Startseite      Chinas wachsende Integration in Kirgistans Energiesektor

Chinas wachsende Integration in Kirgistans Energiesektor

Die Entscheidung Chinas, den Bau der Gaspipeline D zwischen Turkmenistan und China, die durch Kirgistan und Tadschikistan verläuft, zu beschleunigen, ist ein wichtiger Schritt zur Ausweitung seines Engagements im zentralasiatischen Energiesektor. China ist seit Langem eng in das Energiesystem der Kirgisischen Republik eingebunden. Praktisch kein größeres Energieprojekt in Kirgistan wird ohne die Beteiligung der Volksrepublik durchgeführt. Nach jüngsten Angaben des Finanzministeriums belaufen sich die Gesamtschulden der kirgistanischen Energieunternehmen gegenüber China zum 1. Mai 2022 auf eine Milliarde US-Dollar.

Foto: Gary Todd/Flickr
Foto: Gary Todd/Flickr

Die Entscheidung Chinas, den Bau der Gaspipeline D zwischen Turkmenistan und China, die durch Kirgistan und Tadschikistan verläuft, zu beschleunigen, ist ein wichtiger Schritt zur Ausweitung seines Engagements im zentralasiatischen Energiesektor. China ist seit Langem eng in das Energiesystem der Kirgisischen Republik eingebunden. Praktisch kein größeres Energieprojekt in Kirgistan wird ohne die Beteiligung der Volksrepublik durchgeführt. Nach jüngsten Angaben des Finanzministeriums belaufen sich die Gesamtschulden der kirgistanischen Energieunternehmen gegenüber China zum 1. Mai 2022 auf eine Milliarde US-Dollar.

Trotz der bereits enormen Verpflichtungen gegenüber China bittet Kirgistan sein Nachbarland weiterhin um Geld, um Probleme im Energiesektor zu lösen. Die Zusammenarbeit in diesem Bereich war unter anderem Thema der Gespräche zwischen den Staatschefs Kirgistans und Chinas in Peking, als Präsident Sadyr Dschaparow Anfang Februar 2022 zu einem Arbeitsbesuch in Peking weilte. Damals erklärte die kirgistanische Seite ihre Hoffnung, in den nächsten drei bis vier Jahren Kapitalinvestitionen aus China in den Energiesektor zu ziehen.

Die Vereinbarungen haben bereits erste Früchte getragen. China wird noch in diesem Jahr einen Windpark in Kirgistan bauen. Der Bau wird im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft erfolgen, und die geschätzten Investitionen der chinesischen Seite belaufen sich auf 100 Millionen Dollar.

Kritische Stimmen behaupten jedoch, dass Kirgistan kein einziges Kilowatt aus den mit chinesischer Beteiligung gebauten Stromleitungen und Kraftwerken erhalten wird. Immerhin beabsichtigt China, in Kirgistan gewonnenen Strom zu importieren. Ab Mai 2023 ist die Export-Import Bank of China nach Angaben des Finanzministeriums größter Gläubiger Kirgistans. Die Schulden belaufen sich auf 1,78 Milliarden US-Dollar.

Nach Ansicht des promovierten Wirtschaftswissenschaftlers Kubatbek Rachimow ist China in erster Linie am kirgistanischen Energiesektor interessiert, da dorthin Kreditmittel mit staatlichen Garantien fließen können: „Der Punkt ist, dass der erste Teil des Einstiegs in den Energiesektor einfach die Kreditvergabe mit staatlichen Garantien ist. Tatsächlich hat China hier nur eine Aufgabe: Kredite ohne Auflagen zu vergeben, mit großzügigen Subventionen und Provisionen. Es stellt sich heraus, dass das Geld verteilt wird, die Bank an den Provisionen verdient und chinesische Unternehmen, die der Zentralbank und der Partei nahestehen, als Lieferanten und Auftragnehmer auftreten. Mit anderen Worten, alle verdienen Geld.“

Interesse an Kohle

Nach den jüngsten Statistiken gingen die Gasexporte Kirgistans von Januar bis April 2023 hauptsächlich nach Europa (mit Rumänien als Hauptabnehmer) und Usbekistan. China gehört nicht einmal zu den drei größten Abnehmern, sondern liegt mit 2.400 Tonnen an vierter Stelle.

