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Neue Zeiten: Kasachstan nach der Einführung einer einheitlichen Zeitzone

Bald ein Jahr ist es her, dass Kasachstan eine landesweit einheitliche Zeitzone eingeführt hat. Nun soll eine wissenschaftliche Studie über die möglichen negativen Auswirkungen dieser Entscheidung durchgeführt werden. Trotz Protesten in der Bevölkerung plant die Regierung aber nicht, die Umstellung rückgängig zu machen.

Seit dem 1. März 2024 befindet sich ganz Kasachstan in einer Zeitzone (Symbolbild), Photo : Cats Coming / Pexels.

Bald ein Jahr ist es her, dass Kasachstan eine landesweit einheitliche Zeitzone eingeführt hat. Nun soll eine wissenschaftliche Studie über die möglichen negativen Auswirkungen dieser Entscheidung durchgeführt werden. Trotz Protesten in der Bevölkerung plant die Regierung aber nicht, die Umstellung rückgängig zu machen.

Die Umfrage war nicht angekündigt worden und fand vom 21. bis 25. November auf eGov, der App für öffentliche Dienste, statt. „Umfrage zur Zeitumstellung“ – so ihr Titel – verschwand nach wenigen Tagen wieder. Sie sei Teil einer „komplexen Studie“ zur Umstellung auf eine einheitliche Zeitzone im Land, so Saıasat Nūrbek, Kasachstans Minister für Wissenschaft, nach Angaben von Zakon.kz.

Während die Entscheidung zur Zeitumstellung in Kasachstan für Aufregung sorgt, scheint die Umfrage lediglich wissenschaftlichen Zwecken zu dienen. Das Thema selbst werde nicht erneut geprüft, erklärte die Regierung mehrfach.

Wissenschaftliche Studie

Mehrere Monate nach Einführung einer landesweit einheitlichen Zeitzone gab das Wissenschaftsministerium Anfang November bekannt, dass es eine Anfrage des Gesundheitsministeriums erhalten habe. Diese betreffe eine angewandte Studie über den negativen Einfluss der Zeitumstellung auf die Bevölkerung, berichtet das kasachstanische Nachrichtenportal Kapital. Am 14. November erklärte Minister Nūrbek außerdem, dass für die Studie in verschiedenen Bereichen „die Besten ihrer Institute“ herangezogen würden.

Wie Kursiv berichtet, gab der Minister einige Einzelheiten zu den Forschungsarbeiten bekannt, die über einen Zeitraum von drei Jahren durchgeführt werden sollen. Die Kosten des Projekts werden auf 160 Millionen Tenge (294.000 Euro) geschätzt, Nūrbek ist jedoch optimistischer und rechnet mit etwa 100 Millionen Tenge (184.000 Euro) – eine Summe, die er als „nicht sehr hoch“ bezeichnet.

Jaslan Mädiev, Minister für digitale Entwicklung, erklärte seinerseits, die Umfrage habe innerhalb von drei Tagen das gesetzte Ziel erreicht, die Meinungen von 200.000 Menschen zu sammeln. Er begründete so den plötzlichen Rückzug von eGov, berichtet das kasachstanische Nachrichtenportal Informburo.kz. Um Verwirrung in der Bevölkerung zu vermeiden, fügte er hinzu, dass es sich um eine Umfrage zur Vorbereitung der Studie handelte und nicht um eine Abstimmung, die über eine Rückkehr zu den vorherigen Zeitzonen entscheide.

Die landesweite Zeitzone bleibt bestehen

Seit der Umstellung zur einheitlichen Zeitzone hält die Regierung an ihrer Entscheidung fest und bekräftigte kürzlich nochmals ihre Unterstützung für die Maßnahme. Auf einer Regierungssitzung am 19. November erinnerte Handels- und Integrationsminister Arman Şaqqaliev an die Änderungen der Zeitzonen während der Sowjetzeit und erklärte, die Maßnahme sei „eine Rückkehr zu einer historisch gerechtfertigten Zeit“. Auch Ministerpräsident Oljas Bektenov versicherte erneut seine Zustimmung.

