Die alle zwei Jahre stattfindende Architekturbiennale von Venedig ist ein unverzichtbares Ereignis der Branche. 2021 beteiligt sich Usbekistan erstmals mit dem Konzept einer Mahalla, einem Ort der Gemeinschaft und Nachbarschaft.
Premiere in Venedig. Zum ersten Mal nimmt Usbekistan an der Internationalen Architekturausstellung in Venedig teil. Die alle zwei Jahre stattfindende Veranstaltung, ein Klassiker der Architekturszene, steht im Jahr 2021 unter dem Thema: „Wie werden wir miteinander leben?“ Die vom Architekten Hashim Sarkis kuratierte 17. Architekturbiennale begrüßt 46 Länder und läuft vom 21. Mai bis 22. November 2021.
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Bei seiner ersten Teilnahme präsentiert Usbekistan eine maßstabsgetreue Nachbildung eines Hauses in einer usbekischen Mahalla. Dieses Konzept bezeichnet nachbarschaftliche Treffpunkte, an denen Hochzeiten, Beerdigungen und alle wichtigen Ereignisse einer Gesellschaft abgehalten werden und die daher eine starke soziale Rolle haben, heißt es auf der eigens für die Biennale eingerichteten Projektseite.
Diese Viertel sind laut dem britischen Magazin Dezeen ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes Usbekistans, die – ursprünglich um islamische Rituale herum konstruiert – zu selbstverwalteten Einheiten wurden, die dann später in der Sowjetunion unter staatlicher Kontrolle standen. Heute werden sie von Ausschüssen geleitet, die wiederum von der usbekischen Regierung kontrolliert werden.
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Laut der usbekischen Onlinezeitung Gazeta.uz gibt es heute Usbekistans Hauptstadt Taschkent 524 Mahallas. Durch veränderte Lebensweisen, wirtschaftlichen Druck und fehlende Infrastruktur sind diese aber vom Verschwinden bedroht. Somit verfolgt die Ausstellung auch einen Bildungszweck, indem sie dazu beiträgt, diesen Aspekt der usbekischen Gesellschaft zu dokumentieren.
Eintauchen in 3D
Wie das russische Magazin Strelka berichtet, wurde der usbekische Pavillon mit dem Titel „Mahalla: urban rural living“ von einem Team der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich entworfen, welches Mahallas untersucht und dokumentiert hat. Die Installation wurde von der Stiftung zur Entwicklung von Kunst und Kultur, einer dem usbekischen Kulturministerium unterstehenden Einrichtung, in Auftrag gegeben. Kuratiert wurde das Projekt von Emanuel Christ und Christoph Gantenbein, den Gründern des Schweizer Architekturbüros Christ & Gantenbein.
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Konkret tauchen der BesucherInnen des Pavillons in sechs Häuser mit typisch usbekischen Innenhöfen ein, dargestellt durch maßstabsgetreue Abstraktionen aus gelben Stahlrohren. Eine App ermöglicht es laut Strelka, das Innere von Wohnungen anhand von 3D-Bildern virtuell zu besichtigen. Vervollständigt wird die Struktur durch einen Hintergrundsound, den Carlos Casas in Mahallas aufgenommenen hat, um die Klangatmosphäre des Alltags zu transkribieren, heißt es auf der Seite des Projekts.
Joanna Blain, Redakteurin für Novastan
Aus dem Französischen von Robin Roth
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