Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ist am 9. und 10. Oktober zum Gipfeltreffen in Duschanbe zusammengekommen. Direkt davor traf Wladimir Putin seine zentralasiatischen Amtskollegen im 5+1-Format. Angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine bemüht sich der russische Präsident um die uneingeschränkte Zusammenarbeit der ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens. Letztere sind jedoch vorsichtig.
Eine üppige Obstausstellung war angerichtet, als die Staatsoberhäupter der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) im Somon-Palast in Tadschikistans Hauptstadt Duschanbe zusammenkamen, um am 25. Gipfeltreffen der Organisation teilzunehmen. Die GUS vereint neun der fünfzehn Staaten der ehemaligen UdSSR. Und so präsentierte sich Tadschikistans Präsident Emomali Rahmon nicht nur neben Granatäpfeln und Wassermelonen, sondern auch mit seinen Amtskollegen, darunter Russlands Präsident Wladimir Putin.
Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Schließlich liegt gegen den russischen Präsidenten ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) vor, dessen Mitglied Tadschikistan ist. Darüber hinaus haben die Beziehungen beider Staaten in letzter Zeit eine Phase diplomatischer Kälte erlebt, nachdem bei den Anschlägen in der Crocus City Hall im März 2024 aus Tadschikistan stammende Terroristen 149 Menschen getötet und viele weitere verletzt hatten.
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In der Folge kam es zu einem Anstieg der Gewalt gegen Migrant:innen aus Tadschikistan. Allerdings probiert das Land, die Spannungen abzubauen: Die Überweisungen, die tadschikische Arbeitskräfte aus Russland in die Heimat tätigen, sind für die tadschikische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Fast die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hängt von diesen finanziellen Erträgen ab.
Russland stellt Bedingungen, ohne sie durchzusetzen
Die scheinbare Gleichheit der neun GUS-Staaten (Russland, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan) sollte nicht täuschen. Alle sind ehemalige Sowjetrepubliken, und Moskau hat im Kaukasus und in Zentralasien seit langem einen starken Einfluss. Der Krieg in der Ukraine und die daraus resultierende internationale Isolation haben Russland jedoch stärker von seinen zentralasiatischen Nachbarn abhängig gemacht. Diese wiederum versuchen, sich zu entwickeln, ohne übermäßig von ihrem russischen Nachbarn abhängig zu sein.
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Als vereinsgetragene, unabhängige Plattform lebt Novastan vom Enthusiasmus seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen – und von eurer Unterstützung!Diese unterschiedlichen Perspektiven wurden während des Russland-Zentralasien-Gipfels, der am 9. Oktober unmittelbar vor dem GUS-Gipfeltreffen stattfand, ausgetauscht. Hierbei konnten die betroffenen Staaten ihre Handelsbilanzen und Zukunftsaussichten erörtern.
Wladimir Putin eröffnete das Treffen mit der Forderung nach einer stärkeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit und wies darauf hin, dass die Handelsbilanz mit den zentralasiatischen Ländern im vergangenen Jahr 45 Milliarden US-Dollar erreicht habe. Ein „gutes Ergebnis“, das jedoch noch verbessert werden müsse, so der russische Präsident. Er wies darauf hin, dass der Handel mit Belarus im gleichen Zeitraum 50 Milliarden US-Dollar überschritten habe, obwohl das Land weniger bevölkerungsreich als die fünf zentralasiatischen Staaten sei.
Initiativen aus und für Zentralasien
Die zentralasiatischen Länder waren diesbezüglich eher zurückhaltend und stellten jeweils ihre eigenen Visionen und Initiativen vor. Kasachstan präsentierte Zahlen, die von denen Wladimir Putins abwichen. Laut kasachstanischen Angaben habe der Handel zwischen Russland und Zentralasien 50 Milliarden US-Dollar überschritten. Das Land schlägt deswegen ein Investitions- und Infrastrukturprojekt zur Stärkung des Nord-Süd-Korridors zwischen Russland und Kasachstan vor.
Usbekistans Präsident Shavkat Mirziyoyev regte hingegen die Einrichtung eines „Koordinationsrates“ auf Ebene der stellvertretenden Ministerpräsidenten der am Russland-Zentralasien-Gipfel beteiligten Länder an. Außerdem schlug er die Einrichtung eines Zentrums für Industrietechnik in Buchara vor.
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Was die GUS betrifft, einigten sich die Mitgliedsstaaten auf die Einrichtung eines „GUS+“-Formats. Die Einzelheiten zu dem von Kasachstan angeregten Format sind unklar, allerdings scheint der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit ein Beobachterstatus gewährt zu werden. Die Tage des Austauschs endeten mit lächelnden Fotos und herzlichen Händedrücken zwischen den Staatschefs: Trotz aller Differenzen und Streitigkeiten bleibt Russland ein wichtiger Partner für diese Region.
Gaspart Barthélémy für Novastan
Aus dem Französischen (und überarbeitet) von Robin Roth
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Gipfel in Duschanbe: Zentralasiens Staatschefs treffen Wladimir Putin