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In Kirgistan soll eine neue „Ökostadt“ gebaut werden

In Kirgistan soll am Yssykkölsee eine neue „intelligente Stadt“ entstehen, um die touristische Entwicklung voranzutreiben. Doch dieses große und teure Bauprojekt stößt auf große Herausforderungen, und ist bei weitem nicht unumstritten.

Yssykkölsee Kirgistan
Der Bau der Stadt Asman ist am Nordufer des Yssykkölsees geplant (Bild: Kober / Wikicommons)

In Kirgistan soll am Yssykkölsee eine neue „intelligente Stadt“ entstehen, um die touristische Entwicklung voranzutreiben. Doch dieses große und teure Bauprojekt stößt auf große Herausforderungen, und ist bei weitem nicht unumstritten.

Am 30. Juni wurde der Grundstein für die futuristische Stadt „Asman“ (kirgisisch für Himmel) gelegt und somit ein Bauprojekt eingeleitet, das in Kirgistan schon lange für Gesprächsstoff sorgt. Die zukünftige Stadt liegt an der Nordküste des Yssykkölsees, etwa 20 km östlich von der Stadt Balyktschy. Den Behörden zufolge soll sie innerhalb eines Jahrzehnts gebaut werden und die Baukosten – geschätzt knapp 18 Milliarden Euro – von privaten Investoren übernommen werden.

Das Konzept für „Asman“ wurde erstmals im Juli 2021 vorgestellt: eine futuristisch anmutenden „Ökostadt“ oder auch „intelligenten Stadt“ in einem Land, das unter der globalen Erwärmung und der Umweltverschmutzung besonders stark leidet. „Bei der Planung, der Entwicklung und dem Nachdenken über jedes Detail der Infrastruktur werden wir sorgfältig auf die Einhaltung von Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsstandards achten“, zitiert das kirgisische Medium Vesti.kg den Staatspräsidenten Sadyr Dschaparow bei der Grundsteinlegung. „Wir werden die weltweit besten Praktiken in den Bereichen Wasserressourcenmanagement, Abfallentsorgung und Heizsysteme übernehmen“.

Die Stadt soll eine Fläche von über 4 000 Hektar einnehmen, den Tourismus fördern, und als neues Finanzzentrum die Hauptstadt Bischkek entlasten. Zuvor müssen sich die für den Bau verantwortlichen kirgisischen Behörden jedoch großen Herausforderungen stellen.

Den Tourismus und die Wirtschaft fördern

In seiner Rede merkte Dschaparow weiter an, dass der Bau einer innovativen Stadt am Ufer des Yssykkölsees Kirgistan zu einem Wirtschafts- und Tourismuszentrum machen werde. „Wenn diese Stadt voll ausgelastet ist und Kumtör die Wirtschaft unseres Landes als Ganzes antreibt, dann wird diese Stadt in Zukunft ebenso eine wirtschaftliche Lokomotive für unseren Staat sein„, zitiert ihn das kirgisische Nachrichtenportal Economist.kg.

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Kumtör, die größte Goldmine des Landes, befindet sich in der Nähe des gegenüberliegenden Seeufers. Ihre umstrittenen Nationalisierung im April 2022 war ein besonderes politisches Anliegen des 2020 an die Macht gelangten Präsidenten, welcher selbst aus der Region Yssykköl stammt.

Die Stadt soll laut dem zentralasiatischen Medium Cabar zwischen 500.000 und 700.000 Einwohner bekommen und über eine Infrastruktur für Unternehmen, Gesundheits- und Geschäftszentren, Stadien, High-Tech-Parks sowie Finanz- und Kreditinstitute verfügen. Eine wahre Metropole an den Ufern des Yssykkölsees, die aus der Luft betrachtet dem nationalen Musikinstrument, dem Komuz, ähneln wird.   

Aufs grüne Setzen

Laut dem Präsidenten soll die gesamte städtische Infrastruktur in Asman mithilfe modernster Technologien entwickelt werden, um die negativen Auswirkungen auf die Umwelt durch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen und die Schaffung von Grünflächen zu minimieren. So soll etwa ein ausgewogenes System der Abfallwirtschaft eingeführt werden.

Die Produktionsinfrastruktur soll auf High-Tech-Entwicklungen mit extensiver Nutzung alternativer Energiequellen, optimalem Ressourcenverbrauch, umweltfreundlichen Verkehrsmitteln sowie der Einhaltung der Prinzipien einer grünen Wirtschaft basieren.

Misstrauen und Bedenken

Auch wenn das futuristische Projekt auf dem Papier verlockend klingt, sind viele Beobachter skeptisch. Die analytische Zeitschrift Cabar stellt fest, dass seit der Unabhängigkeit der Kirgisischen Republik keine groß angelegte Anlage gebaut wurde.

Tatasächlich entsprechen die 20 Milliarden US-Dollar, die für den Bau der Stadt benötigt werden, dem 14-fachen des jährlichen Volumens aller Anlageinvestitionen in der Republik. Es ist auch 4,5-mal mehr, als Kirgistan in den 26 Jahren der Entwicklung der Kumtör-Goldmine an Investitionen aus Kanada, dem Heimatland ihres vorherigen Betreibers Centerra Gold, erhalten hat.

Schließlich ist auch der Zeitplan sehr vage gehalten. Auf dem Instagram-Account dieser „Ökostadt“ ist seit dem Frühjahr 2022 nichts Neues mehr veröffentlicht worden. Nur einige Posts kündigen den „baldigen“ Bau der Stadt an.

Wer wird’s bezahlen?

Die Finanzierung dieses gigantischen Projekts wirft zahlreiche Fragen auf. 24.kg berichtete, dass 2021 eine erste Ankündigung gegenüber Journalisten gemacht wurde, dass ein französisches Unternehmen der Hauptinvestor von Asman sein würde, ohne dass diese Erklärung weiterverfolgt wurde. Auch der Abgeordnete Ravchan Sabirow hatte Journalisten gegenüber erklärt, dass der Bau im März 2022 beginnen würde, ohne dass ein Stein gesetzt worden wäre.

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Ruslan Akmatalijew, Autor des Projekts, sagte in einem Interview mit Economist.kg, dass das koreanische Unternehmen Promise Land der erste Investor sein würde, der mit dem Bau von Anlagen in Asman beginnt. „Wir haben bereits einen Vertrag über mehr als eine Milliarde US-Dollar (890 Millionen Euro) unterzeichnet und sie sind bereit, bis zu 10 Milliarden US-Dollar zu investieren,“ erklärte er.

Cabar stellt fest, dass von keinen weiteren interessierten Geschäftsleuten die Rede ist. Auch ist unklar, wie Investitionen in den Stadtbau anders als durch spätere Immobiliengeschäfte rentabilisiert werden können, so Economist.kg. Die Tatsache, dass die Projektleiter des Bauprojekts in den letzten zwei Jahren mehrmals ausgetauscht wurden, stellt keine Stabilität für den reibungslosen Ablauf dar. So könnte die „Ökostadt“ Asman lange noch ein Traumschloss bleiben.  

Emma Collet
Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Florian Coppenrath

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