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Über den „Schwarzen Februar“ 1990 in Tadschikistan

Im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion kam es nach dem sogenannten Schwarzen Januar in Aserbaidschan auch zu einer Eskalation politischer Spannungen in Tadschikistan. Im Februar 1990 wurde der Grundstein für die Entwicklung hin zur Unabhängigkeit des Landes und zum Bürgerkrieg gelegt. Folgender Artikel erschien im russischen Original bei Fergana News, wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Der Lenin-Prospekt im Februar 1990 in Duschanbe

Im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion kam es nach dem sogenannten Schwarzen Januar in Aserbaidschan auch zu einer Eskalation politischer Spannungen in Tadschikistan. Im Februar 1990 wurde der Grundstein für die Entwicklung hin zur Unabhängigkeit des Landes und zum Bürgerkrieg gelegt. Folgender Artikel erschien im russischen Original bei Fergana News, wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

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Am 12. Februar jährte sich der 30. Jahrestag der tragischen Ereignisse des Jahres 1990 in Duschanbe, die zu den Vorläufern des Bürgerkriegs von 1992-1997 wurden. An diesem Tag starben bei der Niederschlagung der Demonstranten und der Unterdrückung der Unruhen, die in der tadschikischen Hauptstadt begannen, 25 Menschen, und Hunderte weitere wurden verletzt. Die Chronologie dieser Februartage wird von zahlreichen Zeugen ausführlich beschrieben. Diese Beschreibungen sind unterschiedlich, daher ist es wichtig, so viele Augenzeugenaussagen wie möglich zu sammeln, um eine zuverlässige Untersuchung der Ereignisse von 1990 zu ermöglichen.

Der russische Journalist und politische Beobachter Andrej Sachwatow war ein direkter Beteiligter an diesen Ereignissen. Er teilt im Folgenden seine Gedanken und einige wenig bekannte Fakten über die Ereignisse jenes Februars mit.

Chronik des Geschehens

Die großangelegten Unruhen in Duschanbe im Februar 1990 begannen, nachdem sich Gerüchte über die Zuteilung von Wohnungen an armenische Flüchtlinge durch unbekannte Personen verstärkt verbreiteten. Auf diese Gerüchte hin veranstalteten am 11. Februar mehrere hundert Jugendliche, die zum Teil aus den umliegenden Dörfern hergebracht wurden, vor dem Gebäude des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Tadschikistans auf dem Lenin-Platz eine Kundgebung, in der sie die Vertreibung der Armenier forderten. Tatsächlich wurden den Flüchtlingen keine Wohnungen zugewiesen, und die Zahl der Armenier, die in Duschanbe ankamen und bei Verwandten und Bekannten untergebracht wurden, betrug nicht mehr als einige Dutzend. Sie erhielten nur eine geringe finanzielle Unterstützung, mehr nicht.

Am nächsten Tag versammelten sich die Demonstranten wieder und nach den Aufrufen zur Abschiebung der Flüchtlinge wurden Forderungen nach dem Rücktritt der Führung der Republik laut. Harte Auseinandersetzungen begannen zwischen den Demonstranten und der Polizei sowie dem Militär, die das Gebäude des Zentralkomitees bewachten. Es ist immer noch unklar, auf wessen Befehl hin die Schüsse aus diesem Gebäude abgegeben wurden: Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Militär – als Reaktion auf den Durchbruch der Menge ins Gebäudeinnere – eigenmächtig Waffen eingesetzt hat.

Die Reaktion der Protestierenden auf die bewaffnete Reaktion war unerwartet: Große Gruppen von Protestierenden und teilweise Kriminellen schlossen sich ihnen an, um das Zentrum der Stadt zu zerstören und dann, mit Unterstützung von Jugendlichen aus den umliegenden Dörfern, auch am Stadtrand zu wüten.

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In den ersten drei Tagen der Ereignisse, während die Unruhen in der Stadt weitergingen, starben nach verschiedenen Schätzungen 24-26 Menschen, darunter fünf Russen, zwei Usbeken, zwei Tataren und der Rest – Tadschiken. Über 550 Mitglieder vieler Nationalitäten wurden verletzt. Nach offiziellen Angaben erlitt auch die Hauptstadt während mehrtägiger Pogrome Schäden in Höhe von 17,2 Millionen Rubel. Der an das Gebäude des Zentralkomitees angrenzende Flügel des Ministeriums für Wasserressourcen wurde demoliert und teilweise geplündert. Die aufgebrachte Menge zerstörte den Barakat-Markt, einige Unternehmen und Geschäfte des Handelsministeriums und der tadschikischen Verbraucherunion, wobei der größte Schaden – 1,36 Millionen Rubel – dem tadschikischen Juwelierhandel entstand.

