Die vorgezogene Präsidentschaftswahl in Usbekistan ist ohne Überraschung verlaufen. Wie erwartet, gewann Amtsinhaber Shavkat Mirziyoyev mit deutlicher Mehrheit. Bereits im Vorfeld der Wahl war das Fehlen einer echten Opposition bemängelt worden.
Usbekistans Präsident wird auch in den kommenden sieben Jahren Shavkat Mirziyoyev heißen. Wie die usbekische Online-Zeitung Gazeta.uz berichtet, konnte das amtierende Staatsoberhaupt laut vorläufigem Endergebnis bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl am 9. Juli 87,05 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Mirziyoyev regiert das bevölkerungsstärkste Land Zentralasiens bereits seit 2016.
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Die drei weiteren zur Wahl zugelassenen Kandidierenden erreichten jeweils weniger als fünf Prozent: Zweitplatzierte wurden Robahon Mahmudova von der sozialdemokratischen Partei „Adolat“ (4,43 Prozent) vor Ulugbek Inoyatov von der Volksdemokratischen Partei (4,02 Prozent) und Abdushukur Xamzayev von der Ökologischen Partei (3,74 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag bei 79,8 Prozent und war damit vergleichsweise niedrig.
Die vorgezogene Präsidentschaftswahl war von Präsident Mirziyoyev am 8. Mai, kurz nach dem erfolgreichen Verfassungsreferendum vom 30. April, angekündigt worden. Wie Gazeta.uz damals berichtete, rechtfertigte Mirziyoyev das Vorziehen der Wahl mit einer Legitimitätsfrage. „Nicht umsonst ist das Volk die einzige Quelle staatlicher Macht. Unter diesem Gesichtspunkt sollte das Mandat im aktualisierten System der Staatsmacht nur demjenigen erteilt werden, dem unser Volk vertraut“, erklärte der Präsident.
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Tatsächlich waren mit der Verfassungsreform eine Stärkung des Präsidentenamts sowie umfangreiche Änderungen der Wahlgesetzgebung einhergegangen. So wurden die bisherigen Amtszeiten des Präsidenten wie schon zuvor in Russland und Kasachstan „auf null gesetzt“, was Mirziyoyev entgegen der alten und neuen Verfassung zwei weitere Amtszeiten ermöglicht. Diese werden außerdem jetzt sieben statt wie bisher fünf Jahre betragen. Mirziyoyev war erst im Oktober 2021 zu einer fünfjährigen Amtszeit gewählt worden.
Fehlender Wettbewerb
Wie die Zentrale Wahlkommission (ZWK) mitteilte, seien die Wahlen nach demokratischen Prinzipien verlaufen. „Die Wahlen wurden auf der Grundlage internationaler Normen und Standards und der nationalen Wahlgesetze, in voller Übereinstimmung mit demokratischen Grundsätzen wie Offenheit, Transparenz, Freiheit und Gerechtigkeit und in bester Stimmung abgehalten“, erklärte der Vorsitzende der ZWK Zainiddin Nizamhodjayev.
Auch die Wahlbeobachtungsmission der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) kam zu einem ähnlichen Schluss und erklärte, dass die Wahlen „transparent, offen und fair waren, den Grundsätzen der Durchführung demokratischer Wahlen entsprachen und auch das Recht der Bürger Usbekistans auf freie Willensäußerung gewährleisteten“.
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Der Chef der Beobachtungsmission, Sergej Lebedew, stellte darüber hinaus fest, dass „die Wahlen genau der nationalen Gesetzgebung entsprachen und nicht irgendwelchen amorphen Normen, die nirgendwo festgelegt wurden“. Damit bezog er sich auf eine an die ZWK gerichtete Frage der „Voice of America“-Korrespondentin Navbahor Imamova, ob irgendwelche Arbeiten in Bezug auf kritisches Feedback von Seiten der OSZE durchgeführt werden.
Eben jene OSZE kommt bei der Bewertung der Wahl auch zu einem kritischeren Ergebnis. So bemängelt die OSZE-Beobachtungsmission unter anderem „schwerwiegende Unregelmäßigkeiten“, welche „zusammen mit Hinweisen auf Auffüllung von Wahlurnen sowie zahlreichen Beobachtungen scheinbar identischer Unterschriften auf den Wählerlisten […] die Integrität des Prozesses in Frage [stellen]“.
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Zwar erklärte die Leiterin der OSZE-Mission Urszula Gacek, dass im Rahmen der rechtlichen Reformen „eine Reihe unserer früheren Beobachtungen und Empfehlungen berücksichtigt“ worden seien. „Aber die Realität des Wahlkampfs mit dem fehlenden politischen Wettbewerb und den bestehenden Einschränkungen der Meinungsfreiheit macht es umso wichtiger, mutigere Maßnahmen auf dem Weg zu einer echten Demokratie zu ergreifen, die alle Bürger einbezieht“, so Gacek weiter.
Tatsachlich war es im Wahlkampf kaum zu kontroversen Auseinandersetzungen gekommen. Der Politologe und Analyst der Carnegie-Stiftung Temur Umarov hob hervor, Mirziyoyev habe keine wirkliche Konkurrenz, weil es in Usbekistan keine Opposition gebe. „Drei Jahrzehnte lang wurden alle „Sprösslinge“ der Opposition unterdrückt. In Usbekistan durften sich nicht nur keine Anwärter auf die Macht bilden, sondern auch solche nicht, die einfach unterschiedlicher Meinung waren. Daher konnte es in den wenigen Jahren der Herrschaft Mirziyoyevs nicht zu einer Opposition kommen“, erklärte er gegenüber CABAR.
Der unabhängige Politikwissenschaftler Rafael Sattarov betonte im Vorfeld der Wahl gegenüber der Deutschen Welle, dass man keine Überraschungen erwarten müsse: „Das ist die schlimmste Wahl in der Geschichte. Die anderen Kandidierenden für das Präsidentenamt kennt man nicht einmal, außer Mirziyoyev. Ihre Namen sind unbekannt und werden sofort vergessen, daher hat es keinen Sinn, von einer Opposition zu sprechen.“
Robin Roth, Chefredakteur von Novastan Deutsch
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