Angesichts steigender Zahlen von Coronavirus-Infektionen haben einige Länder Zentralasiens die schwierige Entscheidung getroffen, wieder Quarantäne-Maßnahmen zu verhängen. In Kasachstan wird dies für einen Teil des Julis gelten. In Usbekistan ist der Zugang zu bestimmten Städten verboten.
Zurück an den Anfang in Zentralasien? Angesichts steigender Zahlen an Coronavirus-Infektionen haben Kasachstan und Usbekistan entschieden, strengere Maßnahmen zu verhängen. Kasachstan ergreift dabei die härtesten Maßnahmen und verhängt ab dem 5. Juli eine zweiwöchige Quarantäne, die gegebenenfalls verlängert werden kann. Laut der britischen Onlinezeitung Telegraph ist es somit das erste Land weltweit, das eine erneute vollständige Quarantäne einfürht.
In Kasachstan starben 188 Menschen an den Folgen des Coronavirus während sich die Zahl der Infektionen nach aktuellem Stand vom 5. Juli auf 47.171 beläuft. Innerhalb der letzten zwei Wochen starben 88 Menschen und mehr als 15.000 wurden neu infiziert. Das Virus gewinnt wieder an Dynamik.
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Kasachstans Präsident Qasym-Jomart Toqaev zog am 29. Juni in einer Rede eine negative Bilanz. Er kritisierte die Regionalverwaltungen, die ineffektiv, weil nicht synchron, gearbeitet hätten. Der Präsident wies auch auf andere Probleme wie fehlende Betten in Krankenhäusern oder überbelastetes und gefährdetes medizinisches Personal hin.
Kasachstans Strategie zur Eindämmung des Virus
Toqaev kündigte in seiner Rede zehn Maßnahmen an, um der Ausbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken. Dazu zählt die Stärkung der Zentralverwaltung gegenüber den Regionen, denen Misswirtschaft vorgeworfen wird. Auch medizinische Themen, wie die Entwicklung der Forschung, werden behandelt. Gleiches gilt für wirtschaftliche Fragen, da die Preisstabilisierung für Grundnahrungsmittel eine der großen Herausforderungen der Regierung ist. In diesem Zusammenhang ist ein Treffen für den 10. Juli geplant. Ein weiterer Punkt betrifft die Digitalisierung des Landes, ein entscheidender Punkt, um die Sammlung und Weitergabe von Informationen zu vereinfachen.
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Was die Quarantäne betrifft, so hat die Regierung am 2. Juli die Details auf ihrer offiziellen Webseite beschrieben. Personen über 65 Jahren werden in ihrer Mobilität eingeschränkt, die Liste der erlaubten Flugverbindungen wird nicht erweitert, der Verkehr zwischen den Regionen wird gestoppt und der Zugang zu bestimmten Orten, einschließlich Kultstätten, verboten.
Reisebeschränkungen für bestimmte Regionen Usbekistans
Auch Usbekistan verschärft die Maßnahmen. Wie das usbekische Nachrichtenportal Sangzor.uz berichtet, sind ab dem 1. Juli einige Städte von der Außenwelt abgeschnitten. Dies gilt unter anderem für Jizzax, Hauptstadt der gleichnamigen Region im Nordosten des Landes. Am 1. Juli erließ der Gouverneur ein Dekret, das die Region zu einer „roten Zone“ (je nach Infektionsstand werden Usbekistans Regionen mit einer Ampel bewertet, Anm. d. Red.) erklärt. Infolgedessen sind Reisen nur äußerst begrenzt möglich und es wurde ein Aus- und Einreiseverbot verhängt. Buchara ist seit dem 1. Juli in die Kategorie „gelb“ gerutscht, wie Usbekistans nationale Nachrichtenagentur UzA vorab berichtete. Basare und Bekleidungsgeschäfte müssen geschlossen bleiben, der öffentliche Verkehr wird eingestellt.
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Seit Mitte Juni ist die Zahl der infizierten im bevölkerungsreichsten Land Zentralasiens wieder gestiegen. In Usbekistan sind laut aktuellem Stand am 5. Juli 9.829 Menschen infiziert und 31 verstorben. Seitdem im Juni in einigen Regionen die Eindämmungsmaßnahmen gelockert wurden, steigt die Zahl der Neuinfektionen wieder rapide an.
Usbekistan zwischen zwei Maßnahmen
Im Vergleich zu Kasachstan ist die Zahl der Infizierten deutlich geringer, auch weil Usbekistan nicht über die gleichen Testkapazitäten verfügt wie sein Nachbarland. Das wahre Ausmaß der Epidemie auf usbekischem Territorium ist daher schwieriger zu bestimmen.
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Die Regierung muss heute zwischen zwei Maßnahmen abwägen, da sie einerseits die Eindämmungsmaßnahmen verschärft und anderseits eine Politik der Stimulierung für bestimmte Wirtschaftszweige verfolgt. So versucht sie mit verschiedenen Mitteln, TouristInnen ins Land zu holen. Unter anderem kündigte sie am 19. Juni ankündigte, dass BesucherInnen, die sich im Land mit dem Coronavirus infizieren würden, 3.000 US-Dollar erhalten würden. Gleichzeitig ist das sehr vom Tourismus geprägte Buchara am 1. Juli zur „gelben Zone“ geworden und hat dadurch seine Kapazität für TouristInnen erheblich einschränken müssen.
Muss Kirgistan den Kurs ändern?
Auch in Kirgistan ist die Frage der erneuten Maßnahmenverschärfung immer schwieriger zu ignorieren. Das kirgisische Nachrichtenportal Akipress berichtet von den alarmierenden Schlussfolgerungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und zitiert einen für Kirgistan zuständigen WHO-Vertreter: „Wir haben erwartet, dass es eine zweite Welle des Coronavirus geben würde, aber wir haben uns nicht träumen lassen, dass es in dieser Größenordnung sein würde“. So werden täglich zwischen 200 und 500 neue Fälle entdeckt – eine Ausbreitungsgeschwindigkeit, wie es sie seit Beginn der Epidemie noch nicht gab.
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Somit wurde am 1. Juli in der Hauptstadt Bischkek eine Art Quarantäne-light eingeführt: Die Arbeitszeiten von öffentlichen Verkehrsmitteln, Restaurants, Märkten und Supermärkten werden reduziert und Bars, Clubs, Spielplätze und manche weitere öffentliche Orte werden ganz geschlossen. Mit 3144 Fällen am 5. Juli ist Bischkek bei weitem am härtesten von der Epidemie getroffen. Das sind mehr Fälle als es fünfzehn Tage zuvor im gesamten Staatsgebiet gab.
Héloïse Dross, Redakteurin für Novastan
Aus dem Französischen von Robin Roth
Updates von der Redaktion
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