Duschanbe ersetzt seit einigen Jahren systematisch seine sowjetischen Gebäude durch modernere Bauten. Zuletzt sorgte der Abriss des Fernsehgebäudes für Empörung.
Das Gebäude des tadschikischen Fernsehens wird abgerissen. Über sein Schicksal kursierten bereits Gerüchte, die Redaktion war in neue Räumlichkeiten umgezogen. Doch die Behörden hatten bis zuletzt nicht auf Nachfragen des tadschikischen Nachrichtenportals Asia-Plus reagiert. Erst kurz bevor die in der Stadt bekannten, grünen Bauzäune rund um das Gebäude auftauchten und die Arbeiter sich ans Werk machten, wurde der Abriss auf offizieller Ebene bestätigt.
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Als vereinsgetragene, unabhängige Plattform lebt Novastan vom Enthusiasmus seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen – und von eurer Unterstützung!„So passiert es oft. Zuerst sind es nur Gerüchte, dann beginnt die Zerstörung. Wir erleben eine Art Trümmerhaufen, in dem ein korrupter Staat im Verborgenen zerstört, ohne der Gesellschaft Zeit zu geben, sich zu organisieren“, erklärt Paul Wolkenstein, ein auf sowjetische Bauten in Zentralasien und im Kaukasus spezialisierter Architekt, gegenüber Novastan.
Ein Fresko wird erhalten
Das 1933 erbaute Fernsehgebäude wirkte eher schlicht. Allerdings hatte es, wie auch die anderen in den letzten Jahren zerstörten sowjetischen Gebäude im Stadtzentrum, eine historische Bedeutung und auch einen symbolischen Wert.
Das Gebäude war zunächst ein Kino, danach befanden sich darin die an zahlreichen Produktionen beteiligten Studios von Sojusdetfilm und Tadschikfilm. Schließlich beherbergte es die Philharmonie, bevor er 2005 seine letzte Funktion bekam.
Bedenken wurden insbesondere hinsichtlich eines sowjetischen Mosaiks geäußert, das ohnehin schon in schlechten Zustand ist. Es ist nach der traditionellen Musik Schaschmaqom benannt und zeigt tadschikische Musiker. Asia-Plus berichtete , dass der Bauunternehmer zugestimmt habe, es in das neue Gebäude zu integrieren – eine Chance, die die unzähligen Mosaike, die nach und nach in der ganzen Stadt verschwanden, nicht hatten.
Eines der ältesten Gebäude der Stadt
Duschanbe – einst ein Dorf, von dem es keine Spuren mehr gibt – wurde zur Hauptstadt des sowjetischen Tadschikistans ausgebaut. Somit stellt das Erbe der 1930er Jahre den ältesten Teil der Stadt dar. Das älteste Gebäude der Stadt sei im konstruktivistischen Stil gehalten und nur ein Jahr älter als das Fernsehgebäude, erklärt Gafur Schermatow.
Als Stadthistoriker gehört er zu den wenigen Persönlichkeiten, die sich öffentlich für den Erhalt der sowjetischen Architektur Duschanbes einsetzen. Gegenüber Asia-Plus erklärt er, dass „wir uns durch die Zerstörung solcher Gebäude unserer architektonischen Geschichte berauben und unseren Nachkommen oder denen, die Duschanbe besuchen, nichts mehr zeigen können.“
Paul Wolkenstein fügt hinzu: „Ein Gebäude ist nicht wertlos und muss entfernt werden, weil es auf Befehl Stalins oder einer für seine Unterdrückung bekannten Persönlichkeit errichtet wurde. Da sind immer noch Leute, Künstler, die dort gearbeitet haben. Die Architekten, deren Werke zerstört werden, sind oft noch am Leben, sie werden nicht konsultiert.“
Dubai als Modell
Sie werden durch modernere Konstruktionen ersetzt. Anstelle des Fernsehgebäudes wird zum Beispiel ein modernes Geschäftszentrum mit Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach entstehen. Das Projekt wird an den Bauzäunen dargestellt.
Die Neubauten, vor allem türkische und chinesische, verdrängten den bis dahin vorherrschenden Baustil des klassischen Leningrad. Neue Stile erschienen. Paul Wolkenstein spricht von „orientalischem Neostalinismus und Dubaiisierung“, während die Kunsthistorikerin Larisa Dodhudojewa eine „Verherrlichung des Stadtraums“ beobachtet.
