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Kasachstan: Untersuchungsausschuss zu den Januar-Ereignissen gegründet

Am 25. Januar ist ein Untersuchungsausschuss zu den Ereignissen im Januar 2022 gegründet worden. Der Ausschuss setzt sich hauptsächlich aus auf Menschenrechte spezialisierten AnwältInnen zusammen. Ziel ist es, eine rechtliche Bewertung vorzunehmen, die Ursachen der Ereignisse zu untersuchen und sich um die Opfer zu kümmern.

Am 25. Januar ist ein Untersuchungsausschuss zu den Ereignissen im Januar 2022 gegründet worden. Der Ausschuss setzt sich hauptsächlich aus auf Menschenrechte spezialisierten AnwältInnen zusammen. Ziel ist es, eine rechtliche Bewertung vorzunehmen, die Ursachen der Ereignisse zu untersuchen und sich um die Opfer zu kümmern.

Knapp einen Monat nach den Ereignissen vom Januar 2022 ist in Kasachstan die Zeit für Verständigungsversuche angebrochen. Wie die kasachstanische Nachrichtenagentur KazTAG berichtet, wurde am 24. Januar offiziell ein öffentlicher und unabhängiger Untersuchungsausschuss ins Leben gerufen.

In einer Pressekonferenz, die am 25. Januar vom Onlinemedium Orda übertragen wurde, schätzte die Kommissionsvorsitzende Aıman Omarova, dass zehn bis 15 Personen die Ursachen und Folgen der Januar-Ereignisse untersuchen werden, um eine rechtliche Bewertung des Themas vorzunehmen.

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Die Kommission wurde „Amanat“ getauft – ein Begriff, der im Islam mit loyalen und ehrwürdigen Personen in Verbindung gebracht wird. Zur Vorsitzenden wurde Aıman Omarova bestimmt, eine Anwältin, die im In- und Ausland für ihren Einsatz für Menschenrechte bekannt ist.

Auch Ýaıs Ersaınúli, Mitglied im Nationalen Rat für Gesellschaftliches Vertrauen, und die beiden auf Menschenrechte spezialisierten Anwältinnen Lıazzat Rakisheva und Kamshat Esmuhanbetova gehören dem Ausschuss an. Um möglichst unabhängig zu sein, hat sich die Kommission dafür entschieden, sich von der Polizei und Inlandsgeheimdienst KNB zu distanzieren. Laut Orda erwäge sie, ihre Kosten durch Spenden zu decken.

Ursachen und Folgen untersuchen

Die Aufgabe des Ausschusses besteht darin, die Ursachen der Tragödie zu untersuchen sowie Täter und Opfer zu identifizieren. Wie Omarova gegenüber Orda.kz erklärte, werden innerhalb des Ausschusses drei Gruppen gebildet: Die erste untersucht, die zweite prüft Beschwerden von Opfern und die dritte sammelt Beschwerden von Personen, die ohne Grund festgenommen und gefoltert wurden.

Laut Behördenangaben sollen bei den Januar-Ereignissen 227 Menschen ums Leben gekommen seien. Dies berichtet Radio Azattyq, der kasachstanische Dienst von Radio Free Europe. Die tatsächliche Opferzahl des „blutigen Januars“ ist jedoch unklar. So erwähnt Radio Free Europe eine große Zahl von Vermissten und das kasachstanische Nachrichtenportal Vlast übermittelt Zeugnisse von Misshandlungen, ja sogar Folter.

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Omarova selbst teilte hingegen mit, sie sei am 5. Januar in Almaty gewesen, also an jenem Tag, als die Proteste in der Wirtschaftshauptstadt des Landes zu eskalieren begannen. „Es gab keine friedlichen Proteste. […] Die Teilnehmer sahen aus wie Kasachen, sprachen aber weder Kasachisch noch Russisch“, behauptete sie gegenüber dem kasachstanischen Nachrichtenportal Kazinform.

Standpunkt der Regierung

Der Untersuchungsausschuss wird trotz seiner Unabhängigkeit von der kasachstanischen Regierung moralisch unterstützt. Am 24. Januar schrieb Staatssekrätar Erlan Qarin auf seiner Facebook-Seite über sein Treffen mit Omarova. „Generell sind die staatlichen Organe und Strafverfolgungsbehörden an einer objektiven und transparenten Bewertung der Ereignisse interessiert“, erklärte der Staatssekretär. Qarin sagte auch zu, sowohl mit der künftigen Kommission als auch mit anderen bereits laufenden Initiativen zusammenzuarbeiten. „Wir sind auch mit ihnen in ständigem Kontakt und reagieren schnell auf ihre Anfragen“, erklärte er.

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Diese Mitteilung erfolgt wenige Tage nachdem das Europäische Parlament am 20. Januar eine internationale Untersuchung der Januar-Ereignisse gefordert hatte. Dies hatte einen Aufschrei der kasachstanischen Regierung ausgelöst.

Weitere Initiativen

„Amanat“ ist dabei nur eine Initiative von vielen. So hob Staatssekretär Qarin hervor, dass die Ombudsfrau für Menschenrechte Elvira Ázimova und die Bürgerechtlerin Jemis Turmagambetova Almaty, Shymkent und das Gebiet Atyraý besucht haben. Ziel ihrer Reise sei nach Angaben von Orda, die Haftbedingungen zu untersuchen und sich mit den Beschwerden der Inhaftierten zu befassen.

Darüber hinaus haben am 14. Januar elf Nichtregierungsorganisationen beschlossen, ein Bündnis gegen Folter zu bilden. Zu dieser Koalition gehören NGOs gegen Folter und für Menschenrechte, Stiftungen für Meinungsfreiheit und Parlamentarismus sowie öffentliche Fonds. Ihr Ziel sei es, Informationen zu sammeln und das Recht auf Information sowie Menschenrechte zu garantieren.

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Am 19. Januar veröffentlichte das Bündnis seinen ersten Bericht über die Zahl der Todesopfer sowie zu vorsätzlichen oder unfallbedingten Verletzungen und Haftorten. Die NGOs dokumentierten auch, ob alle Inhaftierten in der Lage waren, moralische oder rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen und identifizierten diejenigen, die während ihrer Haft brutal behandelt wurden und dies anprangern wollen.

Ebenfalls am 14. Januar ist auch eine weitere unabhängige Kommission namens DAT gegründet worden, wie KazTag übermittelt. Am 7. Februar berichtete Orda von der Gründung einer weiteren Kommission. Dieses sogenannte „Forschungszentrum des verdammten Januars“ des Oppositionellen Jasaral Qúanyshálin geht davon aus, dass alle anderen Kommissionen tatsächlich von der Regierung kontrolliert werden. Bislang wurde keine offizielle Kommission geschaffen.

Claire du Verdier, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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