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Präsident Toqaev mit Gewaltbereitschaft gegen fortlaufende Proteste

In Reaktion auf die anhaltenden Proteste und den Ausnahmezustand im Land bittet Präsident Toqaev die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit darum, ihre Truppen nach Kasachstan zu entsenden. Die Proteste gehen zwar weiter, aber die Lage sei laut staatlichen Medien unter Kontrolle.

Proteste Kasachstan
Proteste in Aqtobe, Kasachstan, am 4. Januar

In Reaktion auf die anhaltenden Proteste und den Ausnahmezustand im Land bittet Präsident Toqaev die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit darum, ihre Truppen nach Kasachstan zu entsenden. Die Proteste gehen zwar weiter, aber die Lage sei laut staatlichen Medien unter Kontrolle.

Nach mehreren Tagen Proteste und Gewaltausschreitungen ab dem Abend des 5. Januar, verlief die vergangene Nacht verlief relativ ruhig in Kasachstan, berichtet Vlast.kz. Am Abend gab es keine Unruhen und lokale Behörden gaben an, dass die Lage unter Kontrolle sei. Am Nachmittag des 7. Januar spricht das kaachstanische Innenministerium von insgesamt 26 „liquidierten“ Menschen, so das kasachstanische Online Medium Orda. Weitere 26 seien verletzt, und 3800 Menschen festgenommen.

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Auch in den meisten Regionen soll die Nacht verhältnismäßig ruhig verlaufen sein, wie Vlast.kz weitergibt.

Präsident gab Schießbefehl

In einer Ansprache an die Nation am frühen Nachmittag sprach Präsident Qasym-Jomart Toqaev von einer fortlaufenden Anti-Terror-Operation, die ihmzufolge die „verfassungmäßigen Legalität“ im Land wieder herstellen soll. Auf internationale und ausländische Forderungen, man solle in einen friedlichen Dialog mit den Protestierenden treten, reagierte er mit Trotz: „Was für ein Blödsinn! Wie kann man mit Kriminellen und Mördern verhandeln?“ Es handle sich, so Toqaev, um einheimische und ausländische Banditen und Terroristen, die vollständig beseitigt werden müssen.Lest auch bei Novastan: Zahlreiche Tote und Verletzte bei Protesten in Kasachstan

Die Protestbewegung bezeichnet er als „dunkle Zeit“ in der Geschichte des Landes und die oberste Priorität sei zu verhindern, dass solche Ereignisse sich wiederholen können. Den Protestierenden wirft er zudem vor, einen koordinierten präzisen Angriffsplan zu haben und zudem eine hohe Kampfbereitschaft. Darüber hinaus äußerte er sich zu den Einschränkungen des Internets. „Aufgrund der Stabilisierung der Lage habe ich angeordnet, dass die Internetkommunikation in bestimmten Regionen des Landes für bestimmte Zeitabschnitte abgeschaltet wird,“ so Toqaev. „Ich bin zuversichtlich, dass sich diese Entscheidung positiv auf den Lebensunterhalt unserer Bürger auswirken wird. Wir weisen darauf hin, dass der freie Zugang zum Internet nicht die freie Veröffentlichung von Erfindungen, Verleumdungen, Beleidigungen und Hetzaufrufen bedeuten.

Toqaev reagiert auf die angespannte Lage mit einer zunehmend gewaltbereiten Vorgehensweise: Er habe eine Schießbefehl erteilt – nun dürfen Polizist:innen ohne jegliche Vorwarnung das Feuer eröffnen.

Fortlaufende Demonstrationen

In der Stadt Jańaózen finden zwischenzeitlich weiter friedliche Kundgebungen statt. Auf dem zentralen Platz versammelten sich am 7. Januar ungefähr 2000 Menschen, die ein Gebet sprachen und danach ihre politischen Forderungen präsentierten. Mitunter fordern sie den Wechsel des politischen Regimes, Wahlen auf regionaler und lokaler Ebene und ein Ende der Verfolgung von zivilen Aktivist:innen.

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Die von Toqaev gerufenen Truppen der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) treffen nach und nach in Kasachstan ein. Die Nachrichtenagentur Kloop berichtet, dass die kirgisische Regierung sich ebenfalls dazu entschlossen hat, Truppen zu entsenden. Die Entscheidung wurde allerdings nach zwei Abstimmungsrunden im Parlament getroffen, da die in der ersten Runde nicht genug Stimmen für die Entsendung der Truppen zusammen gekommen sind.

In seiner Ansprache an die Nation bedankt sich der Präsident Toqaev bei dem armenischen Premierminister, der Vorsitz der OVKS ist, sowie bei den Präsidenten von Belarus, Kirgistan und Tadschikistan für das Entsenden ihrer Truppen. Besonderen Dank widmete er dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, da dieser schnell auf seine Anfrage reagiert habe. Alexander Lukaschenka, Präsident von Belarus, thematisierte die Lage in Kasachstan in seiner Weihnachtsansprache. Live Universal Awareness Map, ein Portal für internationale Nachrichten schreibt, dass für Lukaschenka das neue Jahr ein „Jahr der Vereinigung von Staaten zu Unionen“ sein wird. Man solle sich mit den Bruderstaaten – Russland, Kasachstan und der Ukraine – vereinigen.

Die unauffindbare Elite

Nursultan Nazarbaev hatte bis zu seinem Rücktritt 2019 das Amt des Präsidenten inne. Seit Ende seiner Amtszeit war er der Leiter des Sicherheitsrats, bis Toqaev am 5. Januar 2022 sich selbst zum neuen Leiter erklärte. Der derzeitige Aufenthaltsort und Zustand des ehemaligen Präsidenten und seiner Familie sind unklar. „Es ist bemerkenswert, dass seit Beginn der politischen Krise in Kasachstan weder die offiziellen Behörden noch die staatlichen Fernsehsender und Medien den Namen von Nursultan Nazarbaev und Mitgliedern seiner Familie nennen,“ so Kloop. “ Sie melden nicht, wo sie sind oder was mit ihnen los ist.“ Es liegen vermeintlich Informationen vor, die besagen, dass Nazarbaev mit seinen Töchtern und ihren Familien das Land verlassen habe. Aus den Informationen geht ebenfalls hervor, dass Bolat Nazarbaev, der ältere Bruder des ehemaligen Präsidenten, als einziger noch im Lande ist. In offiziellen Berichten der Regierung und Reden von Regierungsangehörigen wird die Hauptstadt nicht mehr Nur-Sultan genannt. Die erste Amtshandlung in Toqaevs Präsidentschaft war die Umbenennung der Hauptstadt Astana in Nur-Sultan. Die Umbenennung der Hauptstadt sollte den Elbasy (Führer der Nation, Anm. d. Red.) unsterblich machen, so Tokaev im März 2019. Doch der Elbasy und seine Sonderstellung finden keine Erwähnung seit Ausbruch der Proteste.

Hera Shokohi Novastan.org

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