Startseite      Global Gateway: Die EU investiert in den Transkaspischen Korridor

Global Gateway: Die EU investiert in den Transkaspischen Korridor

Europäische und internationale Finanzinstitutionen legen 10 Milliarden Euro für den Aufbau eines nachhaltigen Verkehrsnetzes zwischen Europa und Zentralasien auf den Tisch.

Josep Borrell auf dem Global Gateway Forum, Foto: Europäische Kommission

Europäische und internationale Finanzinstitutionen legen 10 Milliarden Euro für den Aufbau eines nachhaltigen Verkehrsnetzes zwischen Europa und Zentralasien auf den Tisch.

Vom 29. bis zum 30. Januar sind zentralasiatische und europäische Delegationen beim Global Gateway Forum in Brüssel zusammengekommen, darunter der Hohe Vertreter der Europäischen Union (EU) für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell. Ziel des Treffens war die Entwicklung einer multimodalen Route, auf der Güter in nur 15 Tagen und unter Umgehung Russlands zwischen Zentralasien und Europa transportiert werden können.

Ziel der Veranstaltung war es, aufbauend auf den Ergebnissen der von der EU in Auftrag gegebenen Studie über nachhaltige Verkehrsverbindungen konkrete Maßnahmen umzusetzen und so eine verbesserte Konnektivität zwischen der EU und Zentralasien zu fördern. Wie die usbekische Online-Zeitung Gazeta.uz berichtet, stellen europäische und internationale Finanzinstitutionen 10 Milliarden Euro für den Aufbau eines nachhaltigen Verkehrsnetzes zwischen Europa und Zentralasien bereit.

„Das Investorenforum ist ein wichtiger Schritt in der Partnerschaft zwischen der EU und Zentralasien. Es bringt öffentliche und private Investoren aus beiden Regionen zusammen, um mit der Arbeit am Transkaspischen Transportkorridor zu beginnen, welcher Europa und Zentralasien schnell, sicher und nachhaltig verbinden wird. Dieses ehrgeizige Verkehrsnetz wird zum Wirtschaftswachstum, zur Schaffung lokaler Arbeitsplätze und zur regionalen Integration beitragen“, erklärte Margaritis Schinas, Vizepräsident der Europäischen Kommission.

Der Mittlere Korridor als neuer Weg?

Der Transkaspische oder auch Mittlere Korridor verbindet Asien über das Kaspische Meer mit Europa. Er verläuft unter anderem durch China, Kasachstan, Aserbaidschan, Georgien und die Türkei und stellte eine Alternative zum Nordkorridor, der Landroute durch Russland, Belarus und Polen, dar.

„Das wesentliche Element unserer Partnerschaft ist der Aufbau nachhaltiger Verbindungen zwischen unseren Regionen zum Nutzen aller. […] Die EU hat gemeinsam mit ihren Partnern eine Studie zur Analyse nachhaltiger Verkehrsverbindungen mit Zentralasien durchgeführt. Die Studie kam zu dem Schluss, dass die 11.000 Kilometer lange transkaspische internationale Transportroute mit einer Länge von 11.000 Kilometern das Potenzial hat, mehr Fracht umzuschlagen. Unser langfristiges Ziel ist es, den Korridor in eine wettbewerbsfähige und schnelle Route umzuwandeln, die unsere Regionen in 15 Tagen oder weniger verbindet“, sagte EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis laut dem aserbaidschanischen Nachrichtenportal Trend.

Lest auch auf Novastan: Die Europäische Union überdenkt ihre Zentralasien-Strategie

Wie das französische Nachrichtenportal Issues erläutert, ist die Verbindung sogar 2.000 Kilometer kürzer als die Nordroute. Andererseits haben Kasachstan, Aserbaidschan und Georgien im vergangenen November ein gemeinsames Logistikunternehmen gegründet, das einheitliche Vorschriften und Preise ermöglicht, wie das kasachstanische Medium Kapital berichtet. Dies könnte den Warentransport erheblich beschleunigen und somit Unternehmen anziehen, die im transkontinentalen Handel tätig sind. Dies gilt insbesondere angesichts der schwächelnden Position Russlands, vor allem im Hinblick auf Handelspartnerschaften. Dies macht die Suche nach alternativen Handelsrouten noch dringlicher.

Eine wichtige Region bei der Umgehung von Sanktionen

„Als ich vor vier Jahren nach Brüssel kam, schien Zentralasien irgendwo an der Peripherie zu liegen. Jetzt sind sie mittendrin. Sie sind der Dreh- und Angelpunkt zwischen Europa und Asien. Und deshalb ist unsere Partnerschaft für uns so wichtig“, sagte Josep Borrell laut Fergana News.

