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Wie die Architektin Saikal Dschunuschowa ökoeffiziente Häuser in Kirgistan baut

Die Architektin Saikal Dschunuschowa setzt sich in Kirgistan für ökoeffizienten Bau ein. Nach zwölf Jahren Ausbildung und Arbeit in der Schweiz baut sie derzeit ein Energieneutrales Haus für ihre Eltern. Folgender Artikel erschien im russischen Original am 16. September im Rahmen des Projektes „Junge Frauen in der Wissenschaft“ des „Zentrums für Kinderschutz“ und UNICEF bei der kirgisischen Onlinezeitung Kloop.kg.   

Kloop 

Bischkek Kirgistan
Wohnhäuser in Bischkek, Kirgistan

Die Architektin Saikal Dschunuschowa setzt sich in Kirgistan für ökoeffizienten Bau ein. Nach zwölf Jahren Ausbildung und Arbeit in der Schweiz baut sie derzeit ein Energieneutrales Haus für ihre Eltern. Folgender Artikel erschien im russischen Original am 16. September im Rahmen des Projektes „Junge Frauen in der Wissenschaft“ des „Zentrums für Kinderschutz“ und UNICEF bei der kirgisischen Onlinezeitung Kloop.kg.   

Mit dem Ende des Sommers beginnt in Bischkek bald die kalte Jahreszeit und damit auch die Heizperiode. Schon kurz vor dem Winter wird die Hauptstadt in Smog gehüllt sein und grauer Dunst wird aus den Schornsteinen der Wohnhäuser aufsteigen. Saikal Dschunuschowa ist Architektin und baut seit sechs Monaten ein ökoeffizientes Haus für ihre Familie. Saikal geht in einem weißen Kleid und Ballerinas um das zweistöckige Gebäude herum und zeigt stolz die Konstruktionsdetails. Dieses Haus hat keine Batterien oder einen Heizkessel – es wird von der Sonne beheizt.

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Ein energieeffizientes Haus ist ein Haus, das keine Ressourcen verbraucht. Das gilt besonders für den Betrieb des Hauses, also die Energie, die zum Heizen und Kühlen verbraucht wird“, sagt Saikal. „Es gibt hier keine Standard-Wandheizungen, keine Heizkörper. Die ursprüngliche Idee war, dieses Haus nur mit Solarwärme zu heizen.“

Inspiration aus der Schweiz

Im Haus hat Saikal alles getan, um die Sonne optimal zu nutzen – auf allen drei Etagen gibt es Panoramafenster auf der Südseite. Wenn die Sonne im Winter tief steht, dringt sie vollständig in das Haus ein. Im Sommer wird die Sonne hoch stehen – dank des angepassten Winkels des Vordachs und der weißen Balkone wird sich das Haus nicht aufheizen. https://www.youtube.com/watch?v=mt1zSL7FpXE&t=17s Auf dem Dach befinden sich drei Sonnenkollektoren, die das Wasser erhitzen und die Fußböden im Haus erwärmen. Die Idee, ein solches Haus zu bauen, kam Saikal in der Schweiz, wo sie 12 Jahre lang studiert und gearbeitet hat. Nach Angaben der Architektin nutzt das Land häufig die Sonne zur Beheizung von Wohnhäusern, was umweltfreundlicher und wirtschaftlicher ist.

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Saikal ist jedoch in Sachen Nachhaltigkeit noch einen Schritt weiter gegangen und hat ein System zur Wiederverwertung von Lebensmittelabfällen im Haus installiert. So kann ihre Familie aus Kartoffelschalen oder Wassermelonenschalen Kompost herstellen. Der Traum, Häuser zu entwerfen, kam Saikal, als sie als Kind im Dorf Winogradnoje lebte, circa 40 Kilometer nördlich von Bischkek. Wie sich die Architektin erinnert, war es in ihrem kleinen Haus immer sehr kalt und ungemütlich – selbst im Sommer musste sie sich warm anziehen. „Wohnungsprobleme haben mich schon immer interessiert. Ich habe mich gefragt, was man tun kann, um solche Probleme zu vermeiden. Mein Vater war auch Architekt, aber er starb früh. Und all seine Zeitschriften, die Literatur, die ich später entdeckte, haben mich inspiriert. Ich konnte auch gut zeichnen; es war klar, dass ich Architektin oder Designerin werden würde“, sagt Saikal.

Entgegen Genderstereotypen

Saikal ging 2009 zum Studium in die Schweiz, eröffnete dort das Architekturbüro Oekofacta und baute private und gewerbliche Gebäude. In Kirgistan gibt sie Kurse für zukünftige Architekt:innen und spricht mit ihnen über nachhaltiges und bewusstes Bauen. Trotz aller Erfahrung ist Saikal mit Stereotypen über ihre Rolle in diesem Beruf konfrontiert. Ihr zufolge muss sie auf der Baustelle oft ihre Professionalität unter Beweis stellen und sich auch mit sogenanntem Mansplaining auseinandersetzen. Aufgrund von Stereotypen und geschlechtsspezifischer Ungleichheit entscheiden sich Frauen in Kirgistan seltener für technische Berufszweige – im Jahr 2020 waren 79 Prozent Männer unter den Architekturstudent:innen. Als Ergebnis wird das Berufsfeld überwiegend von Männern besetzt.

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Am Anfang musst Du erklären, dass Du nicht nur eine Frau bist, sondern eine Expertin, dass Du die Leiterin dieses Projekts bist und alles aus einem bestimmten Grund tust. Und dass Du nicht nur kommst, um zuzuschauen, sondern um bestimmte Details zu besprechen. Das gilt für die Anfangszeit eines Projekts, und wenn sie deine starken Argumente und deine Stärken sehen, können sie nicht mehr auf dich verzichten“, erläutert Saikal.

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Die Architektin ist der Ansicht, dass man mit energieeffizienten Häusern einen erheblichen Beitrag zur Lösung der Luftprobleme in Kirgistan leisten kann. Saikal will sich nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Kirgistan für den Bau umweltfreundlicherer Gebäude einsetzen. „Die Umwelt in Kirgistan [verschlechtert sich]. Jedes Jahr verliert Bischkek Grünflächen, verliert Bäume. […] Da wir in Kirgistan sehr viel Sonne haben, haben wir selbst im Winter, wenn es kalt ist und Schnee liegt, immer Sonne. Und hier ist diese Idee… Warum nutzen wir unseren Vorteil nicht aus?“, schlussfolgert Saikal.

Aizirek Imanalijewa Kloop.kg

Aus dem Russischen von Florian Coppenrath

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