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Irans Initiativen in Usbekistan: ein Spiegel seiner Beziehungen zu Zentralasien

In den letzten Jahren haben der Iran und Usbekistan großes Interesse aneinander gezeigt. Die Treffen haben sich vervielfacht, mehrere Verträge wurden unterzeichnet, gemeinsame Projekte und Ziele wurden öffentlich zur Schau gestellt.

Küste bei Tschahbahar, Photo: Wikimedia Commons

In den letzten Jahren haben der Iran und Usbekistan großes Interesse aneinander gezeigt. Die Treffen haben sich vervielfacht, mehrere Verträge wurden unterzeichnet, gemeinsame Projekte und Ziele wurden öffentlich zur Schau gestellt.

Der iranische Präsident Ebrahim Raissi hat sich am 12. März mit dem usbekischen Außenminister Baxtiyor Saidov getroffen. Dies berichtet das aserbaidschanische Medium Caspian News. Diese Zusammenkunft ist eine Fortsetzung des Treffens vom Januar im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Im September 2022 fand in Samarkand das Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) statt, bei dem beide Staaten ihren Willen bekundeten, den Austausch zu intensivieren, berichtet das amerikanische Middle East Institute.

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Die iranisch-usbekischen Beziehungen blieben zur Zeit des ehemaligen Präsidenten Islom Karimov lange Zeit kühl. Das lag vor allem an der usbekischen Seite, die befürchtete, dass die Islamische Republik ihre Doktrin in den persischsprachigen Gebieten Zentralasiens verbreiten würde. Doch seitdem Präsident Shavkat Mirziyoyev das Land regiert und eine Öffnung der internationalen politischen Beziehungen anstrebt, wurden auch die Beziehungen mit dem Iran intensiviert.

Aufgrund internationaler Anlässe, wie dem Treffen in Turkmenistan 2021 im Rahmen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, schmieden die beiden Staaten gemeinsame Pläne, wie das usbekische Medium Xalq So’zi berichtet.

Bedarf an Anschluss

Usbekistan ist aufgrund seiner geografischen Lage gewissermaßen eingekesselt. Dies führt zwangsläufig dazu, dass das Land auf Staaten wie den Iran blickt. So äußert Taschkent Interesse an der Nutzung des iranischen Hafens Tschahbahar. Im Januar 2022 wurde ein Abkommen mit Usbekistan unterzeichnet, das dadurch Zugang zum Hafen garantiert bekommt, berichtet die iranische Agentur Tasnim News.

Dieser Hafen stellt eine echte Chance dar, da er den Warenverkehr zwischen Indien und Zentralasien über den Iran und Afghanistan ermöglicht, berichtet Caspian News. Usbekistan ist durch Straßenbauprojekte auch für die Islamische Republik interessant, um Handel in Richtung China zu treiben. Die beiden Staaten haben allen Grund, gemeinsame Projekte zu entwickeln.

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Angesichts des Krieges in der Ukraine sucht Usbekistan  darüber hinaus wie die anderen zentralasiatischen Länder nach einer Möglichkeit, seine Abhängigkeit von Russland zu verringern, da man befürchtet, dass Russland als Korridor zunehmend unzuverlässig wird.

Eine große Anzahl an Akteuren

Da Usbekistan jedoch weder an China noch an den Iran grenzt, müssen Projekte in Zusammenarbeit mit den anderen zentralasiatischen Staaten durchgeführt werden. Kasachstan versucht seine Waren über den Iran in die Türkei zu exportieren, was sich in der Einweihung einer Eisenbahnstrecke im Jahr 2022 äußerte. Tatsächlich ist der kasachstanische Präsident Qasym-Jomart Toqaev an dem 2022 eröffneten International North-South Transport Corridor (INSTC) interessiert, der Indien über den Iran und Aserbaidschan mit Russland verbindet, berichtet das kasachische Medium Vlast: „Von besonderer Bedeutung ist der internationale Nord-Süd-Korridor, in dem die Kasachstan-Turkmenistan-Iran-Eisenbahn eine wichtige Verkehrsader ist.“

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Die Nachbarschaftspolitik und die Wirtschaftsdiplomatie konnte Präsident Ebrahim Raissi ungeachtet der fortbestehenden US-Sanktionen gegen den Iran einleiten. Seine Initiativen trugen zur geschilderten Annäherung an die zentralasiatischen Staaten bei. In der Tat zögern Länder wie Usbekistan heutzutage trotz der Sanktionen nicht mehr, in begrenztem Umfang mit Teheran zu kooperieren. Wie das türkische Medium TRT World erklärt, orientiert sich die iranische Politik in Zentralasien allerdings an Russland und China. Daher ist Teheran nicht unbedingt der ideale dritte Weg, um Russland zu umgehen.

