vergangenen Jahren in Kasachstan Zuflucht gefunden haben. Im vergangenen Jahr zeigte sich allerdings, dass kasachstanische Behörden immer enger mit Usbekistan zusammenarbeiten und immer öfter Karakalpak:innen an den südlichen Nachbarn ausliefern.
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Auch Separatismusbestrebungen im Norden Kasachstans wurden im vergangenen Jahr zum Thema. Die Behörden ermittelten in mehreren Fällen, in denen Nutzer auf Onlineplattformen Russland zur gewaltsamen Annexion von Gebieten in Nordkasachstan aufgerufen hatten. Die teils harten Strafen, die die Behörden 2024 gegen solche „Online-Separatisten“ verhängten, haben gezeigt, dass der Staat dies durchaus ernst nimmt. Dass die kasachstanischen Behörden in diesen Fällen besonders hart durchgreifen, hängt auch mit der Drohkulisse zusammen, die russische Medien und Politiker im vergangenen Jahr gegenüber Kasachstan aufrechterhielten.
Auch mit Naturkatastrophen hatte das Land im vergangenen Jahr zu kämpfen. 2024 trafen Überschwemmungen zehn Regionen in Kasachstan schwer. Grund dafür war ein unerwartet nasser Winter in Verbindung mit einer starken Schneeschmelze aus dem Ural. Es waren die schlimmsten Überschwemmungen seit 80 Jahren. Experten führen die Naturkatastrophe auf die Folgen des Klimawandels zurück, der diese Art von Extremwetterereignissen auch in Kasachstan immer wahrscheinlicher macht.
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Als vereinsgetragene, unabhängige Plattform lebt Novastan vom Enthusiasmus seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen – und von eurer Unterstützung!Um energiepolitisch unabhängiger zu werden, möchte Kasachstan verstärkt auf Atomenergie setzen. Dazu soll ein neues, mit heimisch abgebautem Uran betriebenes Atomkraftwerk gebaut werden – das erste, seit Kasachstans einziges Kernkraftwerk 1999 stillgelegt wurde. Dies soll nicht zuletzt die Abhängigkeit von russischen Kohle- und Gaslieferungen verringern und den CO2-Ausstoß Kasachstans senken. Am 6. Oktober fand dazu ein Referendum statt, das dem Bau eines neuen Atommeilers grünes Licht erteilte. Internationale Beobachter:innen bezweifeln jedoch, dass das Referendum fair und demokratisch ablief.
Außenpolitisch setzte Kasachstan auch 2024 auf eine multivektorale Außenpolitik, wobei die Beziehungen zu Russland nach wie vor eng bleiben. So stellte die EU 10 Milliarden Euro bereit, um das Verkehrsnetz zwischen Europa und Asien auszubauen. Damit soll der „Mittlere Korridor“ (die Transkaspische Internationale Transportroute) als Handelsroute mit Ostasien gestärkt werden. Die Route soll dabei eine Alternative zum Warentransport durch Russland, aber auch durch den Suezkanal darstellen. Diese Seeroute wurde durch die Angriffe der Huthi-Rebellen zunehmend unsicherer. Auch darum ging es, als Olaf Scholz im September Zentralasien besuchte. Der Bundeskanzler möchte die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Kasachstan intensivieren. Seit Russlands vollumfänglicher Invasion der Ukraine ist Kasachstan zum drittwichtigsten Öllieferanten für Deutschland geworden, hinter Norwegen und den USA. Doch auch für China und die USA wird Kasachstan zu einem immer wichtigeren Handelspartner.
Kirgistan: Unabhängiger Journalismus in Gefahr
2024 sorgten innenpolitisch die Urteilsverkündigungen für die 27 in 2022 festgenommenen Gegner:innen der Übertragung des Wasserreservoirs Kempir-Abad an Usbekistan für Aufmerksamkeit. 22 der 27 Angeklagten wurden freigesprochen; Amnesty International hatte die Verhaftungen als willkürlich kritisiert.