Im Stadtzentrum wurden mehrere Zeitungskioske verwüstet, etwa 300 öffentliche Telefonzellen zerstört und 34 Krankenwagen außer Dienst gestellt. Mehrere Abteilungen des Republikanischen Klinischen Krankenhauses wurden beschädigt. Ein medizinischer Mitarbeiter starb und sieben wurden verletzt. Am Abend des 12. und am Morgen des 13. Februar breiteten sich Pogrome und Prügeleien in der ganzen Stadt aus. Angst lag über Duschanbe. Erst am Abend des 13. Februar trafen Truppen und Panzer in Duschanbe ein, und die Unruhen wurden am 14. Februar beendet.

Ursache, Gründe und Ursprünge

Bei der Beurteilung der Geschehnisse nennen Historiker Gerüchte und Appelle zur Vertreibung der Armenier nur einen von vielen Gründen für den Beginn der Pogrome. Nach der Einschätzung der tadschikischen Opposition, die 1992 in einen offenen bewaffneten Kampf um die Macht eingetreten war, war der Hauptgrund für die Ereignisse im Februar die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den Aktivitäten der damaligen kommunistischen Regierung. Es gab Spekulationen über die Beteiligung von Abgesandten ausländischer Geheimdienste und sogar afghanischer Mudschaheddin an den Ausschreitungen.

In einer Reihe von Veröffentlichungen der letzten 10-15 Jahre werden die Beteiligung des Innenministeriums der Union, des KGB und der Streitkräfte der UdSSR an der Provokation und der vorgeplanten gewaltsamen Unterdrückung der Kundgebung als Fortsetzung der tragischen Ereignisse beschrieben, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Tiflis und Baku ereigneten, beschrieben. Solche Aussagen enthalten jedoch keine Beweise und entbehren jeglicher Vernunft. Als Zeuge dieser Ereignisse kann ich ein Beispiel nennen, um meine Überzeugung zu untermauern.

Als Reaktion auf die daraus resultierende Gesetzlosigkeit und der Pogrome wurden buchstäblich in jedem Bezirk von Duschanbe spontan Selbstverteidigungskommandos eingerichtet. Dieser einzigartige Prozess der Selbstorganisation der Bürger, den es bis dahin in keiner Unionsrepublik gab, ging schnell voran – vor allem nachdem der erste Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, Qahhor Mahkamow, im Fernsehen die Bürger dazu aufgerufen hatte, sich zu bewaffnen und ihre Häuser und ihre Stadt zu verteidigen.

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In der Nachbarschaft „Giprozemgorodok“, in der meine Familie wohnte, wurden am Morgen des 13. Februar buchstäblich innerhalb von ein oder zwei Stunden 10 gut ausgestattete Einheiten gebildet, insgesamt etwa 250 Personen. Die Abteilungen vereinigten Bewohner verschiedener Nationalitäten, Tadschiken und Usbeken machten etwa die Hälfte aus. Nur eine halbe Stunde nach der Gründung unserer Abteilung traf eine Menge von mehreren hundert aggressiven jungen Leuten, die sich in die Nachbarschaft begeben hatten, auf unsere Organisierung und lösten sie auf.

Nach einem kurzen Treffen der Kommandeure der Divisionen wurde beschlossen, mich und den stellvertretenden Direktor des Instituts „Tadschikgiprozem“, Lewan Kokorischwili, in die 201. Motorisierte Gewehr-Division neben „Giprozemgorodok“ zu entsenden, um im Falle einer Verschärfung der Situation das Zusammenwirken unserer Divisionen mit dem Militär zu koordinieren.

