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Central Asian narratives – notes from the field

Am 14. März fand unser Treffen “Central Asian narratives - notes from the field” im Café OstPost in Berlin statt. Drei NovastanInnern, Thanh-Hue Huynh, Nicholas Montgomery Gregg und Beril Ocaklı, haben uns durch ihre Feldforschung in Zentralasien geführt.

Nicolas Gregg
Nicolas Gregg bei seinem Vortrag zu "Allein wohnen in Duschanbe"

Am 14. März fand unser Treffen “Central Asian narratives – notes from the field” im Café OstPost in Berlin statt. Drei NovastanInnern, Thanh-Hue Huynh, Nicholas Montgomery Gregg und Beril Ocaklı, haben uns durch ihre Feldforschung in Zentralasien geführt.

Es ging um Hochzeitskleider in Samarkand, alleine Leben in Duschanbe und Konflikte um Goldbergbau in Kirgistan. Knapp 30 Gäste haben am Abend des 14. März mit uns eine kleine Reise durch Zentralasien unternommen. Hier eine kleine Zusammenfassung der Route.

Wo kommen die schönen Kleider in Samarkand her?

Bei der Landung in Usbekistan hat Thanh schon auf uns gewartet. Sie hatte Usbekistan erstmals 2017 besucht. Da wollte sie ihre Masterarbeit noch über Fischcafés schreiben und wurde zufälligerweise auf eine usbekische Hochzeit eingeladen. Dort fand sie auch gleich ein neues Thema: Die Kleider der anwesenden Frauen waren so wunderschön, dass Thanh sofort davon verzaubert war.

Wenn ein Fest ansteht, fangen viele Frauen in Usbekistan schon früh an sich Gedanken über ihre Kleider zu machen. Am besten soll das Kleid einzigartig und exklusiv sein. Deswegen werden viele Kleider von privaten Schneidern nach Maß angefertigt. Dabei spielen das Design und Stoff eine große Rolle.

Thanh wollte gerne wissen, wie diese wunderschönen Kleider entstehen. Dafür hat sie mit einigen Schneiderinnen gesprochen. Neben den zuhause geschneiderten Kleidern legen immer mehr Frauen Wert auf Exklusivität und lassen sich ein Festkleid auch schon einmal bis zu 800 Euro kosten.

Es gibt auch männliche Schneider, trotz gängiger Klischees und Darstellungen. Manche verdienen sogar mit wenigen, besonders teuren Aufträgen ganz gut und nehmen ihre Arbeit selbst eher als Kunst wahr. Über diese verschiedenen Begegnungen kam Thanh auch zum Thema ihrer Masterarbeit: Männliche Schneider in Samarkand.

Allein leben in Duschanbe

Unser nächster Halt war in Tadschikistan, in Duschanbe. Hier wurden wir von Nic abgeholt. Nic kam im Oktober 2018 nach Duschanbe, um für seine Masterarbeit über das Thema “Allein wohnen in Duschanbe” zu forschen. Für ihn als Amerikaner aus Berlin war es besonders interessant, solche Lebenskonstellationen in einem traditionell geprägten Land zu erforschen. Nic wollte wissen, ob überhaupt Menschen in Duschanbe alleine leben, und was allein leben in Duschanbe bedeutet.

Notes from the field
Etwa 30 Personen sind zu dem Vortrag gekommen

Familie steht in Tadschikistan im Mittelpunkt, daher leben dort laut offiziellen Daten nur drei Prozent der Bevölkerung in Haushalten mit nur einer Person. Wer allein leben möchte riskiert einen Konflikt in der Familie.

Allein wohnen ist auch nicht leicht. Besonders Frauen, die alleine eine Wohnung mieten, werden oftmals als Prostituierte wahrgenommen. Diese Angst und Unsicherheit hat Nic besonders bei seinen Interviewpartner gespürt. Die Aussagen waren sehr vorsichtig, manche Interviews konnten nur in Begleitung stattfinden.

