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Usbekistan: Erstmals seit 2003 Menschenrechts-NGO zugelassen

Usbekistan hat erstmals seit 2003 offiziell eine Menschenrechts-NGO registriert. Geleitet wird sie von drei ehemaligen politischen Gefangenen. Dies ist ein wichtiger Schritt für die usbekische Zivilgesellschaft und die Haftbedingungen im Land.

Flagge Usbekistans
In Usbekistan wurde erstmals seit 2003 eine Menschenrechts-NGO zugelassen (Symbolbild)

Usbekistan hat erstmals seit 2003 offiziell eine Menschenrechts-NGO registriert. Geleitet wird sie von drei ehemaligen politischen Gefangenen. Dies ist ein wichtiger Schritt für die usbekische Zivilgesellschaft und die Haftbedingungen im Land.

Am 9. März registrierte das usbekische Justizministerium zum ersten Mal seit 2003 eine Nichtregierungsorganisation. Dies berichtete die usbekische Seite Gazeta.uz am 11. März. Die Organisation mit dem Namen „Huquqiy tayanch“ („Rechtsbeistand“) will die Menschenrechte verteidigen und die Zivilgesellschaft fördern, wie aus ihrer Registrierungsurkunde hervorgeht. Dies weckt Hoffnung in einem Land mit geschwächter Zivilgesellschaft.

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Die offizielle Anerkennung von „Huquqiy tayanch“ verlief nicht ohne Komplikationen. „Übermäßige administrative Hindernisse, endlose Registrierungsprozesse, Sprachbarrieren, fehlende rechtliche Grundlagen in Verbindung mit den stillschweigenden Prüfungskriterien kennzeichnen die Bedingungen für die Entwicklung der Zivilgesellschaft in Usbekistan“, beschreibt ein aktueller Bericht des Zentralasiatischen Büros für Journalismus. Im Durchschnitt dauert die Registrierung von NGOs in Usbekistan zehn Monate und muss mehrmals wiederholt werden: Die NGO “ Huquqiy tayanch “ wurde beim dritten Anlauf registriert.

Gegründet von ehemaligen politischen Gefangenen

Die drei Gründer von „Rechtsbeistand“, A’zam Farmonov, A’zam Turg’unov und Dilmurod Saidov, sind ehemalige politische Gefangene. Sie wurden zwischen 2006 und 2009 inhaftiert und sind 2018 freigelassen worden. Die Menschenrechtsaktivisten wurden jeweils wegen Erpressung angeklagt, und prangerten ihrerseits die Korruption und die Anwendung von Folter in Usbekistan an. Die drei Männer berichteten von psychischer und physischer Folter während ihrer Inhaftierung im politischen Gefängnis Jasliq in Karakalpakistan, das im September 2019 vom usbekischen Präsidenten Shavkat Mirziyoyev geschlossen wurde.

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Vor seiner Verhaftung führte A’zam Farmonov eine Kampagne gegen die Korruption im ländlichen Usbekistan. A’zam Turg’unov war bereits eine zentrale Figur im Kampf für die Menschenrechte als Präsident der NGO „Mazlum“ („Die Unterdrückten“), die politische Gefangene verteidigte und Folter kritisierte. Dilmurod Saidov seinerseits war Journalist: Er ist überzeugt, aufgrund seiner jahrelangen Berichterstattung über Korruption und Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan inhaftiert worden zu sein. Die drei Männer gehörten zu den mehr als 30 politischen Gefangenen, die seit Beginn der Amtszeit Shavkat Mirziyoyevs im Dezember 2016 freigelassen wurden. Sie beschlossen, sich zusammenzuschließen, um „Huquqiy tayanch“ zu gründen und das Leben usbekischer Gefangener zu verbessern.

Die Situation von Menschenrechtsverteidigern in Usbekistan bleibt unbefriedigend

Diese Inhaftierungen fanden im letzten Jahrzehnt der Amtszeit von Islom Karimov (1989-2016) statt. Sie erfolgten im Zuge einer umfangreichen Kampagne gegen MenschenrechtsverteidigerInnen, die von internationalen NGOs wie Human Rights Watch und Amesty International heftig kritisiert wurde. Während sich die Situation seit der Machtübernahme von Shavkat Mirziyoyev verbessert hat, berichten NGOs weiterhin von Schikanen, Überwachung und Drohungen der Regierung gegenüber AktivistInnen.

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Die Situation in Usbekistan ist für internationale Organisationen bei weitem nicht zufriedenstellend: Im Mai 2019 berichtete die NGO Amnesty International von Drohungen der Regierung gegen AktivistInnen. Mitglieder von Menschenrechtsvereinigungen stehen trotz der neuen Bemühungen des Landes um Presse- und Meinungsfreiheit unter ständiger Überwachung.

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Die Kontrolle von AktivistInnen erfolgt auch über das Internet, so ein aktueller Bericht von Amnesty International: MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen sind das Ziel immer wiederkehrender Angriffe durch Phishing und Spyware. Obwohl der Ursprung dieser Angriffe nicht bekannt ist, behindern sie die Arbeit der usbekischen Zivilgesellschaft. Trotz dieser ersten offiziellen Anerkennung warten also viele Schwierigkeiten auf zukünftige NGOs in Usbekistan.

Arnaud Muller, Redakteur für Novastan

Aus dem Französischen von Luisa Podsadny

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