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Dürre in Turkmenistan

Turkmenistan ist von einer noch stärkeren Dürre bedroht als 2018, als extremer Wassermangel im Süden, Osten und Norden des Landes zu erheblichen Verlusten bei der Reis- und Weizenernte führte. Dieser Mangel dürfte auch die Nachbarländer Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan betreffen, da die Region vollständig vom Wasser der Flüsse Amudarja und Syrdarja abhängig ist.

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Turkmenistan ist von einer noch stärkeren Dürre bedroht als 2018, als extremer Wassermangel im Süden, Osten und Norden des Landes zu erheblichen Verlusten bei der Reis- und Weizenernte führte. Dieser Mangel dürfte auch die Nachbarländer Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan betreffen, da die Region vollständig vom Wasser der Flüsse Amudarja und Syrdarja abhängig ist.

Im April ist in Turkmenistan weit weniger Regen als üblich gefallen, während die Temperaturen im Land hoch blieben und bis zu 40 ° C erreichten – insbesondere in der Hauptstadt Aschgabat. Regenfälle und Gewitter, die Anfang Mai einsetzten, haben sich als unzureichend erwiesen, zumal in den kommenden Wochen wieder hohe Temperaturen erwartet werden. Dies berichtet Chronika Turkmenistana, ein unabhängiges Nachrichtenportal mit Sitz in Wien.

„In einigen Regionen des Landes waren seit Ende 2020 Anzeichen einer Dürre zu beobachten. Bereits im Januar und Februar dieses Jahres konnte man sicher sein, dass eine Dürre kommen werde“, schreibt Meteojournal, eine auf das Wetter in der Region spezialisierte russische Webseite. Aufgrund der geringen Niederschläge im Winter und Frühling sammelte sich im Pamir nicht genügend Schnee. Infolgedessen macht der Wasserstand im Amudarja nur 60 Prozent des Vorjahreswerts aus. Es ist laut Meteojournal auch das erste Mal seit elf Jahren, dass der Aralsee nicht mehr vom Amudarja erreicht wird.

Turkmenistans Präsident ist alarmiert

Darüber hinaus ist laut Chronika Turkmenistana der Wassermangel in den Stauseen des Landes bereits zu spüren. Der Tuyamuyun-Hydrokomplex am Unterlauf des Amudarja soll die Regionen Xorazm und Karakalpakistan in Usbekistan, aber auch Daşoguz in Turkmenistan und Teile Kasachstans mit Wasser versorgen. Im Mai erreichte der Wasserstand jedoch ein kritisches Niveau. Das Wasser kann nicht mehr für Bewässerungszwecke verwendet werden, da der Pegel bereits unter dem Abfluss des Dammes liegt.

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Laut Meteojournal weist der größte Stausee des Landes, das Hanhowuz-Reservoir, ebenfalls einen Rückgang der Reserven auf: Anfang Mai betrug seine Fläche etwa 150 bis 155 Quadratkilometer, was 70 Prozent seiner Fläche im Vorjahr entspricht.

Turkmenistans Präsident Gurbanguly Berdimuhamedow forderte laut Chronika Turkmenistana am 7. Mai den für den Agrarsektor zuständigen stellvertretenden Ministerpräsidenten Esenmyrat Orazgeldiýew auf, „das Wasservolumen in Flüssen und Stauseen zu inspizieren, letztere zu reinigen und moderne wassersparende Technologien in der Landwirtschaft einzuführen“.

Kampf der Verschwendung

Einige Tage zuvor hatte Berdimuhamedow eine Wasserpumpstation im Bezirk Kaka in der im Süden des Landes gelegenen Provinz Ahal besucht. Diese wird von dem Privatunternehmen Miwe betrieben, das nach Angaben des amerikanischen Nachrichtenportals Eurasianet große Mengen Obst anbauen will, um Importe zu ersetzen.

