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Die EU und Zentralasien wollen ihre Zusammenarbeit vertiefen

Das diesjährige Ministertreffen „EU – Zentralasien“ fand am 17. November im Rahmen einer Videokonferenz statt. Die beteiligten Seiten bekräftigten ihren Willen, die Zusammenarbeit zu vertiefen. Wie deren konkrete Ausgestaltung aber aussehen wird, wird in weiten Teilen die Zukunft zeigen.

Das diesjährige Ministertreffen „EU – Zentralasien“ fand am 17. November im Rahmen einer Videokonferenz statt. Die beteiligten Seiten bekräftigten ihren Willen, die Zusammenarbeit zu vertiefen. Wie deren konkrete Ausgestaltung aber aussehen wird, wird in weiten Teilen die Zukunft zeigen.

Am 17. November fand die mittlerweile 16., jährlich stattfindende Ministerkonferenz „EU – Zentralasien“ statt. An dem Treffen, das in diesem Jahr angesichts der Coronavirus-Pandemie als Videokonferenz stattfinden musste, nahmen neben den Außenministern Kasachstans, Kirgistans, Tadschikistans, Turkmenistans und Usbekistans der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell und die Kommissarin für internationale Partnerschaften Jutta Urpilainen als VertreterInnen der Europäischen Union teil.

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Die beteiligten Seiten diskutierten regionale und internationale Fragen, die im gemeinsamen Interesse der EU und der Länder Zentralasiens liegen. Wie aus der im Rahmen des Treffens verabschiedeten gemeinsamen Erklärung hervorgeht, beschlossen sie darüber hinaus die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen wie nachhaltige Energie, Sicherheitspolitik, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu vertiefen.

Finanzielle Hilfe gegen Corona

Einen Schwerpunkt in den diesjährigen Gesprächen bildete allerdings die Coronavirus-Pandemie und ihre Folgen. So wird in der Pressemitteilung der EU hervorgehoben, dass der Hohe Vertreter und die Außenminister über die Möglichkeiten sprachen, „ihre Partnerschaft auf eine Weise voranzutreiben, die dazu beiträgt, die vielfältigen Auswirkungen der Pandemie zu bewältigen“. Aus Sicht der EU bedeutet dies unter anderem, den Staaten Zentralasiens dabei zu helfen zu „widerstandsfähigeren, grüneren und nachhaltigeren Entwicklungsmodellen“ überzugehen – eine Politik, die auch von Deutschland mit seiner Initiative Green Central Asia betrieben wird.

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Doch auch kurzfristige Hilfe wird den zentralasiatischen Staaten zuteil – dies vor allem in finanzieller Form. So hat die EU den Ländern der Region seit dem Ausbruch der Pandemie im Rahmen ihres Solidaritätspakets „Team Europe“ mehr als 134 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. „Diese Mittel wurden bereitgestellt, um den unmittelbaren und längerfristigen Bedarf der zentralasiatischen Länder zu decken, insbesondere die Gesundheits-, Wasser- und Abwassersysteme zu stärken und die sozioökonomischen Auswirkungen der Krise zu bewältigen“, heißt es in der Pressemitteilung.

Wie das tadschikische Nachrichtenportal Asia-Plus berichtet, ist jedoch unklar, wie sich diese Summe auf die einzelnen Länder der Region aufteilt. Das tadschikische Außenministerium macht zwar keine Angaben zum Umfang der von der EU geleisteten Hilfe, doch die EU dürfte mit „Team Europe“ zum wichtigsten Geldgeber avancieren. Zum Vergleich: China, das bisher das mit Abstand großzügigste Geberland, hat Tadschikistan in den ersten zehn Monaten des Jahres humanitäre Hilfe in Höhe von 17,2 Millionen US-Dollar (14,5 Millionen Euro) geleistet.

