Das Unternehmen Multikid sollte im April eine internationale Bildungsmesse organisieren. Diese wurde kurzfristig von den Behörden untersagt. Das ist kein Einzelfall: Es scheint ein systematisches Verbot privater Zentren zu geben, die tadschikischen Studierenden zum Auslandsstudium verhelfen. Folgender Artikel wurde von Novastan übersetzt und erschien im Original auf Asia Plus.
Als die Polizisten die Teilnehmer der internationalen Bildungsmesse von Multikid in Duschanbe vetrieben, haben viele Leser das erst garnicht geglaubt. Einer kommentierte sogar, es sei wohl ein Aprilscherz.
Aber es war kein Scherz.
Ein offizielles Ereignis
„Zur Ausstellung kamen Studierende aus allen Regionen Tadschikistans mit ihren Eltern und auch ausländische Gäste. Die Polizisten haben sie aus der Messe gejagt, Video- und Fotomaterial wurde zerstört„, schrieb Mansura Dschurajewa, die Direktorin von Multikid, auf ihrer Facebook-Seite. Laut Dschuraewa haben die Polizisten die Teilnehmer auf die grobste Art und Weise vertrieben und den Besuchern erzählt, dass diese Firmen betrügen und die Studierenden nicht nach Europa schicken, sondern nach Syrien.
Dabei waren viele offizielle Gäste dabei: mintunter zehn Vertreter ausländischer Universitäten, der Berater des Präsidenten für soziale Fragen, der stellvertretende Bürgermeister der Hauptstadt, der stellvertretende Außenminister, der Präsident der Föderation der UNESCO-Vereine (Multikid ist ein Mitglied), die US-Botschafterin Elizabeth Millard und viele andere.
Multikid organisiert solche Messen seit 2015. Dieses Jahr sollte sie in Duschanbe und Chudschand stattfinden, in beiden Städten wurde die Veranstaltung abgesagt.
„Die Bildungsausstellung wurde illegal organisiert“
Der Vorfall verursachte eine breite gesellschaftliche Resonanz. Auf Facebook-Seiten und Nachrichtenportalen wurde er heiß diskutiert.
Ein Kommentar von offizieller Seite kam erst am 3. April und nach zahlreichen Anrufen der Redaktion von Asia Plus bei den zuständigen Behörden.
Zunächst berichtete das Innenministerium, dass die Organisatoren keine Erlaubnis für die Messe hatten. Weiter hieß es von Seiten des Bildungsministerium: „seit ein paar Jahren arbeiten einige Organisationen ohne Zulassungsunterlagen an der Ausbildung von in ausländischen Bildungseinrichtungen. Sie senden tadschikische Staatsbürger zum Studieren ins Ausland zu studieren und arbeiten mit ausländischen Organisationen zusammen. Unter ihnen ist auch das Bildungszentrum Multikid“.
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Der Bildungsminister Nurissin Said ergänzte einen Tag später: „Als der Sohn von Mansura Dschurajewa zum Ministerium kam und sagte, dass sie eine Bildungsmesse organisieren möchten, antworteten wir, es sei illegal. Sie haben sie dennoch organisiert. Das Bildungszentrum Multikid schickte nicht einmal eine Einladung an das Ministerium“.
„Wir hatten Zulassungsunterlagen“
Die Vertreter von Multikid gaben an, dass sie die notwendigen Genehmigungsdokumente hatten. Diese Dokumente wurden der Redaktion der AP zur Verfügung gestellt: Es handelt sich um ein Schreiben der Stadtverwaltung über die Zustimmung des Bürgermeisters, unterzeichnet vom ersten stellvertretenden Bürgermeister der Hauptstadt Mawsuma Muini.
Darüber hinaus hat Kommitee für Jugend, Sport und Tourismus die Bildungsmesse genehmigt, was durch ein offizielles Schreiben bestätigt ist.
„Es ist nicht klar, welche Art von Erlaubnis man vom Bildungsministerium brauchte? Tatsache ist, dass eine solche Genehmigung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist“, so der Anwalt der Firma „Himoya“ Navruz Odinaew. Die Erlaubnis der Stadtverwaltung sei ausreichend für die Durchführung der Messe.
Vom Bildungszentrum zur GmbH
Die Firma Multikid existiert seit 2001 und ist als Sprachschule in Duschanbe sehr bekannt. Allerdings bietet sie schon seit dem vergangenen Jahr keine Kurse mehr an und existiert auch nicht mehr als Sprachzentrum, sondern seit 2016 als GmbH.
In den Statuten von Multikid steht, dass die Organisation sich mit Beratungstätigkeiten zum Studium im Ausland, dem Verkauf von Flugtickets und der Übersetzung von Dokumenten befasst. Zuvor hatten sie von der stellvertretenden Justizministerin Chakima Mirsaizoda die Bestätigung erhalten, dass keine Lizens für die Dienstleistungsangebote der Organisation erforderlich ist.
„Multikid ist durch sein neues Tätigkeitsfeld keine Bildungseinrichtung und benötigt tatsächlich keine Lizenz“, erklärt der Anwalt Odinaew.
„Kommen Sie zu unserem legalen Zentrum für internationale Programme“
Später wurde aus Kommentaren des Bildungsministeriums bekannt, dass die Regierung ein staatliches „Zentrum für internationale Programme“ eröffnet hat, um Auslandsstudien tadschikischer Bürger besser zu kontrolieren.
Später informierte der Bildungsminister Nuriddin Said, dass diese Agentur im vergangenen Jahr 4876 Studierende aus Tadschikistan zum Studium ins Ausland schickte. Einige von ihnen wurden dafür vom Staat gefördert, andere sind Stipendiaten des Präsidentenstipendiums Durahshandagon und die restlichen gehen auf eigene Kosten.
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Private Unternehmen wie Multikid, die Studenten zum Auslandsstudium verholfen, gibt es seit 2013 immer weniger.
„Seit 2013 haben wir mehr als 25 solche Organisationen geschlossen“, sagte der Bildungsminister Said. „Es blieb Multikid, dass nun auch geschlossen wird, und noch ein weiteres, dessen Namen Sie bald erfahren, wenn wir es auch schließen“.
Obwohl Auslandsstudien in Tadschikistan sehr gefragt sind und das Land erfahrenen Fachkräfte gut gebrauchen kann, gibt es oft Probleme für Studierende, die im Ausland studieren.
Vor sieben Jahren hatte Dawlat Nasriew, der ehemalige Leiter der Nachrichtenabteilung des Außenministeriums erklärt, dass es illegal ist, wenn ein Student selbständig einen Studienplatz findet und zum Studieren ins Ausland geht. Zugegebenermaßen galt das nur für religiöse Studiengänge. Vielleicht aber bald auch für alle üblichen.
Lilija Gajsina und Mawsuna Abdullojewa
Asia-Plus
Aus dem Russischen übersetzt von Sobira Majidova
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