Der Eingang zur Divisionsabteilung wurde von einem gepanzerten Mannschaftswagen und einem Zug bewaffneter Soldaten unter dem Kommando eines Majors bewacht. Auf unsere Frage nach den Aufgaben der Division in der geschaffenen Situation, antwortete der Major, dass von Moskau aus dem Militär befohlen wurde, das Territorium der Division und die Lager mit Waffen und Munition zu schützen und sich nicht „in einen zivilen Konflikt“ einzumischen. Der Offizier sagte auch, dass Frauen und Kinder aus unserer Nachbarschaft vorübergehend – bis sich die Situation normalisiere – in Baracken untergebracht werden können, wo sie verpflegt werden. Unser Vorschlag, sich mit dem Militär zu verbünden, hat jedoch Wirkung gezeigt: Der Major scheint dem Divisionskommandeur Bericht erstattet zu haben, und die APCs haben mit regelmäßigen Patrouillen in unserer Nachbarschaft begonnen, wodurch es für uns viel einfacher war, unser Gebiet zu sichern, insbesondere nachts.

Soldaten im Gebäude des Zentralkommitees der Kommunistischen Partei Tadschikistan (02/1990)

Bevölkerungswachstum als Unzufriedenheitsfaktor

Nicht nur ich, sondern auch eine Reihe meiner Journalistenkollegen und Experten sind überzeugt, dass die Hauptgründe für den „schwarzen Februar“ viel tiefer liegen, als man vor 30 Jahren vielleicht gedacht hätte. Ich halte das hohe Bevölkerungswachstum in den zentralasiatischen Republiken, insbesondere in Tadschikistan, für einen der beiden Hauptgründe, die günstige Bedingungen für den Ausbruch von öffentlicher Unzufriedenheit mit den Behörden geschaffen haben. Das war der Grund.

Bis Ende der 1980er Jahre hatte sich das Problem der Landverteilung für den Wohnungsbau in ländlichen Gebieten mit wachsender Bevölkerung in der Republik verschärft. Nur wenige Menschen wissen, dass Ende 1989 das Oktjabrski-Bezirkskomitee der Kommunistischen Partei einen Brief von Bewohnern von Dörfern in den Vororten von Duschanbe, in der Warsob-Schlucht, die verwaltungsmäßig zum Stadtbezirk gehörten, erhielt und als klassifiziert eingestuft hat.

Die Menschen waren empört über das Anwachsen der Gebiete, die für den Bau von Erholungsgebieten für Arbeiter von Unternehmen und Organisationen aus der Hauptstadt vorgesehen waren, die am Wochenende aus ihren Stadtwohnungen dorthin kamen und die im muslimischen Land bestehenden Verhaltensnormen verletzen, indem sie Alkohol tranken und sich in Badeanzügen zeigten. Vor allem aber beschwerten sich die Verfasser des Briefes über den Mangel an bewohnbarem Land.

Gesteigertes nationales Bewusstsein

Der zweite Grund, der zur Unzufriedenheit der Bevölkerung und zur Aktivierung der Opposition beitrug, ist das gewachsene Nationalbewusstsein, das durch Gorbatschows Perestroika entstanden ist und das von verschiedenen politischen Kräften mehrdeutig interpretiert wurde. In den späten 1980er Jahren entstand in Tadschikistan die Oppositionsbewegung „Rastoches“ (dt. „Wiedergeburt“, „Auferstehung“ – politische Partei in Tadschikistan aktiv während des Bürgerkrieges – Anm. d. Red.), die das Tadschikische offen zur Staatssprache erklärte und mit der Islamischen Partei der Wiedergeburt (HNIT bzw. IPWT) zusammenarbeitete, die keinen offiziellen Status hatte und in der Republik verboten war.

Die für einfache Menschen verständliche und weitgehend gerechtfertigte Diskussion über die Bewahrung der Sprache, der nationalen Identität und Kultur und die Probleme des Zugangs zu Land ging schnell von Küchengesprächen zu offenen Reden von den Ständen der kommunistischen Parteitreffen und Konferenzen über. So hielt im Herbst 1989 auf der Berichts- und Wahlkonferenz des Oktjabrski-Bezirks im Lahuti-Theater (Abolqasem Lahuti – politischer Dichter und Aktivist – Anm. d. Red.) von Duschanbe einer der Führer der tadschikischen Intelligenzija eine für die damaligen Delegierten undenkbare Rede: „Genossen Abgeordnete, sehen Sie sich Ihre Beglaubigungsschreiben an: Die Texte auf Russisch und auf Tadschikisch unterscheiden sich fast nicht. Wir Tadschiken vergessen unsere Sprache, unsere nationale Kultur…“

