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Kunst ohne Grenzen: Der Kaffeekünstler Nurlan Düyschöbekow aus Bischkek

Nurlan Düyschöbekow ist Grafikdesigner und  Videoillustrator. Er studiert Grafikdesign an der Higher School of Economics in Moskau. Seine Arbeiten wurden in Almaty, London, New York und Los Angeles auf einem Kaffeefestival ausgestellt. Über den Künstler berichteten  verschiedenen Medien, einschließlich National Geographic. Ein Porträt.  

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Nurlan Düischöbekow
Nurlan Düischöbekow

Nurlan Düyschöbekow ist Grafikdesigner und  Videoillustrator. Er studiert Grafikdesign an der Higher School of Economics in Moskau. Seine Arbeiten wurden in Almaty, London, New York und Los Angeles auf einem Kaffeefestival ausgestellt. Über den Künstler berichteten  verschiedenen Medien, einschließlich National Geographic. Ein Porträt.  

Sonntagmorgen, ein herber Geruch von Kaffee und heißen Croissants und Lounge-Musik füllen die Umgebung in einem Bischkeker Café. Nurlan zeigt ein leichtes Lächeln, das Wärme und Ruhe ausstrahlt. Ein junger Mann mit kaffeefarbenen Augen, der auf den ersten Blick eher unbemerkt bleibt. Aber in seinem Inneren brennt das helle Feuer der Kunst.

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Er trinkt langsam einen Schluck Kaffee und erzählt mit samtener Stimme über seinen Alltag. „Ich stehe morgens auf, dann arbeite ich, und am Abend studiere ich im Online-Format. Es kann langweilig scheinen, doch ich genieße die Zeit“.

Mein Vater ist mein Idol

Nurlan hat Malen nicht studiert, sondern er wurde von seinem Vater Düyschöbek Kapassowitsch Alajew unterrichtet, der von 1992 bis 2006 an der Nationalen Akademie der Künste der Kirgisischen Republik arbeitete. 2001 wurde er dort zum außerordentlichen Professor ernannt. Er war auch Künstler, malte Landschaften in seinem Atelier.

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Seit meiner Kindheit wuchs ich in einer kreativen Atmosphäre auf, kommunizierte mit Studenten, sah sie mit Farben auf Leinwänden und auf ihren Händen in den geräumigen Gängen der Akademie. Mein Vater war meine Hauptinspiration“, erzählt Nurlan nostalgisch, während der Schnee sanft am Fenster klopft.

Im Jahr 2006 verlor Nurlan seinen Vater und hörte auf zu malen. Vier Jahre später studierte er Wirtschaftswissenschaften an der Kirgisischen Nationaluniversität. Doch bei einem Praktikum in der Steuerbehörde erkannte er, dass er diese Richtung nicht weiterverfolgen wollte. „Zu meiner Zeit studierten junge Leute meist Finanzen oder Wirtschaft, alles andere wurde als schändlich angesehen. Heute wählen junge Menschen ihren Beruf bewusster. Aber ich bereue mein Studium nicht. In gewisser Weise ist das auch eine nützliche Erfahrung“.

Von der Wirtschaft zur Kunst

Wie die meisten Studenten der Hauptstadt begann der junge Mann während seines Studiums Teilzeit zu arbeiten. Bei der Café-Kette „Sierra Coffee“ interessierte er sich erstmals für Latte Art. Bei der warmen Atmosphäre, dem gemütlichen Raum, den wechselnden Gesichtern hatte er eines Tages eine ungewöhnliche und ziemlich verrückte Idee – Kaffee selbst als Farbe zu verwenden. In seiner Freizeit begann er mit Kaffee auf Papier zu malen. „Ich habe zuerst versucht, mit Espresso-Kaffee zu malen, dann mit verschiedenen anderen Arten. Schließlich schien mir der billige Instant-Kaffee am besten geeignet“, erinnert er sich.   