Die Zentralasienstrategie der EU als Rahmen

Die Prioritäten der neuen, 2019 verabschiedeten Zentralasien-Strategie der EU – hierbei vor allem die Förderung von Widerstandsfähigkeit, Wohlstand und regionaler Zusammenarbeit – stecken auch weiterhin den Rahmen für die Zusammenarbeit ab. So würdigt die EU in der gemeinsamen Erklärung Initiativen zur Förderung einer engeren regionalen Zusammenarbeit, unter anderem in den Bereichen Grenzmanagement und Wasserwirtschaft.

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Im Bereich der Sicherheitspolitik stellte die EU ein neues Kooperationsprojekt zur Strafverfolgung in Zentralasien (LEICA) vor, mit dem eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Terrorismusbekämpfung gefördert werden soll. Insbesondere einer friedlichen Entwicklung in Afghanistan wird eine Schlüsselrolle in Bezug auf Sicherheitsfragen in der Region zugesprochen, weswegen die beteiligten Seiten Möglichkeiten einer engeren Kooperation mit dem südlichen Nachbarn erörterten.

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Um den Wohlstand in der Region zu fördern, setzt die EU vor allem auf wirtschaftliche Modernisierung.  Die Außenminister der EU und Zentralasiens betonen in der gemeinsamen Erklärung, dass Wissenschaft, Technologie und Innovation für die wirtschaftliche Entwicklung der Region von zentraler Bedeutung seien und stellten eine weitere Zusammenarbeit in diesen Bereichen in Aussicht. In der Ausgestaltung scheint der Schwerpunkt hierbei auf „grünen“ Technologien zu liegen. So hebt die bereits zitierte Pressemitteilung der EU hervor, dass „die Minister Zentralasiens ermutigt [wurden], weiter auf die vollständige Umsetzung der Pariser Klimaverpflichtungen und den Übergang der Region zu einer grünen Wirtschaft, einschließlich nachhaltiger Energie, hinzuarbeiten.“

Eine Frage der Ausgestaltung

In Bezug auf die Schwerpunktsetzung auf Sicherheitspolitik, Wirtschaft und Umwelt deckt sich der europäische Ansatz mit der neuen Zentralasienpolitik Russlands, die erst im Oktober 2020 eingeleitet wurde. Und ähnlich wie bei der russischen, aber auch der amerikanischen Zentralasienstrategie stellt sich die Frage, in welchen Bereichen konkrete politische Maßnahmen erfolgen werden, die über bloße Absichtserklärungen hinausgehen.

Insbesondere bei Themen wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Gleichstellung der Geschlechter oder Menschenrechte, die die EU ihrerseits als „Schlüsselelement für die Zusammenarbeit der EU mit ihren Partnern auf der ganzen Welt“ hervorhebt, bleibt die gemeinsame Erklärung der EU und der zentralasiatischen Außenminister in der Regel vage und im Bereich von Willensbekundungen. So wurde auf dem Treffen eine Initiative gegen Gewalt gegen Frauen beschlossen, ohne jedoch diesbezüglich konkreter zu werden. Im Bereich der regionalen Kooperation und der wirtschaftlichen Entwicklung kann hingegen bereits auf verschiedene Erfolge zurückgeblickt werden. Auch darf davon ausgegangen werden, dass die EU weiterhin ein wichtiger Investor in die Region sein wird.

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Vor der nächsten, bereits 17. Ministerkonferenz „EU-Zentralasien“, die im Herbst nächsten Jahres in Duschanbe stattfinden wird, werden die beteiligten Seiten noch verschiedene Gelegenheiten haben, die Ausgestaltung der Zusammenarbeit zu diskutieren und zu konkretisieren. So zählt zu den Ergebnissen des Treffens, dass 2021 in Bischkek das erste „Wirtschaftsforum EU – Zentralasien“ stattfinden soll. Usbekistan plant indes ein Tourismusforum und eine Ministerkonferenz zu Konnektivität und nachhaltiger Entwicklung auszurichten.

Robin Roth, Chefredakteur von Novastan

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