Die Beurteilung dieser Erneuerung bleibt jedem selbst überlassen: Die einen verteidigen die sowjetischen Bauten, die anderen freuen sich über die Veränderungen. Einige bestimmte Bedenken sind jedoch fast einhellig.
Ein dringender Anpassungsbedarf
Die Veränderungen haben zunächst gesellschaftliche Auswirkungen, da sie mit immer wiederkehrenden und teils abrupten Ausweisungen einhergehen, berichtet Radio Ozodi, der tadschikische Dienst von Radio Free Europe. Anschließend beunruhigen die Neubauten die Bevölkerung. Sie zweifelt an der Qualität, insbesondere an ihrer Fähigkeit, den starken Erdbeben standzuhalten, die die Region ständig erschüttern. Regelmäßig finden Qualitätskontrollen statt, die jedoch nicht ausreichen, um die Anwohner:innen zu überzeugen.
Schließlich bergen diese Entwicklungen auch gesundheitliche Risiken. Wie Asia-Plus berichtet, verschwinden Bäume und schattige Innenhöfe mit dem sowjetischen Erscheinungsbild der Stadt.
Während die Region zunehmend vom Klimawandel und steigenden Sommertemperaturen betroffen ist, scheint sich Duschanbe in die entgegengesetzte Richtung einer immer dringlicher werdenden Anpassung zu bewegen. Die Zahl der Sandstürme hat sich laut Asia-Plus verzehnfacht. Immer höhere Neubauten fangen diese Verschmutzung zwar ein, allerdings sorgen ständige Baustellen, Autoverkehr und Industrie in der Nähe der Stadt weiter für deren Anstieg.
Das Teehaus Rohat als nächstes auf der Liste?
In der Zwischenzeit haben die Einwohner:innen der Stadt jene Gebäude im Blick, die als nächstes auf der Liste der Zerstörungen stehen: Das legendäre Teehaus Rohat könnte als nächstes an die Reihe zu kommen.
Gerüchte über seine Zerstörung sind laut Asia-Plus im vergangenen Jahr mehrfach dementiert worden. Doch es scheint zwischen zwei Epochen gefangen zu sein, flankiert auf der einen Seite vom neoklassizistischen Lohuti-Theater, das eine Gnadenfrist erhalten hat (es wurde neu gestrichen), und auf der anderen Seite von der riesigen Baustelle eines neuen offiziellen Gebäudes.
Geschichte unsichtbar machen
Die Vielzahl bemerkenswerter sowjetischer Bauten, die bereits seit Jahren das gleiche Schicksal erleiden, erweckt den Eindruck, dass der (der Öffentlichkeit unbekannte) Stadtplan darauf abzielt, die Geschichte auszulöschen und die Nostalgie einer vergangenen Ära zu bekämpfen.
Auf diese Weise wurde das Majakowski-Theater zerstört – ein Ort, der die kulturelle und politische Geschichte des Landes geprägt hat und an dem die Gründung der Tadschikischen Sozialistischen Sowjetrepublik unterzeichnet wurde. Oder das Hauptpostamt, ein beliebter Treffpunkt während der Sowjetzeit, an dem der Bürgerkrieg begann.
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„Es geht nicht um die Sowjetära, sondern um wichtige Orte, egal, was sich darauf befindet. Die Hauptachsen verändern sich. Es geht darum, einen Bruch zu markieren: Die Rahmon-Ära (Emomali Rahmon ist seit 1992 Präsident Tadschikistans, Anm. d. Red.) muss sich von der Sowjetzeit unterscheiden“, erklärt Paul Wolkenstein.
Zumal der Bürgermeister von Duschanbe Rustam Emomali Sohn des Präsidenten und dessen designierter Nachfolger ist. Wie das Carnegie Center erinnert, wurde er aufgrund seines vorsichtigen öffentlichen Auftretens lange Zeit als „der große Stumme“ bezeichnet. Doch in den letzten Monaten war er in den tadschikischen Medien konstant präsent. Emomali wird dabei oft mit den Entwicklungen in Duschanbe in Verbindung gebracht: Er erscheint als anspruchsvoller Schöpfer, der sich um das neue Gesicht der Hauptstadt sorgt.
Judith Robert für Novastan
Aus dem Französischen von Robin Roth
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