Des Weiteren kam es zu Verhaftungen von elf unabhängigen Journalist:innen. Ihnen wird vorgeworfen, Inhalte mit Spuren von Aufrufen zu Protestaktionen und Massenunruhen veröffentlicht zu haben. Human Rights Watch kritisiert jedoch, dass unklar sei, welche Materialien die beschriebenen Inhalte enthalten. Die Verhaftungen seien als Einschüchterungsversuche der Regierung gegenüber Journalist:innen zu verstehen. Die Freiheit der unabhängigen kirgisischen Presse galt bisher als eine der mächtigsten in Zentralasien. Die Sperrung der App TikTok kann in diesem Kontext als ein weiterer Schritt hin zu einer stärkeren Kontrolle der Regierung zur Verbreitung von Informationen gesehen werden, so Reporter ohne Grenzen auf X.
Schlagzeilen machte auch die Einführung des Ausländische-Agenten-Gesetzes am 2. April. Es gefährdet die Arbeit von insgesamt ca. 18.500 gemeinnützigen Organisationen im Land, die sich seitdem stärkeren Kontrollen und administrativen Zwängen unterwerfen müssen. Begründet wird das Gesetz damit, dass es zu einer gleichberechtigten Arbeit aller im Inland agierenden Unternehmen und Organisationen führe. Laut der Open Society Foundations prognostiziert die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) jedoch „äußerst negative Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger und die Medien in Kirgistan“.
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Außenpolitisch keimte im Dezember Hoffnung auf ein Ende der häufigen Grenzkonflikte zwischen Kirgistan und Tadschikistan auf. Vertreter der beiden Länder gaben eine Einigung bekannt, welche jedoch bis heute noch nicht veröffentlicht wurde. Grenzkonflikte gibt es bereits seit 1974. Grund sind unterschiedliche Dokumente, auf die sich die Regierungen bezüglich des Grenzverlaufs berufen. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR verschärften sich die Grenzfragen jedoch und es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Für eine stärkere Zusammenarbeit steht der Besuch des kirgisischen Präsidenten Sadyr Dschaparow in Wien und Berlin im November. Diskutiert wurden Fragen über die Situation der Zivilgesellschaft und der bilateralen Zusammenarbeit, darunter die Entwicklung von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen sowie der Ausbau gemeinsamer Projekte im Bereich Energie und Verkehr. Dies kann vor dem Hintergrund der wachsenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen deutschen und kirgisischen Unternehmen gesehen werden, in deren Kontext Gespräche über eine direkte Flugverbindung zwischen Europa und Kirgistan besondere Aufmerksamkeit fanden.
Im November kündigte das Staatliche Komitee für Nationale Sicherheit (GKNB) „die Schließung von Bordellen an, die intime Dienstleistungen anbieten“. In diesem Zusammenhang wurden persönliche Daten von Sexarbeiterinnen veröffentlicht. Dies kann für die Betroffenen schwerwiegende Folgen haben, wie zum Beispiel Kontaktabbrüche mit der Familie oder ständige Angst vor deren Reaktionen und physischer Gewalt. Das landesweite Netzwerk HIV-positiver Frauen hebt hervor, dass Sexarbeiterinnen im Jahr 2021 in 147 Fällen Opfer von Straftaten wurden. Gewalt gegen Frauen ist jedoch auch außerhalb der Sexarbeit ein wiederkehrendes Thema. So kommt es jährlich zu 20 bis 30 Fällen von Femiziden.
Usbekistan: Verstärkte regionale Zusammenarbeit
Der Präsident Usbekistans Shavkat Mirziyoyev war im letzten Jahr darum bemüht, seine wirtschaftlichen Beziehungen im Sinne einer Politik der „guten Nachbarschaft“ zu diversifizieren. Diese Entwicklung ist auch im Lichte des Kriegs in der Ukraine zu betrachten: Denn während Russland trotz Isolation und härterer Migrationspolitik nolens volens ein wohlvertrauter Partner bleibt, versucht Usbekistan die regionale Zusammenarbeit zu intensivieren, um so seine Unabhängigkeit zu stärken: mit China in erster Linie in wirtschaftlichen, mit den zentralasiatischen Nachbarn jedoch auch in bildungs- und sicherheitspolitischen Fragen.
