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Toqaev setzt auf staatliche Intervention

Eine schriftliche Botschaft von Qasym-Jomart Toqaev deutet auf geplante Veränderungen in der Wirtschaft Kasachstans hin, spiegelt dabei aber deutlich die wirtschaftlichen Ansichten des Präsidenten und seines inneren Kreises wider. Der Geschäftsmann und Vorsitzende der Agentur für die Kontrolle strategischer Ressourcen Galymjan Jakiıanov kommentiert die Widersprüche in den Worten des Präsidenten.

Foto: akorda.kz
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Eine schriftliche Botschaft von Qasym-Jomart Toqaev deutet auf geplante Veränderungen in der Wirtschaft Kasachstans hin, spiegelt dabei aber deutlich die wirtschaftlichen Ansichten des Präsidenten und seines inneren Kreises wider. Der Geschäftsmann und Vorsitzende der Agentur für die Kontrolle strategischer Ressourcen Galymjan Jakiıanov kommentiert die Widersprüche in den Worten des Präsidenten.

Als Hauptprobleme der kasachstanischen Wirtschaft nennt Toqaev die Rohstofforientierung von Industrie und Landwirtschaft, die Unterentwicklung von Wettbewerb und KMU, fehlende Investitionen und eine unkoordinierte makroökonomische Politik. Dies ist weitgehend richtig, aber die vorgeschlagenen Lösungen und die Rolle des Staates in diesem Prozess sind alarmierend.

Staatliche Intervention als Schlüsselbegriff der Wirtschaftspolitik Toqaevs

Tatsächlich zielen alle Initiativen des Präsidenten auf eine weitere Abkehr von Marktwirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit und freiem Handel. Er schlägt vor, nicht nur wie bisher direkt in die Aktivitäten der Industriegiganten einzugreifen, sondern auch in die aller mittelständischen Unternehmen. Die Notwendigkeit einer totalen „Beteiligung“ der Bürokratie begründet er damit, dass sich die mittelständischen kasachstanischen Unternehmen im Laufe ihres Wachstums aufspalten, um im „bequemen“ Segment der Kleinunternehmen zu bleiben.

Dabei handelt es sich allerdings um eine Strategie der Unternehmen, sich vor den Steuer-, Zoll- und Strafverfolgungsbehörden zu verstecken. Vielleicht sollten daher nicht die Unternehmenden, sondern die Beamten stärker kontrolliert werden.

Widersprüchliche Initiativen

Toqaev vertritt die These, dass „eine erfolgreiche Entwicklung des Unternehmertums ohne die Entwicklung des Wettbewerbs unmöglich ist“. Er verurteilt sogar die Dominanz der großen Akteure in einer Reihe von Branchen. Gleichzeitig stellt er sich die neue Industriepolitik als staatliche Unterstützung von mindestens 15 Großprojekten vor, mit deren Hilfe der Produktionszyklus im Land „geschlossen werden“ soll. Sollte dieses Vorhaben gelingen, wird der Staat den Wettbewerb eigenhändig zerstören, da Unternehmen ohne staatliche Unterstützung unweigerlich in Konkurs gehen werden.

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Einerseits spricht der Präsident also von der Entwicklung des Wettbewerbs, andererseits begünstigen die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen einige Unternehmen auf Kosten des Staates gegenüber anderen. Und das ist nicht der einzige Widerspruch in dieser Botschaft.

„Monopolisierung der Wirtschaft jenseits aller Vernunft“

Hinsichtlich der Demonopolisierungsmaßnahmen beklagt der Präsident, dass die Antimonopolbehörde Verstöße nicht sofort beseitigen könne, da ihre Anordnungen vor Gericht anfechtbar seien. Gesetzesänderungen sollen es den Beamten ermöglichen, schneller und außergerichtlich gegen Verstöße vorzugehen. Verlieren die Beamten vor Gericht, ist entweder das Gesetz schlecht oder die Justiz korrupt. Anstatt die wahren Ursachen zu bekämpfen, wird vorgeschlagen, die Möglichkeiten für willkürliches Verhalten derselben Beamten zu erweitern. Das wird die Korruption nur verstärken.

Stattdessen sollten Antimonopolkommissionen öffentlich rechenschaftspflichtig sein und ihre Mitglieder gewählt werden, wie es in Ländern mit entwickelten Volkswirtschaften üblich ist.

Ungereimtheiten und Widersprüche als Strategie?

Insgesamt wirkt die Botschaft wie ein Déjà-vu: Die gleichen Probleme werden seit Jahren diskutiert und dieselben schädlichen Lösungen vorgeschlagen. Das bestehende System des korrupten Staatskapitalismus ist nicht aus Mangel an ökonomischem Wissen entstanden, sondern aus einem stillschweigenden Konsens zwischen Präsident, Staatsapparat und Oligarchen: Der erste kasachstanische Präsident Nasarbaev konnte willkürlich regieren, der Staatsapparat konnte veruntreuen, und die Oligarchen bereicherten sich. Toqaev hat es nicht eilig, diesen Pakt zu brechen.

Galymjan Jakiıanov für Vlast

Aus dem Russischen von Michèle Häfliger

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