Sieben weitere Przewalski-Pferde sind im Altyn-Dala-Reservat in Kasachstan angekommen. Ziel der Wiederansiedlung ist es, die gefährdete Art in ihren natürlichen Lebensraum zurückzubringen und zum Schutz der kasachstanischen Steppe beizutragen.
Am 3. Juni sind im Rahmen eines internationalen Wiederansiedlungsprojekts sieben Przewalski-Pferde nach Kasachstan gebracht worden. An dem 2024 gestarteten Programm arbeiten das Kasachstanische Komitee für Forstwirtschaft und Wildtiere, der Prager Zoo, die Kasachstanische Vereinigung zur Erhaltung der Biodiversität (ACBK), die Zoologische Gesellschaft Frankfurt, der Nürnberger Zoo, Zoo und Tierpark Berlin sowie der Hortobágy-Nationalpark in Ungarn. Ziel ist es, die Art in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet wieder anzusiedeln.
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Als vereinsgetragene, unabhängige Plattform lebt Novastan vom Enthusiasmus seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen – und von eurer Unterstützung!Drei Pferde wurden mit Militärflugzeugen aus dem Prager Zoo und vier aus dem Hortobágy-Nationalpark eingeflogen und in das 489.000 Hektar große Naturschutzgebiet Altyn Dala im Süden des Gebiets Qostanaı gebracht.
Wiedereinführung einer einheimischen Art
Das Przewalski-Pferd, in Kasachstan unter den Namen „Kertkulan“ oder „Kertagy“ bekannt, wurde 2024 mit einer ersten Gruppe von sieben Tieren wieder angesiedelt. Wie in dieser ersten Phase werden die Neuankömmlinge etwa ein Jahr in einem naturnahen Gehege der Altyn Dala Conservation Initiative verbringen, um sich zu akklimatisieren. Dieses in der Mongolei bewährte Modell der schrittweisen Freilassung ermöglicht eine strenge Überwachung ihres Gesundheitszustands. Nach der Freilassung werden GPS-Halsbänder ihre Bewegungen und ihren Gesundheitszustand verfolgen.
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Der Transport der Tiere bleibt jedoch eine logistische Herausforderung und erfordert sorgfältige Koordination, um ihr Wohlergehen während der gesamten Reise zu gewährleisten. „Der Transport ist derzeit durch die Flugzeugkapazität begrenzt. Er wird von der tschechischen Armee durchgeführt, deren Flugzeuge jeweils bis zu vier Transportkisten aufnehmen können. In den kommenden Jahren könnte ein größeres Flugzeug verfügbar werden, das 16 bis 20 Pferde transportieren kann. Dies würde die Umsetzung des Programms natürlich beschleunigen“, erklärte Daniıar Turganbaev, Vorsitzender des Kasachstanischen Komitees für Forstwirtschaft und Wildtiere.
Wissenschaftliche und genetische Selektion
Laut The Astana Times plant Kasachstan, bis 2029 zwischen 40 und 45 Przewalski-Pferde zu halten. Diese Zahl wird als ausreichend erachtet, um die genetische Lebensfähigkeit einer sich selbst erhaltenden Population zu gewährleisten.
Jedes Tier wird anhand präziser genetischer und physiologischer Kriterien ausgewählt, um somit langfristig eine gesunde Gruppe zu gewährleisten. Die Expert:innen berücksichtigen dabei die genetische Vielfalt, das Alters- und Geschlechterverhältnis sowie die Anpassungsfähigkeit der Tiere an natürliche Bedingungen.
Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts
Die Wiedereinführung der Przewalski-Pferde spielt eine Schlüsselrolle bei der Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts der Steppen Kasachstans. Durch die Interaktion mit ihrer Umwelt tragen sie zur Landschaftspflege bei – insbesondere durch Beweidung, die ein Überwuchern verhindert. Indem sie Mikrohabitate für andere Arten schaffen, leisten sie einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Ihre Bewegungen und ihr Kot tragen zudem zur Bodenerneuerung bei und fördern die Nährstoffregeneration.
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„Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verschwanden viele Weidetiere, was zu einer Zunahme der Biomasse und großflächigen Waldbränden führte. Wildtiere wie Pferde sind für die Erhaltung gesunder Steppenökosysteme unerlässlich“, sagte Vera Voronova, Geschäftsführerin des ACBK, gegenüber The Astana Times.
Neben seinem ökologischen Nutzen trägt dieses Projekt auch zur Identitätsbildung bei. Als Symbol der Steppe verkörpert das Przewalski-Pferd eine Verbindung zwischen Naturerbe und kollektivem Gedächtnis. Seine Wiedereinführung könnte neue Möglichkeiten für den Ökotourismus in der Region eröffnen.
Die letzte Wildpferdart der Welt
Das Przewalski-Pferd wurde 1879 vom russischen Forscher Nikolai Przewalski in der Mongolei entdeckt. Sein Verbreitungsgebiet reichte bis nach China und Kasachstan. Es gilt als das letzte Wildpferd der Welt. Konkurrenz durch einheimische Arten und Jagd führten bis 1969 zu seinem Verschwinden aus der Wildnis.
Im Jahr 2008 wurde die Art von der Weltnaturschutzunion (IUCN) als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft, 2011 dann als „stark gefährdet“. Diese Verbesserung ist ein Beleg für die Wirksamkeit der Schutz- und Wiederansiedlungsprogramme, die dazu beigetragen haben, die weltweite Population wieder wachsen zu lassen. Derzeit gibt es über 1.500 Exemplare, die in Zoos und Naturschutzgebieten leben.
Flora Le Lièvre für Novastan
Aus dem Französischen von Robin Roth
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Kasachstan: Die Rückkehr des Przewalski-Pferdes