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Menschen Zentralasiens: Kasachstan

Bei seiner Reise durch Zentralasien im vergangenen Jahr porträtierte Philipp Lausberg viele Menschen, mit denen er ins Gespräch kam. Die Fotoreihe „People of Central Asia“ mit kurzen Texten zu Menschen aus verschiedenen Ecken Kasachstans, Kirgistans und Tadschikistans veröffentlichte er auf seiner Facebook-Seite. Wir übernehmen sie mit seiner freundlichen Erlaubnis. Diese Woche begeben wir uns mit ihm nach Kasachtstan.

Menschen Kasachstan Nasibek
Nasibek

Bei seiner Reise durch Zentralasien im vergangenen Jahr porträtierte Philipp Lausberg viele Menschen, mit denen er ins Gespräch kam. Die Fotoreihe „People of Central Asia“ mit kurzen Texten zu Menschen aus verschiedenen Ecken Kasachstans, Kirgistans und Tadschikistans veröffentlichte er auf seiner Facebook-Seite. Wir übernehmen sie mit seiner freundlichen Erlaubnis. Diese Woche begeben wir uns mit ihm nach Kasachtstan.

Menschen Kasachstan Galja Schachtinsk
Galja

Galja ist eine ethnische Russin und lebt in Schachtinsk, Kasachstan; eine Stadt, die mehrheitlich von nicht-kasachen bewohnt ist. Während viele Europäer sich entschlossen haben, das Land zu Gunsten ihres jeweiligen ethnischen „Heimatlandes“ zu verlassen, entschied sich Galjas Familie (seit Generationen im Bergbau tätig), zu bleiben. Sie ist zu so etwas wie einem „It Girl“ in der Region Karaganda geworden, sie modelt und ist immer auf den angesagtesten Partys anzutreffen.

Menschen Kasachstan Arman
Arman

Arman stammt aus einer Arbeiterstadt außerhalb von Almaty. Er reiste die ganzen 3000km nach Aktau am Kaspischen Meer, um Arbeit in der Bauindustrie zu finden. Er musste jedoch zurückkehren, nachdem er eine Zeit lang keine Arbeit fand. Kasachstans Wirtschaft befindet sich seit dem massiven Rückgang des Ölpreises in einer Krise und die lokale Währung Tenge fiel 2015 Jahr über 50%. Er ist der Auffassung, die Menschen sollten Kasachisch und nicht Russisch sprechen. Zudem ist er der Meinung, es gäbe zu viele Faschisten in der Ukraine und er hasst Merkel für ihre Sanktionen gegen Russland, welche ebenfalls Kasachstan treffen. Er verdächtigte mich tatsächlich, ein Spion zu sein, der versucht, einen Maidan in Kasachstan zu organisieren und sagte, wenn Kasachen den Zweiten Weltkrieg alleine gewonnen hätten, gäbe es heute kein Deutschland mehr. Nichtsdestotrotz wurde ich zu Tee und mehr Essen eingeladen, als ich zu mir nehmen konnte.

Menschen Kasachstan Arsen Astana
Arsen

Arsen stammt ursprünglich aus Atyrau in Westkasachstan, aber vor 5 Jahren zog er nach Astana um, die neue und wachsende Hauptstadt des Landes. Er ist sehr stolz auf die glänzende neue Architektur in der Stadt und vor allem auf die neue Hazrat Sultan Moschee, in der er hier steht. Diese wurde 2012 fertiggestellt und ist die größte Moschee Zentralasiens. Laut ihm erfährt Kasachstan eine nationale und muslimische Wiederbelebung und er weist darauf hin, dass Teile Russlands, wie die Oblaste Orenburg und Astrachan, ursprünglich kasachisch waren.

Menschen Kasachstan Dimitri Kalmikow Karaganda
Dimitri Kalmikow

Dimitri Kalmikow ist der Direktor des EcoMuseums, eine NGO sowie Museum in Karaganda, deren Arbeit darauf ausgerichtet ist, auf die ernsten aus Sowjetzeiten geerbten Umweltprobleme aufmerksam zu machen und sie zu verringern. Kasachstan war der Hauptstandort für atomare- und Biowaffentests der UdSSR, für die Extraktion von Uran sowie der Ort, an dem der meiste sowjetische Weltraumschrott herunterkam. Dimitris NGO drängt vor allem auf eine Reinigung des ehemaligen Atomwaffentestgeländes Semipalatinsk (heute Semej, Anm. d. Red.).Er führt regelmäßig wissenschaftliche Untersuchungen vor Ort durch und ist er einer der führenden Spezialisten dieser verlassenen Gegend mit der Größe von Wales, wo 456 Atomtests durchgeführt wurden.