Durch die Routine gefasst, zeigte der junge Künstler seine Bilder lange Zeit niemandem. Malen war nur ein Hobby für ihn; er malte für sich selbst, weil der Prozess ihm Ruhe und Lebensfreude Freude gab. Doch eines Tages bemerkten seine Kollegen die Bilder und sahen darin großes Potenzial.

Als mein Chef von meiner Leidenschaft erfuhr, bot er freundlicherweise an, im Café eine Ausstellung zu veranstalten, was ich kategorisch ablehnte. Diese Idee wurde mir dann immer wieder angeboten, bis ich doch zustimmte. Die Ausstellung war eine erste Erfahrung. Ich fühlte mich unsicher, aber als die Menschen kamen und sagten, dass sie meine Bilder sehr schön fanden, war es eine unbeschreibliche Begeisterung.“

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Nurlan wurde später aktiver in der Kunstwelt. An einem warmen Maitag im Jahr 2018 nahm der junge Künstler erstmals an der großen soziokulturellen Aktion „Nacht der Museen“ teil. Dort entdeckte er, dass auch andere Menschen Kaffee zum Malen verwenden.

Ich mag es, mit Kaffee zu malen, er vermittelt Wärme und Komfort. Heute gibt es keine Grenzen, keine Zensur, keine Verbote, keine Anforderungen, dass man nur mit Gouache oder Aquarelle arbeiten sollte. Heute nutzen die Menschen auch unkonventionelle Mittel anstatt üblicher Farben, ob Zimt, Zucker, Harz oder andere“, erzählt der Kaffeekünstler mit einer charakteristischen entspannenden Stimme, während seine Gemälde auf dem Tisch seinen Gedanken spiegeln. Auf einem Bild sitzt der Großvater auf einer Bank sitzend, schien besonders grüblerisch.

Internationaler Erfolg

Später beteiligte sich der junge Künstler auch an einem weltweiten Kunstwettbewerb rund um den Kaffee, und seine Gemälde wurden zuerst in New York und Los Angeles und später auch in London ausgestellt.

Entlang der Entwicklung der Digitalisierung interessierte sich Nurlan auch für Computergrafik und Design. Für ein Bischkeker Café entwarf er Plakate, Flyer und andere Werbeprodukte.  

Er absolvierte ein Grafikdesign-Studium in Bischkek und setzt nun seinen Masterabschluss an der Higher School of Economics fort. „Meine Vorstellung vom Stundenplan hat sich seit meiner Zeit als Student grundlegend verändert. Computergrafik ist eine ziemlich neue Richtung in Kirgistan“, kommentiert Nurlan. Demnach werde in Moskau auch viel mehr in den Bereich investiert als in Kirgistan.

Unsere Großeltern haben so viel durchgemacht und doch schaffen sie es, das Lächeln zu retten und die kleinen Dinge zu genießen“ – Das Bild „Glück“ von Nurlan Düyschöbekow

Nurlan arbeitet auch gelegentlich als Künstler in verschiedenen Projekten. Er hatte die Möglichkeit, am UNICEF-ProjektSchutz der Rechte vor Migration betroffene Kinder“ teilzunehmen, wobei er die Helden für die Buchreihe illustrierte.

Diese Geschichten von Jugendlichen sind so stark geschrieben, in ihnen ist so viel erwachsener Schmerz“, erzählt der Künstler mit traurigem Blick und kariertem Hemd, während er seinen Cappuccino austrinkt. Nurlan malte auch das Buch „Muratbek und sein Weg zur Musik“ über das Leben des großen Komponisten und Gründers des kirgisischen Nationalkonservatoriums Muratbek Begalijew.

Ich war meiner Mutter näher

Im Jahr 2018 verlor Nurlan auch seine Mutter, ein weiterer Wendepunkt in seinem Leben. „Ich war meiner Mutter näher, sie erzog mich meistens. Sie beschränkte mich nicht und unterstützte meine kreativen Bemühungen. Nachdem mein Vater weg war, war sie die einzige, die für mich sorgte“, erklärt er. „Dank ihr bin ich jetzt in der Kunst beschäftigt.“ Nach dem Tod seiner Mutter musste Nurlan eine künstlerische Pause einlegen und nahm seine Aktivitäten erst kürzlich wieder auf.