Nach zwei Monaten Aufenthalt konnte Nic mit acht Menschen sprechen. Er hat gemerkt, dass das Thema facettenreicher sein kann, als es auf den ersten Blick scheint.

Konflikte um Goldbergbau in Kirgistan

Aus Tadschikistan fuhren wir mit einer Marschrutka nach Kirgistan. Da hat uns Beril erwartet. Die letzte Station unserer Reise war die erste für Beril als sie in 90ern Zentralasien für sich entdeckte. Damals lebte Beril zwei Jahre in Kirgistan und kam bis Anfang ihres beruflichen Werdegangs nicht mehr in die Region. Ihr Beruf schickte sie 2007 zurück nach Zentralasien und inspirierte sie dann 2015 einer Problematik in Kirgistan auch wissenschaftlich nachzugehen: was motiviert die unterschiedlichen Reaktionen der Bevölkerungsgruppen dem Goldbergbau gegenüber? Darüber schreibt sie ihre Dissertation an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Für den letzten Teil ihrer empirischen Forschung hat sie ein ökonomisches Experiment entwickelt. Sie wollte herausfinden, inwieweit die Bergbaukonflikte in Kirgistan nur mit Bergbau zu tun haben und was die Bereitschaft für ein (un)kooperatives Verhalten unter den Bevölkerungsgruppen beeinflußt. So haben 120 Menschen, die stichprobenartig in Bischkek und Orlovka befragt wurden, von Beril ein Geldgeschenk bekommen. Sie hatten dann die Wahl einen Teil oder die ganze Summe des Geldgeschenks an vordefinierte Organisationen zu spenden – oder eben die komplette Summe für sich zu behalten.

Die ersten Ergebnisse sind überraschend. Denn der größte Teil der Befragten haben das Geldgeschenk gespendet statt es für sich zu behalten. Die statistische Datenanalyse steht noch an aber derweil ist davon auszugehen, dass es zumindest in Orlovka und Bischkek durchaus eine Bereitschaft zur Kooperation besteht. Es bleibt noch die Aufgabe zu verstehen welche Faktoren diese Bereitschaft beeinflussen.

Forschen in Zentralasien

Die Reise ging zu Ende und bevor wir Zentralasien verlassen haben, haben wir noch ein Paar Empfehlungen von unseren Reiseführern zu Feldforschung in Zentralasien bekommen. Thanh hat empfohlen für die Suche nach Interviewpartner das eigene Netzwerk zu nutzen. Laut Nic soll man für die Forschung genug Zeit einplanen und immer für spontane Momente bereit sein. Beril rät für die Feldforschung ein Schreiben aus der Universität zu haben, dass das Ziel des Aufenthalts klärt. Zudem Offenheit und Geduld sind zwei wichtige Begleiter jeder schwierigen Feldforschung und zugleich Voraussetzung um Vertrauen bei Menschen zu gewinnen.

Zarina Zinnatova
Novastan

Kommentare (2)

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Lahodynsky, 2019-04-2

Bitte um die relevante Literatur bzw um mehr Inhalt zu den hier angesprochenen Konflikten um den Goldbergbau in Kirgisistan. Dem hier gebotenen Text kann ich überhaupt keine Information über Konflikte entnehmen. Die grundlegenden journalistischen aber auch kriminalistischen Fragen sind immer die „5 w“: wer, wo, was, wann – und eventuell noch warum? Wir leben heute in einer „postfaktischen Zeit“, in der das „wie“ einer Nachricht leider bedeutender als ihr Inhalt ist – fake news sind allgegenwärtig. Umso wichtiger sind die Fakten.
Dr. Roman Lahodynsky, Hon.Prof., Institut für Montanistik & Bergbautechnologien, TU Bischek, Kirgisistan

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Die Redaktion, 2019-04-3

Lieber Herr Lahodynsky,
schade, dass wir Sie bei unserem Vortragsabend nicht begrüßen konnten. Es handelt sich hier um die Berichterstattung der Veranstaltung. Der Beitrag ist daher weder ein analytischer Artikel noch eine wissenschaftliche Veröffentlichung.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Novastan-Redaktion

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