Menschen Kasachstan Khuanosch Aralsee
Kuanosch

Khuanosch wurde 1955 in eine Fischerfamilie am Ufer des Aralsees geboren. Er erinnert sich noch daran, angeln gegangen zu sein, als der See noch seine Originalgröße hatte. Als die Sowjets 1966 die zwei Hauptflüsse, die den See mit Wasser versorgten, umleiteten, um eine gigantische Baumwollindustrie aufzubauen, begann der Wasserspiegel zu sinken. 1976 war das Wasser zu solch einem Ausmaß zurückgegangen, dass seine Familie keinen anderen Ausweg sah, als zum Balchaschsee im östlichen Kasachstan zu ziehen.

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Vor ein paar Jahren kam er zurück zum Aralsee, da der Wasserstand aufgrund des Baus eines neuen Damms wieder zu steigen begann. Er fängt wieder Fisch und besitzt zudem Herden von Kamelen und Kühen.

Menschen Kasachstan Gamal Aralsee
Gamal

Dies ist die neue Uferlinie des Aralsees. Gamal, der Anfang 30 ist, verdient sich seinen Lebensunterhalt damit, Journalisten und manchmal auch Touristen zu Orten der ehemaligen sowie derzeitigen Fläche des Sees zu fahren.

kz-8

Gemeinsam mit einigen Partnern baut Serik eine neue Fischverarbeitungsanlage am Rande der Stadt Aralsk auf. Hier steht er in der eisigen Halle der neuen Anlage, wo verarbeiteter Fisch gelagert wird, bevor er hauptsächlich nach Westeuropa und vor allem Deutschland exportiert wird. Ihre Geschäftspartner in Berlin oder Bremerhaven kaufen vor allem große Mengen an Zanderfilet. Ihm zufolge ist Kasachstan einer der Hauptexporteure dieser Art von Fisch nach Deutschland. Nach Dekaden des Leidens aufgrund fehlender Möglichkeiten, Armut und ernsten Umwelt- und Gesundheitsproblemen im Zusammenhang mit dem Austrocknen des Aralsees scheint neue Hoffnung in der Stadt Aralsk zu entstehen, die einst eine der stolzesten Fischproduktionsstädte in der Sowjetunion war.

Menschen Kasachstan Kinder Aralsk
Asamat, Erchan, Kuanchan, Adschan und Nasibek

Asamat, Erchan, Kuanchan, Adschan und Nasibek sind alle 11 oder 12 Jahre alt und gehen zur lokalen russischen Schule in Aralsk. Sie sind immer noch sehr stolz auf den Sowjetsieg im Zweiten Weltkrieg und hatten ihren Spaß dabei, mich einen „Faschisten“ zu nennen. Nichtsdestotrotz lieben sie Bayern München und träumen von einer Fußballkarriere in Europa.

Menschen Kasachstan Nasibek
Nasibek

Kasachische Taxifahrer wissen, wie man stilvoll posiert! Niemals habe ich jemanden um hunderte von Schlaglöchern mit so einem Tempo und Anmut herumsteuern sehen, wie Nasibek, 53, der es schaffte, dass ich meinen Zug nach Aralsk gerade noch rechtzeitig erreichte.

Menschen Kasachstan Asad Fort Schewtschenko
Asad

Asad, 25, ist ein Vertreter der örtlichen Zweigstelle der Partei Präsident Nursultan Nasarbajews „Nur Otan“ in Fort Schewtschenko, im Gebiet Mangghystau. Er arbeitet als Berater für den Stadtrat und hilft, „verschiedene Probleme zu lösen“. Diese umfassen hauptsächlich das Wohnungswesen, aber ebenfalls die Organisation von öffentlichen Veranstaltungen wie die Militärparade zum 9. Mai, an welchem dem Sieg der Sowjetunion gegen Nazideutschland gedacht wird. Er glaubt, dass Kasachstan einen starken Präsidenten braucht, um Stabilität zu garantieren und ein ukrainisches Szenario zu vermeiden.

Menschen Kasachstan Anar Aktau
Anar

Anar, 27, lebt in der westkasachischen Hafenstadt Aktau am Ufer des Kaspischen Meers. Die Öl- und Gasindustrie dominiert die Region, sie arbeitet als Qualitätsmanagerin in einer großen Erdölgesellschaft. Sie fliegt zu Ölfeldern vom Kaspischen Meer bis Sibirien und stellt sicher, dass der Betrieb in der weitgehend von Männern dominierten Industrie reibungslos abläuft. Tatsächlich – wenngleich oft übersehen – wird die kasachische Gesellschaft (wie die meisten postsowjetischen Gesellschaften) zu einem großen Teil von starken und unabhängigen Frauen wie ihr angetrieben.

