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Die Türkei bietet Vermittlung im Grenzkonflikt zwischen Kirgistan und Tadschikistan an

Die Türkei hat die Initiative zur Lösung der Grenzstreitigkeiten zwischen Kirgistan und Tadschikistan ergriffen. Diese Intervention wirft Fragen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das regionale Gleichgewicht sowie die dortigen geopolitischen Dynamiken hervor – nicht zuletzt, weil Russland traditionell über einen großen Einfluss in Zentralasien verfügt.

Vertreter der kirgischen und der tadschikischen Delegation trafen sich am 12. Januar, um über den Verlauf der gemeinsamen Grenze zu verhandeln, Photo: Pressedienst der kirgisischen Regierung

Die Türkei hat die Initiative zur Lösung der Grenzstreitigkeiten zwischen Kirgistan und Tadschikistan ergriffen. Diese Intervention wirft Fragen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das regionale Gleichgewicht sowie die dortigen geopolitischen Dynamiken hervor – nicht zuletzt, weil Russland traditionell über einen großen Einfluss in Zentralasien verfügt.

Der türkische Außenminister Hakan Fidan hat signifikante Fortschritte der Verhandlungen zwischen Duschanbe und Bischkek verkündet. Nach Angaben von Radio Ozodi, dem tadschikischen Dienst von Radio Free Europe, deutete er für den März die Unterzeichnung eines detaillierten Abkommens über den umstrittenen Grenzverlauf an.

Dieser Schritt erfolgt in einer Situation, in der der Grenzkonflikt zwischen Kirgistan und Tadschikistan weiterhin eine Quelle für Spannungen bleibt. Seit den Auseinandersetzungen im September 2022 mit dem Einsatz schwerer Waffen, Dutzenden Toten und Tausenden von Vertriebenen nahmen die Konfliktparteien die Festlegung der gemeinsamen Grenze in kleinen Schritten wieder auf.

Die Türkei sucht die Rolle als Mediator, allerdings offenbart sich bei diesen diplomatischen Bemühungen eine Präferenz für die kirgisische Seite. Wichtige Fragen zu den Implikationen des türkischen Engagements in der Region, konkreten Mechanismen zur Lösung des Grenzstreits und zur Reaktion der involvierten Parteien bleiben bestehen.

Eine scheinbar neutrale Position

Umut Acar, der türkische Botschafter in Tadschikistan, erklärte, sein Land nehme eine neutrale Position in der Grenzfrage ein. Zudem plädierte er „für die Lösung der Streitigkeiten“ zwischen den Nationen. Außenminister Fidan hatte Anfang Januar Bischkek und später Duschanbe besucht, wo er Kooperationspläne der Länder mit der Türkei ankündigte, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Dennoch schwebt ein Schatten über den türkischen Vermittlungsbemühungen. Human Rights Watch sagt Kirgistan nach, bei den Gefechten im September 2022 türkische Drohnen des Typs Bayraktar eingesetzt zu haben. Der türkische Botschafter bestreitet diese Anschuldigungen und unterstreicht, die Drohnen würden lediglich befreundeten Staaten zum Kampf gegen den Terrorismus verkauft.

Herausforderungen der türkischen Diplomatie in Zentralasien

Radio Ozodi beziffert die Gesamtlänge der kirgisisch-tadschikischen Grenze auf 972 Kilometer. Hiervon sind einige Abschnitte umstritten, was sich teils in sporadischen Konflikten äußert. Zu Beginn des Jahres 2024 behaupteten die Parteien, dass mittlerweile mehr als 90 Prozent der gemeinsamen Grenze festgelegt worden seien.

Im breiteren geopolitischen Kontext fällt der Besuch des türkischen Außenministers in eine Zeit, in der Russland mit der Führung seines Krieges gegen die Ukraine beschäftigt ist. Scheinbar versucht die Türkei, ihren ökonomischen und diplomatischen Einfluss in Zentralasien auszuweiten. Zentral sind dabei insbesondere bilaterale Kontakte sowie die Organisation der Turkstaaten, in welcher Kirgistan Mitglied ist.

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Bei seinem Besuch in Bischkek begrüßte Fidan die wachsende kirgisisch-türkische Kooperation, wie das türkische Medium Daily Sabah berichtet. Diese Kooperation zeichnet sich in erster Linie durch Entwicklungsprogramme im Rahmen des Abkommens über ewige Freundschaft und Zusammenarbeit aus. Aber auch der Türkischen Agentur für Internationale Zusammenarbeit und Koordination (TIKA) fällt eine große Bedeutung zu.

Fidan berichtete zudem von der Unterzeichnung eines Kooperationsprogramms mit der kirgisischen Seite für den Zeitraum 2024-2026, wobei die Länder gemeinsame Projekte durchführen und ökonomische Entwicklungspfade diskutieren. Ein Ziel ist die Verbesserung des Handels, außerdem soll reisepassloses Reisen zwischen den Ländern ermöglicht werden.

Internationale Bedenken und die Hürden für die Mediation

Die türkische Vermittlung im kirgisisch-tadschikischen Grenzkonflikt ruft Bedenken hinsichtlich der Neutralität der Türkei vis-à-vis Tadschikistan und Kirgistan hervor. Sie ist charakteristisch für den wachsenden türkischen Einflusses in Zentralasien, kann aber auch auf den Mangel alternativer Mediatoren zurückgeführt werden.

Der russischen Presseagentur Sputnik zufolge drückte der kirgisische Präsident Sadyr Dschaparow bereits im Dezember des Vorjahres seine Intention aus, ein Abkommen zum Grenzverlauf bereits im Frühling 2024 zu erreichen. Der türkische Außenminister beschreibt diese Hoffnung nach Angaben von Radio Azattyk, dem kirgisischen Dienst von Radio Free Europe, als „eine wichtige Etappe, um regionale Sicherheit zu garantieren“.

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Die Herausforderungen der türkischen Vermittlung in dieser Angelegenheit und ihr relativer Erfolg werden im Lichte der fortwährenden kirgisisch-tadschikischen Spannungen zunehmend sichtbar. Wenngleich das Engagement sich seit September 2022 nicht mehr unmittelbar um bewaffnete Auseinandersetzungen dreht, bestehen die Konfliktursachen hinsichtlich des Grenzverlaufs, Bewässerung, Schmuggel und illegalen Grenzübertritten fort.

Macha Toustou für Novastan

Aus dem Französischen von Silvan Ergican

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