Im Juni beschloss Mirziyoyev darum mit seinen kirgisischen und chinesischen Amtskollegen den Bau einer bereits lange diskutierten gemeinsamen Eisenbahnverbindung. Seit Beginn der Gespräche waren bereits 20 Jahre vergangen. Das Abkommen soll seine Früchte, im Wort- wie im übertragenen Sinne, über die neue internationale Handelsroute im Süden tragen.
Im Frühjahr beendeten Usbekistan und Kirgistan ihre langjährigen territorialen Streitigkeiten im Fergana-Tal. Als Ergebnis der nun sechs Jahre andauernden Verhandlungen erhielt Usbekistan die Exklave Barak und übertrug im Gegenzug eine gleichwertige Landfläche an Kirgistan. Der hierdurch erreichte Modus Vivendi kann als gutes Omen für den Abbau politischer Spannungen in der Region gewertet werden. Ein Tauwetter zeichnet sich auch angesichts eines bis dato noch „nie dagewesenen Niveaus der bilateralen Beziehungen“ (Mirziyoyev) zum Nachbarn Tadschikistan ab. So steht die Wiedereinführung der Zugverbindung Taschkent-Duschanbe sinnbildlich für die seit April 2024 geplanten Handelskooperationen.
Mirziyoyev erhielt auch Besuch aus Europa: Sein belarusischer Amtskollege Lukaschenka erhofft sich Unterstützung angesichts der EU-Sanktionen. Diese Zuwendung überrascht kaum, denn das Drehkreuz Zentralasien diente bereits seit Beginn des Krieges in der Ukraine mehrfach dazu, die Spuren sanktionierter Exportgüter zu verwischen. Darüber hinaus traf der usbekische Präsident auch Olaf Scholz, der neben wirtschaftlichen Belangen ein aus menschenrechtlicher Sicht fragwürdiges Abkommen auf den Plan brachte. Dessen Kern war der Austausch usbekischer Fachkräfte als Gegenleistung für die Abschiebung afghanischer Asylsuchender via Usbekistan.
Die Verbindungen nach Afghanistan sind auch hinsichtlich des Klimawandels hochaktuell. Denn noch vor der grassierenden Luftverschmutzung der Großstädte und den Folgen der Erderwärmung für die Landwirtschaft drängt sich die Frage nach dem Umgang mit der verheerenden Wasserknappheit auf. Um nach Fertigstellung des afghanischen Wasserkraftwerk-Projekts am Fluss Pandsch nicht buchstäblich auf dem Trockenen zu sitzen, ist diplomatische Wachsamkeit gefragt.
Das gesellschaftliche Bewusstsein für den Wassernotstand ist in der jungen Generation noch zu schwach. Doch dies ist nur eine der zahlreichen Herausforderungen im Bereich Bildung: Schulen und Hochschulen können mit den rasant steigenden Studierendenzahlen qualitativ kaum Schritt halten. Zudem bleibt eine alte sprachliche Problematik ungelöst: Wie geht es weiter mit den Auswüchsen des unbefriedigenden Schriftwechsels sowie der ungleichen Rolle des Russischen und des Usbekischen?
Kulturell setzte Mirziyoyev weiterhin auf eine proaktive und auch von religiösen Einflüssen geprägte Politik – sei es durch die millionenschwere Restaurierung einer 500 Jahre ungenutzten Moschee oder durch zweifelhafte Gesetze im Dienste der Zensur. Doch Kunst und Spiritualität sind nicht nur Angelegenheit des Staates, sie prägen den Alltag der Menschen und nicht zuletzt das Mosaikmekka Taschkent. Weniger spirituell, dafür umso sportlicher glänzte 2024 Samarkand, als Kanu-Rennsportler aus 52 Ländern zur Weltmeisterschaft anreisten.
