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Der kirgisische Präsident zu Besuch in Belgien und Deutschland

Der kirgisische Präsident Almasbek Atambajew war vom 15. bis 18. Februar auf Staatsbesuch in Belgien und nahm an der Münchner Sicherheitskonferenz teil. Er führte bilaterale Gespräche mit Vertretern der Europäischen Union und der Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Atambajew Mogherini
Atambajew im Gespräch mit Federica Mogherini, Hohe EU Vertreterin für Außen- und Sicherhaitspolitik

Der kirgisische Präsident Almasbek Atambajew war vom 15. bis 18. Februar auf Staatsbesuch in Belgien und nahm an der Münchner Sicherheitskonferenz teil. Er führte bilaterale Gespräche mit Vertretern der Europäischen Union und der Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Bei Atambajews Besuch standen mehrere wichtige Punkte auf der Tagesordnung: die Stärkung der Wirschaftspartnerschaft zwischen Kirgistan un der Europäischen Union (EU), die Förderung der Rechtsstaatlichkeit in Kirgistan und die Verhandlung einer großen finanziellen Unterstützung der EU für die kirgisische Landwirtschaft.

Die EU zeigt sich bereit, weitere Entwicklungszusammenarbeit zu leisten, verweist aber auch auf manche Beeinträchtungen der Grundrechte in Kirgistan.

Atambajews vierter Besuch

Vor dem 16. Februar hatte Atambajew Belgien bereits drei Mal besucht: 2011, 2013 und 2015. Die Besuche ermöglichten es, die wirschaftlichen und kulturellen Beziehungen Kirgistans mit Belgien und der EU zu stärken. Im Jahr 2016 reisten kirgisische Abgeodnete nach Brüssel, wo sie „Bekanntschaften machten und Perspektiven der Zusammenarbeit besprachen“.

Wie die kirgisische Presseagentur 24.kg berichtet, hat sich während dieser Staatsbesuche eine Freundschaft zwischen Atambajew und dem König Phillipp von Belgien entwickelt. Neben der persönlichen Nähe der beiden Staatschefs war auch die Zusammenarbeit ihrer Länder Thema des Gesprächs.

Der Handel zwischen den beiden Ländern stieg in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 auf mehr als 16 Millionen Dollar. Kirgistan exportiert vor allem Metalle, darunter Gold und Antimon, aber auch Kfz-Teile und Heizkörper. Belgien verkauft vor allem mechanische Anlagen, Transportmittel, Kosmetik und Medikamente an Kirgistan.

Atambajew mit dem belgischen König Philippe
Atambajew mit dem belgischen König Philippe

In Brüssel traf Atambajew auch Vertreter der Europäischen Institutionen, wie den Präsidenten der europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, den Präsidenten des Europäischen Rats Donald Tusk und die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini. Atambajew wurde vom kirgisischen Außenminister Ajsad Abdyldajew, der Staatssekretärin für Außenpolitik Aisada Subakoschojewa, sowie dem kirgisischen Botschafter in Brüssel Asein Asajew begleitet.

Wie der EU-Botschafter in Kirgistan, Cesare de Montis, am 9. Februar erklärt hatte, sollte bei Atambajews Besuch in Brüssel ein neuer Partnerschafts- und Kooperationsvertrags mit der EU besprochen werden. Ein wichtiger Teil der Verhandlungen wird die Unterstützung der EU für die demokratischen Institutionen in Kirgistan sein. Letztendlich wurden zwei Finanzierungsverträge für den Schutz der Rechtsstaatlichkeit und die landwirtschaftliche Entwicklung in Kirgistan unterschrieben.

Atambajew diskutiert in Deutschland Sicherheitsfragen

Etwas mehr als sechs Monate sind seit dem letzten Treffen zwischen Atambajew und Angela Merkel vergangen. Im Juli 2016 war Merkel die erste Bundeskanzlerin, die Kirgistan besuchte. Bei dem Besuch wurden vielen Themen wie die Stärkung der deutsch-kirgisischen Partnerschaft und Sicherheitsprobleme wie Terrorismus besprochen, aber kein Dokument unterschrieben. Merkels Besuch und die deutsche Unterstützung wurden vor allem als ein Ergebnis der Offenheit Kirgistans als demokratischstes Land in Zentralasien gesehen.

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Im Juli hatte sich Atambajew für eine Lösung des diplomatischen Konflikts zwischen der EU und Russland eingesetzt, da die Sanktionen gegen Russland über den Einbruch des Rubelkurses auch einen Einfluss auf Zentralasien und Kirgistan haben. Merkel hatte sich hingegen für die Freilassung des Menschenrechtsaktivisten Asimschan Askarow ausgesprochen.