Am 4. September hatte Şaqqaliev jedoch darauf hingewiesen, dass je nach den Ergebnissen am Ende der Studie Gespräche über andere Optionen in Betracht gezogen werden könnten. Die Ergebnisse der Umfrage würden zu Forschungszwecken veröffentlicht, gab Wissenschaftsminister Nūrbek am 27. November bekannt. Dabei bemühe man sich die dreijährige Frist nach Möglichkeit zu verkürzen.

Eine unbeliebte Reform

Die Umstellung zur einheitlichen Zeitzone stößt immer wieder auf Kritik in der Bevölkerung, während die Regierung offenbar entschlossen ist, an ihrer Entscheidung festzuhalten. Arman Şaqqaliev warf den Kritiker:innen vor, „eine negative Meinung zu vertreten“, berichtete die kasachstanische Nachrichtenagentur KazTAG.

Einige Gegner:innen der Reform reagieren in sozialen Netzwerken auf die Äußerungen der verschiedenen Minister. Unter Instagram-Posts von Vlast und Tengrinews ernten die zahlreichen kritischen Kommentare Hunderte, manchmal Tausende von Likes.

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Eine Petition zur Abschaffung des neuen Systems konnte die notwendigen 50.000 Unterschriften sammeln, die zur Prüfung durch die Regierung erforderlich sind. Am 2. August wurde dieser Sammelantrag jedoch von Minister Şaqqaliev abgelehnt, berichtet Radio Azattyq, der kasachstanische Dienst von Radio Free Europe.

„Auf Grundlage aller Argumente und Empfehlungen und vor allem unter Berücksichtigung des Mangels an wissenschaftlich fundierten Daten zu den negativen Auswirkungen der Zeitumstellung hat das Ministerium für Handel und Integration beschlossen, die Petition abzulehnen“, begründete der Minister. Die Forschung, die ab 2025 durchgeführt werden soll, wird sich genau mit diesen potenziellen negativen Auswirkungen befassen.

Umstellung zur einheitlichen Zeitzone

Die einheitliche Zeitzone in Kasachstan war am 1. März per Regierungserlass eingeführt worden. Das gesamte Land wurde damit auf die Zeitzone UTC+5 umgestellt. Weite Teile hatten zuvor die Zeitzone UTC+6 genutzt.

Das Projekt wurde vom 7. bis 22. Dezember 2023 zur öffentlichen Diskussion gestellt. Viele Bürger:innen waren gegen die Maßnahme, vor allem aus Sorge um ihren Lebensrhythmus: Denn Kasachstan erstreckt sich geografisch gesehen über vier Zeitzonen. Als Reaktion gaben die Behörden bekannt, dass die Umstellung laut Wissenschaftler:innen positive Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Funktionsfähigkeit des Staates, aber auch auf die Gesundheit der Bewohner:innen der von der Änderung betroffenen Regionen haben würde.

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Die Zeitzone UTC+5 umfasst den Längengrad von 67,5 bis 82,5 Grad, einschließlich der Städte Astana, Almaty, Petropavl, Öskemen, Şymkent, Semeı und Pavlodar, wo mehr als 76 Prozent der Bevölkerung des Landes leben. Daher sei die Entscheidung zur Änderung der Zeitzone wissenschaftlich fundiert und wirtschaftlich machbar, betonte Minister Şaqqaliev.

Dies bedeutet am Beispiel Öskemen, dass am 22. Juni um 3:15 Uhr die Morgendämmerung anbrach und um 19:43 Uhr die Dämmerung einsetzte. Der frühe Einbruch der Dunkelheiter veranlasste einen Bürger aus Sorge um seine Kinder, die Regierung wegen der Zeitumstellung vor Gericht zu bringen, berichtete Tengrinews am 19. November. Ein Zeichen für anhaltenden Protest.

Claude Foucaud für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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