Die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland sind in Tadschikistan deutlich zu spüren. Die Wirtschaft dieser zentralasiatischen Republik stagniert seit Jahren, und viele Menschen hatten das Land verlassen, um in Russland Arbeit zu finden. Die durch den Krieg in der Ukraine verursachte Instabilität wirkt sich auf fast alle Aspekte des täglichen Lebens aus.
In Duschanbe, der Hauptstadt Tadschikistans, wird das Leben immer teurer. Wie das amerikanische Medium Eurasianet anmerkt, ist Tadschikistan wirtschaftlich stark von Russland abhängig, und viele Familien zählen auf Überweisungen von dort arbeitenden Verwandten. Nach Angaben der Weltbank machten solche Überweisungen im Jahr 2020 26,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Tadschikistans aus, der dritthöchste Wert weltweit.
Mit den zunehmenden Sanktionen gegen Russland infolge des anhaltenden Konflikts in der Ukraine und dem folgenden Anstieg des Dollarkurses ist in den letzten Wochen fast alles teurer geworden. Feruza, eine Lehrerin, die an einer privaten Universität arbeitet, sprach mit Novastan über die Auswirkungen, die der veränderte Dollarkurs auf ihre Familie hat. „Vor ein paar Tagen musste ich die Schulgebühren für meinen Sohn bezahlen. Jetzt ist der Somoni (die tadschikische Währung, Anm. d. Red.) gegenüber dem Dollar so schwach, dass es so ist, als würde ich 100 Dollar mehr zahlen als vorher“, erklärt sie.
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Die Gebühren für internationale Schulen können in der Regel wahlweise in Dollar oder Somoni bezahlt werden, sie richten sich aber wie viele andere Ausgaben nach dem Dollarkurs. „Ich wollte in Dollar bezahlen, aber bei der Bank sagten sie mir, sie können keine Dollar auszahlen. Ich erklärte, dass ich das Schulgeld für meinen Sohn bezahlen wollte, aber sie antworteten: ‚Nein, wir können Ihnen nur mit Genehmigung des Bankdirektors Dollar geben, und auch nur, wenn Sie ein Dollarkonto haben. Es gab noch andere, die ein ähnliches Problem hatten“, beschreibt Feruza.
Teure Geldüberweisungen
Im Allgemeinen ziehen es die Menschen vor, Geld auf dem Schwarzmarkt zu tauschen, anstatt zur Bank zu gehen. „Man kann einen besseren Kurs finden, wenn man sich umhört, aber es ist sehr gefährlich“, erklärt Nagina, eine Büroangestellte aus der autonomen Region Berg-Badachschan im Osten Tadschikistans, gegenüber Novastan. „Meine Kinder leben in Moskau und normalerweise sind wir nicht auf Geldüberweisungen von ihnen angewiesen. Aber wenn wir sie brauchen, ist es im momentan besser, jemanden zu finden, der von Russland nach Tadschikistan reist, als auf die Bank zurückzugreifen“, sagt sie.
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Wenn Zahlungen aus Russland geschickt werden, werden sie in Rubel gezahlt und in Somoni empfangen. Da der Rubel infolge der Sanktionen zeitweise an Wert verloren hat, mussten die Menschen, die in Russland arbeiten, einen Aufschlag zahlen, um auf die benötigte Menge an Somoni zu kommen. Es ist einfacher und kostengünstiger, Dollar in bar zu schicken, wenn jemand die Reise macht. Instabile Kurse sind nichts Neues, wie Nagina betont.
„Wir haben Erfahrung. Während der Finanzkrise war es genauso, daher wissen wir, wie wir uns vorbereiten müssen. Wir kaufen Lebensmittel auf Vorrat, Dinge wie Öl oder Mehl, die lange haltbar sind. Wir wissen nicht, wann sich die Preise wieder ändern werden, also müssen wir uns bereithalten“, beschreibt sie. Ernährungsunsicherheit ist bereits ein großes Problem in Tadschikistan. Nach Angaben von USAID leben bis zu 27 Prozent der Bevölkerung von 1,90 Dollar (1,74 Euro) oder weniger pro Tag. Während der Covid-19-Pandemie erhielten viele Familien eine einmalige Zahlung von 500 Somoni (36 Euro), es ist aber noch nicht bekannt, wie die tadschikische Regierung auf die aktuellen Preiserhöhungen reagieren wird.
Die Preise hängen stark vom Dollar ab
„Das hat sich natürlich ein wenig auf meine täglichen Kosten und mein Geschäft ausgewirkt“, erklärt der Importhändler Alisher gegenüber Novastan. „Die Leute kaufen weniger. Sehen Sie sich zum Beispiel diese iPhone-Hülle an. Vorher kostete sie vielleicht 10 Somoni (0,71 Euro), jetzt sind es 16 (1,14 Euro)“, sagt er.
In der ganzen Hauptstadt haben die Geschäfte infolge der neuen Lebenshaltungskosten ihre Preise erhöht. Eine kleine Portion Oshi Pilau (oder auch Plow), ein Nationalgericht in Tadschikistan, kostete bislang 16 Somoni (1,14 Euro), ist aber inzwischen auf 20 Somoni (1,42 Euro) angestiegen. Der Preis für das Benzin des russischen Lieferanten Gazprom ist sogar von 10,30 Somoni (0,73 Euro pro Liter) auf 12 Somoni (0,85 Euro) gestiegen. „Alles hier hängt mit dem Dollarpreis zusammen“, schlussfolgert Alisher. „Der Dollar ist alles in Tadschikistan.“
Fiona Katherine Smith Redakteurin für Novastan in Duschanbe
Aus dem Englischen von Florian Coppenrath
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