Autofahren ist teurer geworden in Tadschikistan: Die Preise für Kraftstoffe im Land sind in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Dadurch werden auch Lebensmittel teurer, die per LKW angeliefert werden. Die Regierung setzt nun auf Erdölerzeugnisse made in Tadschikistan. Aber die könnten sogar noch teurer sein als die Import-Produkte. Folgender Artikel erschien im russischen Original bei Asia-Plus.
Der Preis für Flüssiggas ist im Juni in Tadschikistan um fast 50 Prozent gestiegen, Benzin und Diesel sind 15 Prozent teurer geworden. Daraufhin erhöhten private Beförderungsunternehmen die Preise für ihre Dienstleistungen. Deshalb kosten nun auch Lebensmittel, die per LKW geliefert werden, mehr. Die tadschikischen Behörden erklären die Preiserhöhung damit, dass die Preise für Kraftstoff in den Export-Ländern gestiegen sind, insbesondere in Russland und Kasachstan.
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Im Ministerium für Energie und Wasser wird die Preissteigerung für Erdölprodukte dadurch erklärt, dass Rohöl auf dem Weltmarkt teurer geworden ist. „Vor einem Jahr kostete ein Barrel Erdöl etwa 40 bis 50 US-Dollar, heute sind es schon mehr als 70 US-Dollar“, heißt es im Industrieministerium.
Der Weltmarkt ist schuld
Im Kartellamt gibt man an, dass der Kraftstoffmarkt ständig kontrolliert werde und die Preissteigerung rein sachliche Gründe habe. Den Angaben des Amts zufolge koste eine Tonne Flüssiggas, Benzin oder Diesel die tadschikischen Lieferanten heute fast 100 US-Dollar mehr als noch zu Beginn des Jahres. „Wir können von den Lieferanten nicht verlangen, ihre Produkte billiger zu verkaufen – dann machen sie keinen Gewinn mehr. Und jedes Unternehmen will schließlich Gewinn erwirtschaften. Wenn wir den Lieferanten diesen Gewinn vorenthalten, ist der Markt für sie nicht mehr rentabel und sie verkaufen keine Erdölerzeugnisse mehr. Dann haben wir einen Mangel, der zu einem noch größeren Preisanstieg führt“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Monopolkommission Nasar Odinasoda. Tadschikistan sei ein Kraftstoffimporteur und deshalb gezwungen, den Preisanstieg auf ausländischen Märkten hinzunehmen.
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Im Kartellamt heißt es, die Situation auf dem Kraftstoffmarkt könne nur verbessert werden, wenn heimische Erdölerzeugnisse hergestellt würden. „Die in der Region Dangara errichtete Erdölraffiniere wird sehr bald ihre Produktion aufnehmen. Zunächst werden dort 500.000 Tonnen Erdöl verarbeitet, die Menge wird schrittweise auf 1,2 Millionen Tonnen pro Jahr gesteigert. Dadurch können wir unsere Kunden mit günstigerem Kraftstoff versorgen“, sagt Nasar Odinasoda.
Probleme bei der heimischen Erdölverarbeitung
Die Erdölraffinerie in Dangara im Südwesten Tadschikistans wurde schon Ende 2016 fertiggestellt. Errichtet wurde der Betrieb von einem tadschikisch-chinesischen Joint Venture, das aus der chinesischen Firma „Dong Ying heli Investment and Development“ und der tadschikischen Firma „Hasan & Co.“ besteht. Aber die Inbetriebnahme wurde schon mehrfach verschoben. Als Grund gab man im Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel an, dass die chinesischen Investoren sich mit ausländischen Lieferanten nicht über die Rohstofflieferungen einigen konnten. Für den reibungslosen Betrieb der Fabrik müsse das notwendige Rohöl vorher in ausreichender Menge besorgt werden.
Tadschikistan verbraucht pro Jahr etwa 600.000 bis 700.000 Tonnen Kraftstoff für Autos. Der Bedarf wird je zur Hälfte aus Erdölerzeugnissen und Flüssiggas gedeckt.
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Energieexperten bezweifeln, dass die Erdölraffinerie in Dangara das Problem der hohen Kraftstoffpreise im Land lösen kann. „Die Sache ist die: Solche Fabriken werden in der Regel da gebaut, wo es größere Erdölvorkommen gibt. Je näher zum Rohstoffvorkommen, desto besser. Wenn man sich jetzt aber dazu entschlossen hat, da zu bauen, wo es überhaupt kein Erdölvorkommen gibt, sollte zumindest eine Erdölleitung verlegt werden. Sonst lohnt sich die Produktion nicht. In ganz Tadschikistan gibt es keine größeren Erdölvorkommen. Und eine Erdölleitung aus dem Ausland zu verlegen ist sehr teuer. Deshalb muss der Rohstoff auf dem Landweg angeliefert werden. Das macht die Verarbeitung sehr teuer, wenn man den weiten Transportweg und die hohen Ausfuhrzölle in den Export-Ländern mit einberechnet“, erklärt der unabhängige Energiefachmann Safar Ajubow.
Zwar könne die Produktion aufgenommen werden, die Eigenkosten des Betriebs geben ihm aber zu denken, fügte er hinzu. „Ich fürchte, dass die Eigenproduktion am Ende teurer wird, als importierter Brennstoff“, sagt er.
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Laut dem Ökonomen Rustam Saidow seien Steuerermäßigungen für Lieferanten und Händler das Einzige, was die Preise des tadschikischen Brennstoffmarkts stabilisieren könne: „Die Regierung kann die Steuern und Zölle für den Import und die Herstellung der Erdölprodukte senken und sie damit billiger machen.“ Jedoch erlaube das die aktuelle Finanzlage den Behörden nicht, weil sie selbst nach Möglichkeiten suchen, das Budget zu füllen, so Saidow.
Pajraw Tschorschanbijew, Asia-Plus
Aus dem Russischen von Christina Spitzmüller
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