So wurden bis Februar 1990 in der Hauptstadt der Republik alle Voraussetzungen für die lautstarke Erklärung der Machtansprüche der Opposition in Tadschikistan geschaffen – in einer Atmosphäre allgemeiner positiver Einstellung gegenüber Verhandlungen mit den offiziellen Behörden in Duschanbe wurde das „Komitee-17“ gegründet, dem Mitglieder von Rastoches eine Reihe hoher Beamter, Wissenschaftler und Kulturschaffender der Republik und Vertreter der Protestierenden angehörten.

Der „Genozid“, den es nicht gab

Die Ereignisse dieser wenigen Februartage in Duschanbe schockierten die ganze Republik, aber es konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, für wen es profitabel war, die Menschen zum Gebäude des Zentralkomitees zu führen. Ab dem 12. Februar wurden antiarmenische Parolen durch regierungsfeindliche Parolen ersetzt und Schießereien und Pogrome provoziert, trotz der Beteiligung von Dutzenden von Ermittlern des Innenministeriums, des KGB und der Generalstaatsanwaltschaft der UdSSR und der Tadschikischen Sowjetrepublik.

Darüber hinaus brachte das zentrale Fernsehen in Moskau alarmierende Informationen zum Schweigen. In einer solchen Situation wird das Informationsvakuum sofort mit Gerüchten, verschiedenen Versionen und Fiktion gefüllt. So wurden die Ereignisse vom Februar viele Jahre in einem verzerrten Licht von „Details von Augenzeugen“, sowie Einschätzungen von Pseudoanalytikern und politischen Persönlichkeiten dargestellt.

Der berühmteste Fall der Veröffentlichung von Fehlinformationen über die Tage des „schwarzen Februars“ ist ein Fragment des 2008 erschienenen Buches „Feind des Volkes“ des bekannten russischen Politikers Dmitrij Rogosin, der schrieb: „Es ist charakteristisch, dass die ersten Opfer der wütenden Separatisten russische Zivilisten waren. Zum Beispiel das innertadschikische Massaker zwischen „Wowtschiki“ und „Jurtschiki“ (wie die Leute die Vertreter der Seiten der zivilen Konfrontation nannten). Mitte Februar 1990 töteten die National-Islamisten in Duschanbe buchstäblich anderthalbtausend russische Männer und Frauen. Die Frauen wurden gezwungen, sich unter dem Lärm der Maschinenpistolen und dem Gelächter der Vergewaltiger auszuziehen und auf dem Bahnhofsplatz im Kreis zu laufen.“

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Es ist schwer zu sagen, woher der russische Politiker „Informationen“ über den „Völkermord“ an den Russen hatte, die weder 1990 noch in den folgenden Kriegsjahren kursierten. Als direkter Teilnehmer an den Ereignissen kann ich bezeugen: Ja, es gab Russen, aber auch Menschen anderer Nationalitäten, die in diesen Tagen starben, mehrere hundert wurden verprügelt (die gleiche Anzahl von Vertretern der Titularnation wurde geschlagen), aber es gab keine Massaker und anderthalbtausend „„zerrissene“ Russen.

Die genaueste Einschätzung der Ereignisse vom Februar gab meiner Meinung nach der tadschikische Historiker Ibrohim Usmonow: „Die jungen Menschen Tadschikistans nahmen damals die Demokratie als eine Möglichkeit wahr, zu tun, was sie wollten. Ich glaube nicht, dass wir durch die Zerschlagung des Platzes den Frieden in der Republik herstellen könnten. Die Ereignisse vom Februar 1990 in Tadschikistan richteten sich nicht gegen irgendeine Nation. Es hätte vielleicht keinen Bürgerkrieg in Tadschikistan gegeben, wenn wir zu gegebener Zeit eine Lehre aus der Situation mit Berg-Karabach gezogen hätten“.

Das Team ist angekommen: Die Truppen auflösen!