Menschen Kasachstan Sergej Karaganda
Sergej

Dies ist Sergej, er ist ethnischer Koreaner. Seine Vorfahren wurden 1939 aus dem Gebiet Wladiwostok mit mehreren hunderttausend Landsleuten nach Kasachstan deportiert, da Stalin die dortigen Koreaner als japanische Spione erachtete. Sie wurden in Viehwaggons transportiert und in der kasachischen Steppe herausgelassen. Er arbeitet als Verkäufer in Karaganda. Einer seiner berühmtesten Landsleute, der das gleiche Schicksal teilt, war die sowjetische Rocklegende Viktor Tsoj.

Menschen Kasachstan Semjon Temirtau deutsche Minderheit
Semjon

Semjon Linders Geschichte ist einzigartig. Er ist ethnischer Deutscher und wurde 1934 in einem deutschen Dorf in der Ukraine in der Nähe von Dnepropetrowsk geboren. Als die Wehrmacht 1941 kam, wurde er nach Deutschland gebracht, wo seine Familie ein Haus in Reichsgau Wartheland im besetzten Polen besaß. Er war Teil der Hitlerjugend und ging auf eine deutsche Schule. Als der Krieg zu Ende war, schickten ihn die Sowjets in mehrere Arbeitslager in Ostsibirien. Nach 7 Jahren in verschiedenen Gulags wurde er nach Karaganda gebracht, wo er bis zu seinem Ruhestand als Bergarbeiter tätig war.

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Er lebt am Stadtrand von Temirtau, Kasachstan, mit seiner wolgadeutschen Frau Emma. Er spricht fließend Deutsch mit einem Dialekt, den ich nie zuvor in meinem Leben gehört hatte.

Menschen Kasachstan Waldemar Karaganda
Waldemar Brack

Das ist Waldemar Brack, ein Taxifahrer in Karaganda. Er ist ethnischer Deutscher, da seine Vorfahren unter Stalin von der Wolga nach Kasachstan deportiert wurden. Er spricht kaum Deutsch, sondern eher einen russischen Straßenslang. Die meisten seiner Angehörigen gingen nach dem Fall der Sowjetunion nach Deutschland, doch er entschied sich, zu bleiben. Er mag tatsächlich Stalin und auch Putin und ist vor ein paar Jahren zu einem praktizierenden Muslim geworden.

Menschen Kasachstan Sascha Mangghystau
Sascha

Sascha ist ein Taxifahrer im westkasachischen Gebiet Mangghystau. Hier zeigt er seine Lieblingsdroge, Naswar genannt, die in den Mundboden unter der unteren Lippe oder die Wange gestopft wird. Es ist vergleichbar mit Kautabak und in den meisten Teilen Zentralasiens beliebt. Er ist der Meinung, Männer sollten so viele Nachkommen wie möglich bekommen, sodass sie im Alter eine ganze Armee von Kindern und Enkelkindern kommandieren können. Dies war laut ihm zumindest früher in Kasachstan der Fall, als Männer mehrere Frauen haben konnten, mit nur zwei Personen eine ganze Ziege aßen und ein einziger Bulle 30 Kühe am Tag befruchtete.

Menschen Kasachstan Mascha Almaty
Mascha

Mascha arbeitet als Kellnerin – tagsüber in einem gehobenen russischen Restaurant und abends in der Hipster-Bar „Raketa“. Ihre Mutter ist Kasachin, ihr Vater Russe. Sie arbeitet und lebt in Almaty, im Süden Kasachstans.

Kamel Kasachstan
Atalla

Das ist Atalla. Sie lebt irgendwo in der Steppe in der Nähe des Ufers des Kaspischen Meeres zwischen Fort Schewtschenko und Aktau. Laut ihres Besitzers ist sie ungefähr 15 Jahre alt und ist ein wenig stur. Sie produziert köstliche Milch, genannt Schubat, ein sehr beliebtes Getränk in Kasachstan. Man glaubt von Schubat, es könne Krebs heilen. Tatsächlich ist Kasachstan zu einem vorherrschenden Kamelexporteur geworden. Die Vereinigten Arabischen Emirate beispielsweise importieren heutzutage einen großen Anteil ihrer Kamele von dort.

Text und Bilder: Philipp Lausberg

Aus dem Englischen von Agnes Lüdicke

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