Am liebsten male ich Porträts von älteren Menschen, in deren Augen man das wirkliche Leben sehen kann. Unsere Großeltern haben so viel durchgemacht und doch schaffen sie es, das Lächeln zu bewahren und die kleinen Dinge zu genießen“. Es kann durchaus sein, dass der Künstler in diesen Leuten zum Teil auch seine Eltern zeichnet.  

Eigentlich wollte Nurlan in der Tschechischen Republik arbeiten, aber die Pandemie verhinderte seine Pläne. So nahm er einen Job bei Light Creative Studio an, was er keineswegs bereut: „Ich habe nicht so ein hohes Gehalt, aber ich liebe was ich mache, und ich habe eine große Freude an meiner Arbeit“.

Ich ruhe mich aus, wenn ich male

Malerei ist mein größtes Hobby, und ich kann auf den Knien malen, emotional weg von allem. Beim Malen ruhe ich mich aus“, erklärt er. Mit seinen Bildern will er das reale Kirgistan zeigen, indem er traditionelle Muster und Motive der kirgisischen Kultur in die Zeichnungen aufnimmt. Er lässt sich von verschiedenen Filmen, Landschaften und Videos inspirieren.

In den Gemälden des jungen Künstlers sieht man nicht nur Landschaften und Sehenswürdigkeiten, sondern auch historische Persönlichkeiten wie die Tänzerin Bübüsara Beischenalijewa, den Schriftsteller Tschingis Aitmatow oder die Schauspielerin Tattybübü Tursunbayeva. Er malt auch Helden seiner Lieblingsfilme und -bücher, wie Düyschön aus Aitmatows „Der erste Lehrer“.

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Neben den Arbeiten seines Vaters liebt Nurlan auch die Werke vom Schauspieler und Künstler Süimönkül Tschokmorow. „Ich mag die Gemälde von Tschokmorow. Er malt Menschen, ländliche Motive und vermittelt familiäre Werte und die Gefühle der Menschen“.

Nurlan Düyschöbekows Porträt der Ballerina Bübüsara Beischenalijewa (1926-1973)

Auch in Nurlans Bildern findet man aufrichtige Freundschaft, Mutterschaft, sorglose Kindheit, väterliche Erziehung und wahre Liebe. Die Kaffee-Gemälde haben eine ungewöhnliche glänzende Oberfläche und ein charmantes, angenehmes Aroma.

Wenn ich etwas in meinem Land verändern könnte, wäre es das Bewusstsein unseres Volkes. Es ist eine schwierige Zeit für die ganze Welt, aber wenn unsere Gesellschaft weniger skrupellos wäre, könnte alles besser sein. Ich sah Erwachsene, selbstständige Leute, die ihre Stimmen für 2000 Som (etwa 20 Euro) bei den Wahlen verkauften. Mein Herz brannte“, erwähnt er den verbreiteten Stimmenkauf bei der Parlamentswahl im Oktober.

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Doch in seinem Optimismus stellt der Künstler auch fest, dass sich Einstellung der Menschen gegenüber den Künsten verändern. In den letzten drei Jahren haben sie mehr Wertschätzung für Künstler und ihre Werke entwickelt. „Während die Leute früher glaubten, Kunst solle umsonst sein, verstehen immer mehr, dass das auch menschliche Arbeit und Zeit ist“, beschreibt Nurlan.

Und Künstler stehen auch im Dialog mit der Gesellschaft: „Die meisten Künstler sind introvertiert. Ich denke, man muss sich der Welt öffnen. Unabhängig davon, wie die Gesellschaft sie und Ihre Arbeit akzeptiert. Ich möchte in meinem Land leben und mich hier entwickeln und zum Wohl unserer Gesellschaft beitragen“.

Sezim Arynova
Redakteurin für Novastan.org in Bischkek

Redaktion: Florian Coppenrath

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