Tadschikistan: Im Angesicht des Anschlags
In Tadschikistan war das alles bestimmende Thema der Anschlag auf die Crocus City Hall in Moskau. Am 22. März 2024 stürmten bewaffnete Männer die Konzerthalle bei Moskau und töteten 144 Menschen. Alsbald erklärte der IS-K, ein Ableger des IS, der im Norden Afghanistans an der Grenze zu Tadschikistan aktiv ist, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Er hatte für den Anschlag in Russland lebende Tadschiken angeheuert. Das führte zwischen Russland und Tadschikistan weniger auf politischer, dafür aber auf gesellschaftlicher Ebene zu Verwerfungen. Seit dem Anschlag sind in Russland lebende Tadschik:innen vermehrt von Ausgrenzung und Gewalt betroffen. Und auch die Innenpolitik Russlands reagierte mit verschärften Gesetzen gegenüber Arbeitsmigrant:innen.
Nicht erst seit dem Anschlag führt Tadschikistan den Kampf gegen den Islamismus auch im eigenen Land. Dafür greift die Regierung zu fragwürdigen Methoden, wie dem Verbot von Kleidung, die „der tadschikischen Kultur fremd“ sei. Gemeint ist damit vor allem ein Verbot des Hidschabs, das eine Einschränkung der freien Religionsausübung darstellt. Es ist nicht das einzige Stigma tadschikischer Frauen. Wir berichteten auch über die Ungleichbehandlung von tadschikischen Müttern von Kindern mit Down-Syndrom oder die Diskriminierung von Frauen mit Behinderung.
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Ein Dauerthema ist die lückenhafte Energieversorgung Tadschikistans. Obwohl Tadschikistan über enorme Kapazitäten zur Stromgewinnung aus Wasserkraft verfügt, leidet die eigene Bevölkerung unter häufigen Stromausfällen. Schuld sind niedrige Wasserstände im Winter, aber auch Exportabkommen mit anderen Ländern. Der Strom lässt sich im Ausland teurer verkaufen als im Inland, wo der Bevölkerung häufig schlicht das Geld fehlt, um ihre Stromrechnung zu begleichen – trotz der geringen Energiekosten (2 Ct/kWh). Das hemmt auch Investitionen in eine Diversifizierung der Energiequellen wie Solarstrom.
Und dann ist da noch der lange schwelende Grenzkonflikt zwischen Tadschikistan und Kirgistan, der immer wieder auch Menschenleben kostet. Anfang des Jahres hatte sich die Türkei als Vermittler angeboten, deren Neutralität jedoch schnell in Frage gestellt wurde – sieht sie sich doch vor allem den Turkstaaten in der Region verpflichtet, zu denen Kirgistan, nicht aber Tadschikistan gehört. Zum Jahresende kam dann doch noch die frohe Botschaft: Vertreter Kirgistans und Tadschikistans gaben bekannt, dass sie alle Grenzfragen gelöst hätten.
Turkmenistan: Weiter in der Selbstisolation
Turkmenistan gilt als eines der besonders stark abgeschotteten Länder der Welt. Daran änderte sich auch nichts, nachdem Präsident Serdar Berdihuhamedow 2022 das Amt von seinem Vater übernommen hatte. Diese Selbstisolation zeigt sich besonders am Beispiel der turkmenischen Fußball-Nationalmannschaft: Dieser wurde zuletzt im November die Ausreise zu einem Trainingslager in den Vereinigten Arabischen Emiraten verweigert. Schon zuvor waren mehrere Freundschaftsspiele an der fehlenden Reiseerlaubnis sowie Streitigkeiten über den Austragungsort gescheitert.
Eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem turkmenischen Regime liefert der Exilautor Ak Welsapar in seinem nun in deutscher Übersetzung vorliegendem Roman „Kobra und der Herr Genosse Präsident“. Worum es geht, lest ihr in unserer Rezension.
Dabei hat das internationale Interesse an der Region Zentralasien seit der russischen Vollinvasion in der Ukraine stetig zugenommen. Turkmenistan vermag davon aber nur wenig zu profitieren. Zwar überdenkt die Europäische Union ihre Zentralasien-Strategie, legt dabei aber weiter ihren Fokus auf Menschenrechte, was eine Vertiefung der Beziehungen insbesondere mit Turkmenistan erschwert. Auch von den europäischen Investitionen der Global Gateway-Initiative profitiert Turkmenistan wenig, da der sogenannte Transkaspische oder Mittlere Korridor hauptsächlich durch das weiter nördliche gelegene Kasachstan verlaufen soll.
Bei dem 5+1-Gipfel der zentralasiatischen Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz, das im September in Astana stattfand, war dieses Mal aber auch Serdar Berdimuhamedow zugegen (im Vorjahr hatte er sich noch von seinem Vater vertreten lassen). Im Vorfeld kam es zu einem bilateralen Gespräch mit dem Bundeskanzler.
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Bereits einen Monat zuvor, im August, war Berdimuhamedow in die kasachstanische Hauptstadt gereist, um dort am Gipfeltreffen der fünf zentralasiatischen Präsidenten teilzunehmen. Dabei wurde unter anderem das „Konzept für die Entwicklung der regionalen Zusammenarbeit Zentralasien – 2040“ verabschiedet, um die zwischenstaatliche Koordinierung zu verbessern sowie die Entwicklung von Schlüsselprojekten wie dem Transkaspischen Transportkorridor und der Transafghanische Eisenbahn voranzutreiben. Beim ewigen Streitthema der Wasserressourcen geht Turkmenistan im Übrigen voran: Das Land übernimmt in Zentralasien eine Vorreiterrolle bei der Einführung neuer Technologien.
Novastan
Wie bereits im vergangenen Jahr berichtete Novastan ausgiebig über politische, wirtschaftliche, soziale, gesellschaftliche und Umweltthemen – und viele mehr. Die Erneuerung unserer Website trägt nicht zuletzt dazu bei, dass unsere Inhalte noch ansprechender und informativer gestaltet sind. Auf diese Weise hoffen wir, unserer Leserschaft Zentralasien näherzubringen und „Lust auf Mehr“ zu machen.
Zum ersten Mal in der Geschichte von Novastan traf sich im September die deutsche Redaktion in Eisenach, um über unsere Herausforderungen und Ziele zu sprechen, Strategien zu überarbeiten und unsere Berichterstattung über Zentralasien anzupassen, wo Bedarf bestand. Das an einem Wochenende stattfindende Redaktionstreffen übertraf unsere Erwartungen und wir hoffen auch in Zukunft auf viele weitere persönliche Treffen mit unseren ehrenamtlichen Mitarbeitenden. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an unsere Leserschaft, die uns unterstützt und Mut zum Weitermachen gibt!
Neben der regulären redaktionellen Arbeit hat Novastan e.V. zahlreiche Veranstaltungen für Zentralasien-Interessierte organisiert – allen voran eine„Dance with the Stans“-Party auf dem Sommerfest der Kulturfabrik Moabit in Berlin, bei dem auch Filme aus Zentralasien gezeigt wurden, sowie mehrere Stammtische. Im Januar dieses Jahres wird die nächste Mitgliederversammlung von Novastan e.V. stattfinden; dabei wird sich auch der Vorstand neu formieren. Wir hoffen einmal mehr auf wertvolles Feedback unserer Mitglieder und des Aufsichtsrates.
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Heinrich Jakunin, Lara Bartholmai, Arthur Siavash Klischat, Julius Bauer und Robin Roth für Novastan
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