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„Zwiebelkrise“ nach hartem Winter in Zentralasien

Zwiebeln sind eine der Hauptzutaten in traditionellen zentralasiatischen Gerichten. Ihr Preis stieg in diesem Winter allerdings stark an. Es ist eines von vielen Zeichen dafür, dass Zentralasien eine Inflation bei Grundnahrungsmitteln droht, die Gefahr läuft, darüber hinaus eine Nahrungsmittelkrise auszulösen.

Auf einem Markt in Usbekistan
Auf einem Markt in Usbekistan

Zwiebeln sind eine der Hauptzutaten in traditionellen zentralasiatischen Gerichten. Ihr Preis stieg in diesem Winter allerdings stark an. Es ist eines von vielen Zeichen dafür, dass Zentralasien eine Inflation bei Grundnahrungsmitteln droht, die Gefahr läuft, darüber hinaus eine Nahrungsmittelkrise auszulösen.

Der Preis für ein Kilogramm Zwiebeln ist in Kasachstan innerhalb eines Jahres um satte 105% gestiegen, berichtet das kasachstanische Medienunternehmen Orda. In nur wenigen Monaten trieb die Inflation sämtliche Lebensmittelpreise in die Höhe, was einen allgemeinen Preisanstieg von mehr als 25% im Vergleich zum Vorjahr beträgt. Der Hauptgrund dafür waren die extrem kalten Temperaturen in diesem Winter, dem „härtesten Winter seit 2008“ in Zentralasien. Die Kälte brachte demnach nicht nur die Energieinfrastruktur der Republiken, sondern auch die landwirtschaftliche Produktion an ihre Grenzen.

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Auch die Nachbarn Kasachstans wurden nicht verschont. In Usbekistan, einem der am härtesten betroffenen Länder, ruinierte der Frost große Teile der Zwiebelbestände und erschwerte die Logistik, erklärte das Landwirtschaftsministerium in einer Pressemitteilung. Im Gegensatz zu den meisten Ländern, in denen der tatsächliche Zwiebelverbrauch etwa 10-15 kg pro Person und Jahr beträgt, liegt er in Usbekistan, wie auch im benachbarten Tadschikistan, gemäß Schätzungen bei über 35 kg. Diese Länder müssen sich daher mit einer ernsthaften Nahrungsmittelkrise auseinandersetzen und Maßnahmen ergreifen, die die weltweite Nahrungsmittelkette betreffen.

Preise und Spekulationen explodieren auf den Basaren

„Der Zwiebelpreis in den Regalen in Moskau entspricht jetzt 500 Tenge (1,10 Euro), in Usbekistan 350 Tenge (76 Cent) und in Kasachstan liegt er an manchen Orten bei 170 Tenge (37 Cent)“, warnte der kasachische Handelsminister Serik Jumangarin. Auf den Märkten und Basaren wiesen mehrere Beobachtende auf die leeren Verkaufsstände hin. Im zentralasiatischen Raum hat die Zwiebel-Knappheit Platz für Spekulationen gemacht. In Tadschikistan beispielsweise sind die Preise auf den Basaren drei- bis viermal so hoch wie die Preise auf den Bauernhöfen, berichtet das tadschikistanische Medium Asia-Plus. In Turkmenistan stieg der Preis für Zwiebeln in einigen Regionen Ende Januar von 7 auf 25 Manat, schreibt Radio Azatlyk, der Dienst von Radio Free Europe in Turkmenistan. Der kasachische Minister erklärte währenddessen, sein Ministerium arbeite mit den Grenzbehörden zusammen, um Schmuggel zu verhindern.

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Jedem Staat seine eigene Zwiebel

Angesichts dieser Zwiebelknappheit wurden drastische Maßnahmen ergriffen. Bereits am 20. Januar kündigte das usbekische Landwirtschaftsministerium ein viermonatiges Exportverbot für Zwiebeln an, nachdem sich die Preise innerhalb von drei Wochen verdoppelt hatten, und begründete dies damit, dass schlichtweg keine Reserven vorhanden seien.

Am 27. Januar verbot auch Kasachstan die Ausfuhr von Zwiebeln, deren Preis in nur einer Woche um 5% gestiegen war, wie Vlast.kz berichtet. Am 10. Februar zog Tadschikistan nach und stoppte den Zwiebelexport, damit die Vorräte bis zur nächsten Ernte für die gesamte Bevölkerung reichen. Das Landwirtschaftsministerium gab laut Asia-Plus einen Verlust von 10-12% der Vorräte sowie der Winterkulturen bekannt. In Kirgistan schließlich gilt dasselbe vorübergehende Verbot bereits seit dem 31. Januar für drei Monate und betrifft auch Schalotten, Lauch und anderes Zwiebelgemüse, wie das kirgisische Medium 24.kg berichtet.

Weltweite Resonanz

Die Analyse des US-Mediums Bloomberg zeigt, dass der Kilopreis für Zwiebeln wie auch für andere Grundnahrungsmittel in mehreren Regionen exponentiell steigt, insbesondere auch in Südostasien. Pakistan, ein wichtiger Zwiebelproduzent, der im vergangenen Jahr von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht wurde, musste mitansehen, wie ein Großteil seiner Kulturen verschwand, berichtet die Nachrichtenagentur India Today. In den Monaten vor der Kältewelle in Zentralasien berichtete die Plattform East Fruit, dass Usbekistan seine Zwiebelausfuhren nach Pakistan erhöhte.

Auch Marokko und die Türkei mussten Exporte unterbinden, ebenso wie die zentralasiatischen Republiken. Auf den Philippinen sind die Preise so stark gestiegen, dass die Regierung eine Untersuchung wegen Kartellbildung eingeleitet hat, berichtet Bloomberg. Am 8. Februar wurde in einem Kommuniqué der Vereinten Nationen und der Weltbank auf diese schwierige Situation hingewiesen und vor der Gefahr einer weltweiten Nahrungsmittelkrise gewarnt.  

Emma Collet, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Michèle Häfliger

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