Weniger als einen Tag nach Beginn der Pogrome in Duschanbe wurde eine Ausgangssperre verhängt, und mehrere hundert Truppen wurden aus Russland verlegt und übernahmen die Kontrolle über wichtige Einrichtungen der Stadt. Die tatsächliche Kontrolle über die Hauptstadt (vor allem nachts) wurde jedoch von den Kommandanten der Selbstverteidigungseinheiten übernommen. Sie wehrten die Willkür der zügellosen jungen Männer ab. Am Vormittag des 16. Februar trafen etwa 20 Kommandeure von Kommandotruppen, die bereits eine Interaktion untereinander aufgebaut hatten, beim Exekutivausschuss des Stadtrats für die nächste Sitzung ein, der vorschlug, die Einrichtung eines Rates der Kommandeure von Kommandotruppen zu prüfen.

Dieses informelle paramilitärische lokale Regierungsorgan, das von der Zivilgesellschaft eingerichtet wurde, könnte einen erheblichen Einfluss auf die nachfolgenden Entwicklungen gehabt haben. Am selben Tag fand jedoch in Duschanbe ein außerordentliches Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Tadschikistans statt, auf dem des aus Moskau angereisten Boris Pugo, Vorsitzender des Parteikontrollkomitees des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Tadschikistans, sprach und die Ereignisse spielten sich nach einem von Moskau diktierten Szenario ab.

Kein Wort des Dankes

Die in den Zeitungen veröffentlichte Rede des späteren Generaloberst und Innenmnisters Pugos, der sich unmittelbar nach dem August-Putsch von 1991 umbrachte, enthielt nur pompöse Aussagen über die Größe der Kommunistischen Partei, aber sie enthielt kein einziges Wort des Dankes an die Bürger, die auf die Straßen gegangen waren und die Stadt vor Banditen verteidigt hatten. Die verängstigten örtlichen Behörden waren der Meinung, dass die Bedrohung ihrer Vorsitzenden vorbei sei, und bestanden auf der Auflösung der Selbstverteidigungskommandos. In der Stadt begann eine freiwillige Abgabe von Jagdwaffen, aber die Einheiten schützten ihr Territorium noch eine weitere Woche lang. Die Menschen waren empört über die Rückgratlosigkeit der Behörden, aber die Stadtbewohner wurden nur dadurch beruhigt, dass kein einziges Strafverfahren gegen die Kommandeure und Mitglieder der Kommandotruppen eingeleitet wurde, obwohl sie formell gegen das Gesetz verstießen und die Kriegsparteien zum Teil schwer verletzten.

In den 1990er Jahren änderte sich die nationale Zusammensetzung des kürzlich unabhängigen Tadschikistans erheblich. Viele Teilnehmer an den Ereignissen des „Schwarzen Februars“ verließen Tadschikistan, und einige dokumentierende Beweise dieser Tage wurden während des Bürgerkriegs in der Republik verbrannt oder gingen aus den Archiven verloren.

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„Die Untersuchung ist vorbei, vergessen Sie das Ganze“

Einigen Quellen zufolge gab der damalige sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow zu, dass er nicht wisse, wer die Erschießung der Demonstranten befohlen oder den Amoklauf in der Stadt angeführt habe. Es ist wahrscheinlich, dass diese Fragen unbeantwortet bleiben werden. In den vergangenen 30 Jahren hat sich keiner der Teilnehmer an den Ereignissen im Februar zu den getroffenen Entscheidungen bekannt, mit Ausnahme von Qahhor Mahkamow – einige Zeugen jener Tage glauben, dass viele Leben dank seines Fernsehaufrufs zur Verteidigung gerettet wurden. Die meisten hochrangigen sowjetischen Minister und Generäle in Moskau und Duschanbe, die an den Ereignissen vom Februar beteiligt waren, sind inzwischen verstorben.

Die derzeitige Regierung hat den Bewohnern von Duschanbe nie für ihre Widerstandsfähigkeit während der Ereignisse im Februar gedankt, noch erinnert sie sich an die Rolle der Zivilbevölkerung der Stadt bei der Konfrontation mit den Kriegsparteien. Alles ist wie in dem Kriminaldrama des italienischen Regisseurs Damiano Damiani: „Die Untersuchung ist vorbei, vergessen Sie das Ganze.“ Und wenn die selbstorganisierte Volksmiliz nicht gewesen wäre, hätte das Ergebnis dieser Ereignisse viel tragischer sein können.

Andrej Schwatow für Fergana News

Aus dem Russischen von Hannah Riedler

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