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Tourismus in Tadschikistan zwischen 2019 und 2020 eingebrochen

Laut offiziellen Zahlen ist die Zahl der TouristInnen in Tadschikistan innerhalb eines Jahres um 72 Prozent zurückgegangen. Ein nicht unwesentlicher Faktor ist dabei die Covid-19-Pandemie, allerdings plagen auch andere Probleme die Branche.

Laut offiziellen Zahlen ist die Zahl der TouristInnen in Tadschikistan innerhalb eines Jahres um 72 Prozent zurückgegangen. Ein nicht unwesentlicher Faktor ist dabei die Covid-19-Pandemie, allerdings plagen auch andere Probleme die Branche.

Tadschikistans Tourismusbranche leidet. Die neuesten Zahlen zeigen, dass die Branche, wie der Rest von Tadschikistans Wirtschaft, im vergangenen Jahr hart getroffen wurde. Wie das tadschikische Nachrichtenportal Asia-Plus am 12. Februar berichtete, ist die Besucherzahl von 1.254.000 im Jahr 2019 auf 350.000 im Jahr 2020 gesunken. Dies entspricht einem Rückgang von 72,2 Prozent. Während der Tourismus 2019 noch 2 bis 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachte, waren es 2020 nur noch 1 Prozent.

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Dabei wurde in der neuen Statistik bei den Einreisegründen nicht zwischen Geschäftsreisen und Tourismus unterschieden. Im Jahr 2019 hatten die tadschikischen Behörden auf diese Art und Weise zehnmal höhere Zahlen als in der Realität bekanntgegeben. So oder so spiegeln die Zahlen für 2020 aber einen deutlichen Rückgang wider.

Tadschikistan ist das zentralasiatische Land, das mit 90 Toten die niedrigste Zahl an Covid-19-Opfern bekanntgab (abgesehen von Turkmenistan, in dem es offiziell kein Covid-19 gibt und gab, Anm. d. Red.). Zum Vergleich: Kirgistan meldete demgegenüber 1.450 Tote, Kasachstan sogar 3.150. Die restriktiven Maßnahmen, die in Tadschikistan verhängt wurden, haben die Wirtschaft jedoch stark belastet. Asia-Plus erinnert daran, dass das Land im Jahr 2020 400 Millionen US-Dollar (328 Millionen Euro) an ausländischen Hilfen erhalten habe, um diese Auswirkungen auszugleichen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt Tadschikistans Wirtschaftswachstum im Jahr 2020 auf 1 Prozent gegenüber 7,5 Prozent im Vorjahr.

Tadschikistans Wirtschaft schwer getroffen

Der Zusammenbruch des Tourismus in Tadschikistan ist nur eines der sichtbaren Symptome der desolaten wirtschaftlichen Situation im Land. Tadschikistan, das als das ärmste Land der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten gilt und bereits vor der Krise stark von ausländischen Hilfen abhängig war, steht nun vor gewaltigen wirtschaftlichen Herausforderungen.

Die Einnahmen, die das BIP Tadschikistans ausmachen, verteilen sich hauptsächlich auf drei Sektoren. Laut Weltbank entfielen 2019 19 Prozent auf die Landwirtschaft, 27 Prozent auf die Industrie und mehr als 42 Prozent auf Dienstleistungen. Tasächlich umfasst die letztgenannte Kategorie mehrheitlich Geldtransfers von tadschikischen MigrantInnen, die im Ausland leben. 2019 machten sie laut Weltbank alleine 28,6 Prozent des tadschikischen BIP aus.

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70 Prozent der Bevölkerung leben von diesen Überweisungen aus dem Ausland. Doch mit den Einschränkungen, die infolge der Pandemie unter anderem in Russland beschlossen wurden, sind diese Überweisungen drastisch zurückgegangen. Gleichzeitig gingen die ausländischen Direktinvestitionen innerhalb eines Jahres um fast 47 Prozent zurück, wie Radio Ozodi, der tadschikische Dienst von Radio Free Europe, berichtet. Angesichts dieser Schwierigkeiten hätte der Tourismus ein Ausweg sein können, wurde es aber nicht.

Ein unterentwickelter Sektor

Tadschikistans Regierung bekundet bereits seit mehreren Jahren den Willen, den Tourismus im Land zu entwickeln. Als das Jahr 2018 zum „Jahr des Tourismus“ ernannt wurde, äußerte Präsident Emomali Rahmon den Wunsch, dass sein Land die vielen strukturellen Schwierigkeiten überwindet, die ausländische BesucherInnen von Reisen nach Tadschikistan abhalten.

Tadschikistans Berglandschaften mit Gipfeln zwischen 6.000 und 8.000 Metern sind eine gute Voraussetzung für die Entwicklung des in den letzten Jahren stark expandierenden Extremtourismus. Die Entdeckung der tadschikischen poetischen Folklore oder der Landschaften entlang des Pamir Highways könnten Besuchermagneten sein, werden jedoch durch den Mangel an Transportmöglichkeiten, Bankdienstleistungen oder hochwertigen Unterkünften nicht zur vollen Entfaltung gelangen. Präsident und Regierung haben es versäumt, dieser strukturellen Unterentwicklung entgegenzuwirken.

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Um ausländische BesucherInnen anzulocken, hat der tadschikische Präsident im April 2018 die Dauer für visumfreie Aufenthalte von 3 auf 10 Werktage verlängert. Große Hotelketten wie Hyatt Regency, Hilton Hotels oder Serena Hotels haben vor kurzem ihre Niederlassungen in der Hauptstadt Duschanbe eröffnet. Allein 2020 wurden in Tadschikistan laut einem Bericht von Asia-Plus 22 neue Reisebüros gegründet (insgesamt sind es 224).

Entwicklung des Binnentourismus

In diesem Zusammenhang sei die Belebung des Binnentourismus sowohl eine Chance als auch eine Notwendigkeit, erklärte Todschiddin Dschurasoda, Vorsitzender des Ausschusses für touristische Entwicklung, gegenüber Asia-Plus. Dafür stehen neue Projekte im Kalender 2021. So soll die Festung Jamschun, einst Hüterin einer strategischen Seidenstraßen-Passage nach Indien und Iran, wiederaufgebaut werden. Auch die Restaurierung der majestätischen Zitadelle von Hulbuk im Bezirk Wose im Südwesten des Landes ist vorgesehen.

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Des Weiteren haben die tadschikischen Behörden am 26. Januar 2021 bekanntgegeben, das Coronavirus besiegt zu haben. Einige Tage später erklärte Gesundheitsminister Dschamoliddin Abdullosoda, dass der Verzicht auf Quarantäne dafür verantwortlich sei.

Dieser „Sieg“ ermöglichte es Rahmon, die Wiedereröffnung der Moscheen zum 1. Februar bekannt zu geben. Dies könnte wiederum zu einem Anstieg der Mobilität führen. Auch der 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Komplex von Chodscha Maschchad wird im Jahr 2021 restauriert werden und könnte so Gläubige und TouristInnen anziehen.

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Todschiddin Dschurasoda erklärte gegenüber Asia-Plus auch, dass das Komitee die Hoffnung habe, eine neue Form des ländlichen Tourismus auszubauen, indem in den Regionen auf Herbergsunterkünfte oder Gastfamilien gesetzt wird. Es bleibt abzuwarten, ob die dafür notwendigen Investitionen tatsächlich getätigt werden.

Caroline Deschamps, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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