Nach Ansicht des Hohen Vertreters müsse im Kontext internationaler Krisen eine Antwort auf den erheblichen Anstieg der Logistikkosten in der zentralasiatischen Region gefunden werden. Daher solle die EU mehr Ressourcen in physische Verbindungen zwischen Europa und Zentralasien investieren und nach Alternativen in den Bereichen Transport, Energie und Lieferketten suchen.

Lest auch auf Novastan: Wie Kasachstan russischen Unternehmen hilft, Sanktionen zu umgehen

Borrell betonte, dass „Investitionen in der Region politischer Natur sind und auf den Schutz gemeinsamer Werte abzielen“. Tatsächlich ermöglicht eine Annäherung der EU an Zentralasien, eine bessere Einhaltung der Sanktionen gegen Russland sicherzustellen.

Auch die zentralasiatischen Länder sich der Vorteile einer Diversifizierung abseits des von Russland dominierten Nordkorridors bewusst, auch wenn sie im russisch-ukrainischen Konflikt im Allgemeinen eine neutrale Haltung eingenommen haben. Sie sind bestrebt, geopolitische Risiken zu reduzieren und unterstützen das europäische Projekt.

Eine Ausweichroute zum Suez-Kanal

Darüber hinaus fand das Treffen in Zeiten statt, in denen es auf der Seefahrtsroute durch das Rote Meer und den Suezkanal immer wieder Störungen gibt. Nach Angaben Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) werden über diese wichtige Verkehrsader 12 bis 15 Prozent des Welthandels abgewickelt..

Seit letztem Oktober haben aber Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe in der Bab-el-Mandeb-Straße diese Verbindung beeinträchtigt. Infolge der Angriffe ändern die Schiffe nun ihre Routen und entscheiden sich für eine längere Reise um das Kap der Guten Hoffnung, wodurch sich die Distanz zwischen Asien und Europa um 30 Prozent verlängert. Diese Routenänderung verdeutlicht die Schwachstellen maritimer Engpässe, stellt The Diplomat fest.

Die jüngsten geopolitischen Schocks hatten erhebliche Auswirkungen auf diese Handelsroute, die als südlicher Korridor bekannt ist. In Zeiten unvorhersehbarer Krisen scheint es entscheidend zu sein, alternative Routen entlang des zentralen Korridors zu schaffen, um die damit verbundenen Risiken zu mindern und Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen.

Herausforderungen meistern

Angesichts der unberechenbaren Beziehungen zwischen Georgien und Russland, aber auch des fehlenden Friedensabkommens zwischen Armenien und Aserbaidschan bleibt der mittlere Korridor ein stellenweise unsicherer Weg. Allerdings kann diese Route nicht auf regionale Stabilität verzichten: Sie ist eine operationelle Notwendigkeit. Eine Verschärfung oder Ausweitung der Feindseligkeiten könnte laut The Diplomat zu einem Anstieg der Frachtversicherungstarife in der Region führen und damit die Attraktivität des neuen Korridors mindern.

Lest auch auf Novastan: Welche Risiken birgt das Südkorridorprojekt für Kasachstan?

Die Funktionsfähigkeit des Korridors hängt daher vom geopolitischen Klima in der Region ab, das stabil sein muss, damit der Güterverkehr frei von Störungen durch militärische Konflikte oder politische Meinungsverschiedenheiten fließen kann. Deshalb ist die Unterstützung aller Länder der Region für den reibungslosen Ablauf des Projekts unerlässlich. Trotz des beeindruckenden Wachstums des Handelsvolumens entlang des Mittleren Korridors, das laut Astana Times im Jahr 2022 rund 1,5 Millionen Tonnen erreichte, stellt es nur einen kleinen Bruchteil der Millionen Tonnen dar, die durch Russland transportiert werden.

Nach Angaben des Carnegie Centers werden über den Südlichen Korridor jährlich fast 10 Milliarden Tonnen Fracht durch den Indischen Ozean transportiert. Die laufenden Bemühungen um die Schaffung sicherer Handelsrouten zeigen daher das Potenzial für eine transformative Zusammenarbeit in der Region, erfordern jedoch anhaltendes Engagement und strategische Maßnahmen, um das Potenzial des Korridors in einer sich ständig verändernden Welt voll auszuschöpfen.

Zoé Toulouse für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

Noch mehr Zentralasien findet ihr auf unseren Social Media Kanälen: Schaut mal vorbei bei Twitter, Facebook, Telegram, Linkedin oder Instagram. Für Zentralasien direkt in eurer Mailbox könnt ihr euch auch zu unserem wöchentlichen Newsletter anmelden.

Kommentare

Your comment will be revised by the site if needed.