Das Wachstum der Kohlelieferungen nach China deutet auf eine wachsende Präsenz in diesem Sektor hin. Wie Rachimow feststellt, ist Kohle für China eine sehr wertvolle Ressource, und das Interesse an ihr wird durch die Umweltagenda nicht geschmälert: „Die Kohleverstromung ist für die chinesische Wirtschaft, insbesondere in Xinjiang, äußerst wichtig. Dementsprechend ist Kohle ein wichtiger Rohstoff für die kirgistanisch-chinesischen Beziehungen. Gerade die Förderung bestimmter Arten wertvoller Kohle ist für die chinesische Seite sehr bedeutsam, und was die Braunkohle betrifft, könnten wir das Potenzial der chinesischen Seite optimal nutzen.“

Lest auch auf Novastan: Wie China seinen kulturellen Einfluss in Zentralasien verstärkt

Es ist wichtig zu erwähnen, dass Kirgistan nicht das einzige Land ist, in dem China aktiv in verschiedene Projekte zur Sicherung von Energieressourcen und zur Ausweitung seines Einflusses auf dem globalen Energiemarkt investiert.

China ist an verschiedenen internationalen Kooperationsprojekten im Energiebereich beteiligt und arbeitet mit anderen Ländern und internationalen Organisationen zusammen, um die Energiesicherheit zu erhöhen, saubere Energietechnologien zu fördern und die regionale Energieintegration zu erleichtern. Beispiele hierfür sind die chinesisch-russische Energiekooperation oder die chinesisch-afrikanische Energiepartnerschaft.

Chinesische Investments in ganz Zentralasien und darüber hinaus

Die ehrgeizige „One Belt, One Road“-Initiative umfasst zahlreiche Energieinfrastrukturprojekte in Asien, Europa und Afrika, wie etwa Pipelines, Kraftwerke und Übertragungsleitungen. Diese Initiativen erleichtern den Energiehandel, erhöhen die Energiesicherheit und stärken Chinas Einfluss in den betreffenden Regionen. Dies zeigt, dass Chinas Engagement im Energiesektor von einer klar definierten Strategie getragen wird.

Gleichzeitig ist der Wirtschaftswissenschaftler Iskender Scharschejew der Ansicht, dass die wachsende wirtschaftliche Präsenz Chinas in Zentralasien nicht gefürchtet werden sollte. Seiner Meinung nach kann sie im Gegenteil den Handel und die regionale Entwicklung der Staaten in der Region anregen: „Eine erhöhte Konsum- und Handelsintensität aufgrund der aktiven Beteiligung Chinas könnte potenziell günstige wirtschaftliche Bedingungen in Kirgistan und in der gesamten Region schaffen.“

Lest auch auf Novastan: China in Zentralasien – Factchecking, um mit Mythen aufzuräumen

Es bestehen jedoch weiterhin politische Risiken, vor allem in Bezug auf die Fähigkeit der nationalen Eliten, die Interessen ihrer Länder wirksam zu schützen. „Chinas Ansatz bei der Kreditrückzahlung ist besorgniserregend, da er die souveränen Rechte von Staaten, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen können, nicht anerkennt. Nationale Eliten müssen sorgfältig verhandeln, um nicht in eine Schuldenfalle zu geraten, die zu wirtschaftlicher und politischer Verwundbarkeit führen kann. Um solche Risiken zu mindern, ist es wichtig, wirtschaftliche Parität herzustellen. Die Beteiligung des Privatsektors an gemeinsamen Projekten schafft eine verlässlichere Grundlage für die Zusammenarbeit“, erklärt Scharschejew weiter.

Bei der Analyse der Durchdringung des Energiesektors und des globalen Kontextes können wir Chinas langfristige Strategie und seine konsequenten Bemühungen um eine Vertiefung seines Engagements in der Region beobachten. Da China seine Präsenz weiter ausbaut, ist es für Kirgistan und andere zentralasiatische Länder wichtig, dieses Engagement mit Bedacht anzugehen und für ausgewogene Abkommen und nachhaltige Wirtschaftspartnerschaften zu sorgen, die die eigenen Interessen schützen und von Chinas Integration in den Energiesektor profitieren.

Olga Ruslanova für CABAR

Aus dem Russischen von Michèle Häfliger

Noch mehr Zentralasien findet ihr auf unseren Social Media Kanälen: Schaut mal vorbei bei Twitter, Facebook, Telegram, Linkedin oder Instagram. Für Zentralasien direkt in eurer Mailbox könnt ihr euch auch zu unserem wöchentlichen Newsletter anmelden.

Kommentare

Your comment will be revised by the site if needed.