In München haben Atambajew und Merkel bekräftigt, die Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen in Sachen Handel, Bankwesen und Investitionen verbessern zu wollen. Beim bilateralen Treffen überreichte Atambajew Merkel ebenfalls den „Kurmandschan-Datka“ Orden für ihren Beitrag zu den Beziehungen der beiden Länder. Kirgistan und Deutschland feiern dieses Jahr das 25-jährige Jubiläum diplomatischer Beziehungen.

Atambajew Merkel
Atambajew mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel

Gute Handelsbeziehungen mit Deutschland sind für Kirgistan auch ein Weg, die Teilhabe Kirgistans am GSP+ Programm der EU besser zu nutzen. Im Rahmen dieses Programms kann Kirgistan über 6.000 verschiedene Waren zollfrei in die EU exportieren und so „Made in Kyrgysztan“-Produkten einen Namen verschaffen.

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Atambajews kurzer Besuch in München am 17. und 18. Februar ist nach 2012 und 2015 sein dritter Besuch in Deutschland. Neben seinem Treffen mit der Bundeskanzlerin nahm er dort an der Münchner Sicherheitskonferenz teil, ein jährliches Ereignis, bei dem sämtliche NATO-Länder, China, Russland, Indien und Japan vertreten sind. Dieses Jahr war dort vor allem vom Krieg in Syrien, dem Konflikt in der Ukraine und von Nordkorea die Rede.

Kirgistan und Europa: Eine Partnerschaft in Sachen Landwirtschaft, Gesundheit und Justiz

Laut Emil Umetalijew, dem Leiter der Reiseagentur „Kyrgyz Concept“ ist es für Kirgistan sehr wichtig, „die Zusammenarbeit mit der EU zu vertiefen und sich nicht auf die Eurasische Wirtschaftsunion zu beschränken, um die Interessen des Landes besser zu vertreten“.

Die 100 Mio. Euro Entwicklungshilfe von der EU werden über sieben Jahre und über sieben Regionen Kirgistans verteilt. Sie sind vor allem der Landwirtschaft gewidmet, die 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Kirgistans ausmacht. Ein Teil davon sollte ins Wassermanagement investiert werden, um die Qualität des Trinkwassers für die kirgisische Bevölkerung zu verbessern.

Die Wasserproblematik wurde auch schon von anderen Organisationen, wie die Asiatische Entwicklungsbank (ADB), aufgegriffen. Die ADB hat sich wegen langsamer Bauarbeiten, finanzieller Unregelmäßigkeiten und einer schlechten Buchhaltung jedoch aus ihrem Projekt zurückgezogen. Die Realisierung war an der Korruption verschiedener beteiligter Akteure gescheitert. Die Korruption ist auch eine Herausforderung für die Handhabung der europäischen Mittel.

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Kurz vor seiner Reise nach Brüssel hatte Atambajew übrigens angekündigt, dass er von der EU nicht nur finanzielle Unterstützung erwarte, sondern auch institutionelle Unterstützung für die Stärkung der demokratischen Prozesse in den Regierungsbehörden. So wurden laut Angaben der EU-Delegation in Kirgistan bereits gut 13 Mio. Euro für eine Wahlreform ausgezahlt und für den Zeitraum 2014-18 sind weitere 13 Millionen „zur Verbesserung der Effizienz, Unabhängigkeit, des Professionalismus und der Kapazitäten der Judikative“ vorgesehen.

Die EU ist einer der größten Entwicklungspartner Kirgistans. Für den Zeitraum 2014-20 sind insgesamt 184 Millionen Euro an Hilfsmitteln im Rahmen des „Development Cooperation Instrument“ vorgesehen.

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Atambajews kürzlicher Besuch in Belgien und in Deutschland unterstreicht den Willen der kirgisische Regierung, die Zusammenarbeit mit den europäischen Institutionen weiterzuführen. Doch diese neuen Diskussionen und finanziellen Versprechen seitens der EU fallen in eine Zeit, in der die kirgisische Demokratie mehrere Rückschläge erleidet.

Das Jahr 2016 war von mehreren umstrittenen Maßnahmen geprägt, darunter das Gesetz zur Registrierung der Ausländer, das schließlich rückgängig gemacht wurde und das Referendum über eine Verfassungsreform, das ohne ausländische Beobachter durchgeführt wurde und von Menschenrechtsorganisationen stark kritisiert wurde.

Human Rights Watch bemerkt in seinem Bericht zur Reform, dass „Kirgistan in Sachen Menschenrechte einen Schritt zurück macht“ und auch die International Federation for Human Rights drückte ihre Besorgnis aus. Im August 2016 hatte die Venedig-Kommission des Europarats bereits betont, dass die neue Verfassung „sich negativ auf die Gewaltenteilung auswirken wird, da die Exekutive gestärkt wird, während das Parlament und vor allem die Justiz in ihren Befugnissen eingeschränkt werden.

Pablo Garcia
Vize-Chefredakteur von Novastan auf Französisch

Aus dem Französischen übersetzt von Florian Coppenrath

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