Laut Dowran Hudaýberdiýew, dem Präsidenten der „Union der Industriellen und Unternehmer“ – UIET (einer von Berdimuhamedow mit der Sicherstellung des Übergangs zur Marktwirtschaft beauftragten halböffentlichen Einrichtung), verfügt Miwe über eine Pumpinfrastruktur, die dazu beitragen würde, die Wasserverschwendung um 35 bis 50 Prozent zu reduzieren.

Am 5. Mai teilte die UIET auf ihrer Website mit, dass Miwe Pläne habe, mehr Infrastruktur zur Wasserspeicherung zu errichten. Diese hätte drei Vorteile. Sie könne Erdrutsche verhindern, indem sie überschüssiges Wasser im Köpetdag-Gebirge erfasse. Außerdem könne sie der Landwirtschaft mehr Bewässerungskapazitäten bieten und die Abhängigkeit von anderen Quellen wie dem Amudarja verringern.

Verschärfte wirtschaftliche und soziale Probleme

Doch der Wassermangel ist nicht das einzige Problem, vor dem Turkmenistan zur Zeit steht: Nach Angaben der unabhängigen turkmenischen Nachrichtenagentur Turkmen.news steigen im Land seit Jahresbeginn einen Anstieg der Lebensmittelpreise, was bereits zu Hungersnöten führte.

Mit der Dürre verschlechtert sich die Situation derjenigen, die Vieh in geringen Mengen selbst besitzen, was es ihnen ermöglicht, sich trotz Mangel und Preisanstieg selbst zu ernähren. Es gibt nicht mehr genug frisches Gras auf Wiesen und Weiden, um das Vieh zu ernähren. In der Region Daşoguz sind laut Turkmen.news ViehbesitzerInnen, die ihre Tiere nicht mehr füttern können, infolge der im März gestiegenen Futterpreise und der Hitze im April darauf angewiesen, diese zu schlachten.

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Wie Turkmen.news berichtet, sind Menschen teilweise sogar gezwungen, den Müll nach Lebensmitteln zu durchsuchen. Dieses Phänomen ist nach Angaben von Radio Azatlyk, dem turkmenischen Dienst von Radio Free Europe, besonders in den Städten Mary und Baýramaly zu beobachten und scheint bereits alltäglich zu werden. Die Polizei kann die Menschen nicht mehr daran hindern, den Müll zu durchsuchen, und rät ihnen sogar, sich „die Uniform der kommunalen Dienste“ zu besorgen, damit sie keine Blicke auf sich ziehen.

Konfliktfaktor Wasser

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Problem der Wasserknappheit in Zentralasien verstärkt. Laut dem russischen Dienst der BBC hat sich der Wasserverbrauch in der Region zwischen 1960 und 2000 verdoppelt, was teilweise auf den Bevölkerungsboom zurückzuführen ist. Darüber hinaus erfordert die Landwirtschaft, ein wichtiger Sektor für die zentralasiatischen Volkswirtschaften, eine intensive Bewässerung.

Aber die schmelzenden Gletscher in Pamir und Tian-Shan sowie veraltete Bewässerungssysteme führen zu Wasserknappheit. Dies ist ein Konfliktfaktor sowohl zwischen den zentralasiatischen Staaten als auch zwischen LandwirtInnen und den BewohnerInnen der von den Engpässen betroffenen Ortschaften [FR/RU].

Lest auch auf Novastan: Die fünf wichtigsten Wasserkonflikte in Zentralasien

Ohne wirksame Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel könnte Turkmenistan aufgrund dessen Auswirkungen einen starken wirtschaftlichen Abschwung erleben. Besonders gefährdet ist der Agrarsektor des Landes, dessen mögliche Verluste die OECD in den Jahren 2016 bis 2030 auf bis zu 20,5 Milliarden US-Dollar (16,9 Milliarden Euro) beziffert.

Nach Schätzungen der OECD könnte der Klimawandel zu einem jährlichen Anstieg der Überschwemmungen um 10 Prozent, einem jährlichen Anstieg der Starkniederschläge um 5 Prozent sowie zu einem Anstieg der Hitzewellen um 1,6 Prozent pro Jahr führen.

Margarita Danilova, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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