Der alte Präsident wird der neue sein. Aus der Präsidentschaftswahl in Usbekistan ist Amtsinhaber Shavkat Mirziyoyev als klarer Sieger hervorgegangen. Vertreter:innen der außerparlamentarischen Opposition waren jedoch nicht zur Wahl zugelassen worden.
Usbekistan hat gewählt. Am 24. Oktober waren die Einwohner:innen des bevölkerungsgreichsten Landes Zentralasiens aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Wie die usbekische Onlinezeitung Gazeta.uz nach Bekanntgabe der vorläufigen Wahlergebnisse am 25. Oktober berichtete, ist Amtsinhaber Shavkat Mirziyoyev mit 80,1 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden.
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Auf den weiteren Plätzen folgen Maksuda Varisova von der Demokratischen Volkspartei (mit 6,6 Prozent der Stimmen), Alisher Qodirov von der Partei Milliy Tiklanish (5,5 Prozent), Narzulla Oblomuradov von der Ökologischen Partei (4,1 Prozent) und Bahrom Abduhalimov von der Sozialdemokratischen Partei Adolat (3,4 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag bei 80,4 Prozent.
Für Mirziyoyev wird es die zweite Amtszeit als usbekischer Präsident werden. Nach dem unerwarteten Tod von Langzeitpräsident Islom Karimov war er im Dezember 2016 mit 88,6 Prozent der Stimmen zu dessen Nachfolger gewählt worden. Während seiner Amtszeit leitete Mirziyoyev zahlreiche Reformen ein. Unter anderem suchte er den Ausgleich mit den Nachbarstaaten und öffnete das Land sowohl wirtschaftlich als auch für ausländische Tourist:innen.
Kritik der OSZE
Laut der Wahlbeobachtungsmission der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) habe die Abhaltung der Wahl internationalen Standards entsprochen. Dies erklärte Farit Muchametschin, Mitglied des russischen Föderationsrats, im Namen der Mission. „Die Programme, die die Präsidentschaftskandidaten vorlegen, entsprechen im Allgemeinen dem, was das usbekische Volk erwartet. Viele Probleme im Zusammenhang mit sozialen Fragen und der wirtschaftlichen Entwicklung werden angesprochen“, fügte Muchametschin laut Gazeta.uz hinzu.
Die Wahlbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilt diese positive Auffassung jedoch nicht. Wie das auf Zentralasien spezialisierte, russischsprachige Nachrichtenportal Fergana berichtet, sprach Reinhold Lopatka, Leiter der OSZE-Beobachtungsmission, im Rahmen einer Pressekonferenz von „schweren Verfahrensfehlern“. Unter anderem bemängelte er mehrfache Stimmabgaben einzelner Personen.
Dennoch sieht Lopatka Usbekistan auf dem richtigen Weg. „Unsere Beobachtungen zeigen, dass in Usbekistan wichtige Reformen durchgeführt wurden, aber auch, dass die Demokratie ein langer und schwieriger Prozess ist. Usbekistan muss sich weiter in diese Richtung bewegen. Diese Wahlen haben gezeigt, dass die demokratischen Reformen der letzten Jahre fortgesetzt werden müssen, um das bereits Erreichte zu konsolidieren“, erklärte der österreichische Politiker.
Darüber hinaus bemängelt die OSZE, dass den Kandidierenden die Möglichkeit genommen worden sei, das Staatsoberhaupt zu kritisieren. „In Österreich gibt es viel mehr Rivalität zwischen den Kandidaten. Selbst wenn Sie der gewählte Präsident sind, können andere Kandidaten Sie während des Wahlkampfs sehr kritisch sehen. Das ist ein großer Unterschied zwischen meinem Land und Usbekistan“, erläuterte Lopatka gegenüber usbekischen Medien.
Wahl ohne Opposition
Der Wahlkampf war drei Monate vor der Wahl, am 23. Juli, mit der Festlegung des Wahltermins offiziell eröffnet worden [fr/ru]. Da laut usbekischem Wahlgesetz nur registrierte Parteien Bewerber:innen für das Präsidialamt benennen dürfen, stand relativ schnell fest, dass sich die Anzahl der Kandidierenden auf fünf belaufen wird. Alle ‚alternativen Kandidierenden‘ waren somit Vertreter:innen der im Parlament vertretenden Parteien, welche eher eine Scheinopposition darstellen, anstatt Regierung und Präsident ernsthaft zu kritisieren.
Insofern scheinen auch ihre Kandidaturen für das Präsidialamt in erster Linie dafür zu dienen, die Wahl zu legitimieren. Allerdings konstatieren unabhängige Beobachter:innen auch, dass Präsident Mirziyoyev sich hoher Beliebtheit im Volk erfreut. „Der scheidende Präsident ist dank seiner Wirtschaftsreformen und seiner freiwilligen Propaganda in der Bevölkerung immens beliebt“, erklärte der usbekische Politologe Farxod Tolipov im September gegenüber Novastan [fr].
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Kandidierende, die in tatsächlicher Opposition zur Taschkenter Führung stehen, waren gar nicht erst zur Wahl zugelassen worden. So hatte die Partei Erk noch im April erklärt, dass sie an der Präsidentschaftswahl teilnehmen wolle. Doch sowohl Erk als auch der neuen Partei „Hakikat va Tarakkiyot“ (dt.: Gerechtigkeit und Entwicklung) wurde eine Registrierung ihrer Kandidaten vom Justizministerium verweigert.
Tatsachen wie diese zeigen, dass Usbekistan trotz aller Reformen und Fortschritte noch weit davon entfernt ist, eine vollständige Demokratie zu sein. Inwieweit Shavkat Mirziyoyev bereit sein wird, das Land weiter zu liberalisieren, wird er noch unter Beweis stellen müssen. Dafür hat er nun weitere fünf Jahre Zeit.
Robin Roth, Chefredakteur von Novastan
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