Tschahbahar, ein Trugbild der Entwicklung

Die Islamische Republik ist sich darüber im Klaren, dass diese Projekte nur dann verwirklicht werden können, wenn Giganten wie Indien Interesse daran zeigen. Es reicht nicht aus, zu berichten, dass „das Handelsvolumen zwischen Usbekistan und Indien im vergangenen Jahr erheblich zugenommen hat“. Die jüngsten Zahlen, die von The Observatory of Economic Complexity vorgelegt wurden, zeigen, dass der bilaterale indisch-usbekische Handel weniger als 500 Millionen US-Dollar (455 Millionen Euro) beträgt. Dies ist ein sehr niedriger Wert, vor allem wenn man das wirtschaftliche Gewicht Indiens berücksichtigt. Obwohl Neu-Delhi laut The Diplomat Summen verspricht und investiert, muss man auch bedenken, dass Zentralasien nur 2 Prozent des Handels ausmacht, so Bloomberg.

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Auch das Tschahbahar-Projekt hat sich aufgrund der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan, die eine erneute Instabilität in der Region bewirken könnten, verzögert. Darüber hinaus konkurrieren Projekte Pekings, insbesondere der China-Pakistan Economic Corridor (CPEC), mit den von Indien vorangetriebenen Projekten und stellen angesichts der von China investierten Summen und seines größeren Vorsprungs einen ernsthaften Hemmschuh für andere Projekte dar. Auch muss das Interesse Usbekistans am chinesischen Korridor berücksichtigt werden.

„Tschahbahar ist noch ein Hafen mit geringer Kapazität“, betont Caspian News, „er muss ausgebaut werden, um zu einem wichtigen Umschlagplatz zu werden.“ Sowohl Teheran als auch Neu-Delhi haben große Pläne für Zentralasien, aber diese werden durch die fehlenden Profite gehemmt, da der Handel noch zu schwach ist. Bevor Indien mehr in die Region investiert, muss es außerdem abwarten, wie sich seine Investitionen in den International North–South Transport Corridor auswirken.

Eine eloquente Rede, aber ein stumpfer Austausch

Ob in Samarkand oder anderswo, iranische und usbekische Staatsmänner versprachen immer wieder den Ausbau ihrer Wirtschaftsbeziehungen und stellten in Aussicht, ein Handelsvolumen von einer Milliarde Dollar (910 Millionen Euro) zu erreichen. Dies spiegelt auch die von den Präsidenten Irans und Kasachstans gesetzten Ziele wider, drei Milliarden Dollar (2,7 Milliarden Euro) zu erreichen, wie das iranische Medium Tehran Times berichtete. Der Handel zwischen dem Iran und Usbekistan erreicht hingegen bislang nur 500 Millionen US-Dollar (ca. 455 Mio. Euro).

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Die iranische wie auch die usbekische Seite zeigen, dass der Handel im Jahr 2021 einen starken Anstieg verzeichnet hat. Die iranische Agentur Irib News erklärt, dass der iranisch-usbekische Handel um 73 Prozent gestiegen ist. Um den Anstieg im Jahr 2021 zu verstehen, muss man jedoch den Rückgang im Jahr 2020 auf beiden Seiten berücksichtigen, der auf eine Verlangsamung der Handelsaktivitäten aufgrund des Coronavirus zurückzuführen ist. Zumal aus usbekischer Sicht die Exporte 2021 nicht wieder auf das Niveau von 2019 zurückkehrten, wie Trading Economics zeigt. Im Jahr 2022 wird der Handel hauptsächlich durch usbekische Importe strukturiert, da die Exporte auf einem Tiefpunkt angelangt sind. Der Anstieg von 2021 ist daher relativ und setzt sich 2022 nicht fort.

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Usbekistan, dessen Importe und Exporte zu etwa 80 Prozent über Russland abgewickelt werden, hat ein Interesse daran, sich zu diversifizieren. Daher blickt es auf den Iran. Aufgrund der Isolation Teherans und des geringen Interesses Indiens entwickelt sich der Handel jedoch nur langsam. Gemeinsame Projekte gibt es schon lange, was auf ein Bewusstsein für die Notwendigkeit des Ausbaus dieses Austauschs und seine Grenzen hindeutet, die allerdings möglicherweise nicht nur mit Sicherheitsproblemen, sondern auch mit mangelnder Rentabilität und Entwicklung zusammenhängen.

Auf iranischer Seite sind Beziehungen zu zentralasiatischen Ländern eine Möglichkeit, vor den Augen der Welt aufzuzeigen, dass das Land international nicht isoliert ist. Dies bedeutet jedoch noch lange nicht, dass daraus ein florierender Handel folgt.

Lukas Morvan, Redakteur für Novastan

Aus dem Französischen von Berenika Zeller

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