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Zentralasien und die Russisch-Türkische Krise

Die Beziehungen zwischen der Türkei und Russland waren bereits häufiger von Anspannung und Konfrontation gekennzeichnet - so auch heute wieder. In Zentralasien scheint der türkische Einfluss gegenüber Russlands Autorität den Kürzeren zu ziehen. Dennoch bleibt Ankara für die zentralasiatischen Staaten eine Alternative, um der russischen Vorherrschaft zu entkommen.

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Redigiert von: Florian Coppenrath

Putin Erdogan
Putin Erdogan

Die Beziehungen zwischen der Türkei und Russland waren bereits häufiger von Anspannung und Konfrontation gekennzeichnet – so auch heute wieder. In Zentralasien scheint der türkische Einfluss gegenüber Russlands Autorität den Kürzeren zu ziehen. Dennoch bleibt Ankara für die zentralasiatischen Staaten eine Alternative, um der russischen Vorherrschaft zu entkommen.

Akhmed Rahmanov ist usbekischer Forscher am „Institut de Prospective et Sécurité en Europe(IPSE). Für Novastan erklärt er den jeweiligen Einfluss der zwei alten Reiche im komplexen zentralasiatischen Raum.

Im November letzten Jahres schoss die türkische Luftwaffe einen russischen Kampfjet ab. Seitdem befinden sich beide Staaten auf dem Weg zu dem größten politischen Konflikt, den es zwischen ihnen seit dem Ende der Sowjetunion gegeben hat. Eine nicht allzu überraschende Sachlage: Die  Geschichte der beiden Nachfolgestaaten des Zarenreichs und des Osmanischen Reiches ist voller direkter oder indirekter Konflikte. Seit 1568 gab es 12 Kriege zwischen den beiden Staaten. Die Figur des starken Staatsmannes, des Wiederherstellers des historischen Ruhms, die trotz mangelnder politischer Mittel sowohl von Wladimir Putin als auch von Recep Erdoğan dargestellt wird, trägt nichts zur Beruhigung der Lage bei.

Es handelt sich jedoch nicht nur um den Konflikt zwischen zwei Staatschefs, die sich als mächtige Männer aufspielen. Vielmehr treffen zwei Großmachtideologien aufeinander, die auf die Aufrechterhaltung der Erinnerungen an den Stolz der jeweils gefallenen Reiche basieren.

Natürlich ist der Konflikt auch nicht nur durch alten Groll und religiöse Rivalitäten zu erklären. Geopolitische und strategische Erwägungen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Bei genauerer Betrachtung sieht man, wie die Werte aus der jeweiligen Imperial-Zeit heute erneut einen wesentlichen Platz in den innenpolitischen Diskursen in Russland sowie in der Türkei einnehmen. Diese Werte werden instrumentalisiert, um Allianzen gegen andere Staaten zu schließen. Beide Länder ziehen ihre neuen Einflussbereiche auf der Grundlage historischer, religiöser oder ethnischer Zugehörigkeiten. So begegnet die Politik des Neo-Osmanismus (Yeni Osmanlıcılık) der Türkei der von Russland verteidigten Russischen Welt (Russkij Mir).

Keine bedeutenderen Folgen für Zentralasien

Viele westliche Medien und Experten sind zu Unrecht der Ansicht, dass der Türkisch-Russische Konflikt wesentliche Folgen in Zentralasien haben wird. Diese Meinung basiert auf der politischen Theorie Samuel Huntingtons, die aus seinem Werk „Kampf der Kulturen“ stammt. Seiner Logik nach läge Zentralasien zwischen zwei Fronten: Russland einerseits, das sich auf eine gemeinsame (vor allem sowjetische) Geschichte und eine günstige geographische Lage stützt und andererseits die Türkei, die ihre ethnische, sprachliche und religiöse Nähe nutzt. Diese Theorie entspricht jedoch nicht der Realität. Zentralasien ist nicht mehr der Ort, an dem Russland und die Türkei aneinandergeraten.

Lest auch bei Novastan: Zentralasien, Region der konkurrierenden regionalen Organisationen ?

Die in Medien oft verbreitete oberflächliche Darstellung von Zentralasien als russischem Hinterhof oder türkischem Angelpunkt entspricht nicht der regionalen Wirklichkeit, in der jedes Land eigene politische, wirtschaftliche und soziale Modelle hat. Die russische Präsenz ist nicht wegen der stark russophilen Haltung der zentralasiatischen Länder so stark, sondern wegen des mangelnden politischen Willens der anderen geopolitische Einheiten in der Region.

Die zentralasiatischen Republiken bemühen sich, ihre Souveränität zu wahren ohne Spannungen mit dem ehemaligen sowjetischen großen Bruder zu verursachen, weil niemand sie im Falle eines Konflikts mit Russland unterstützen wird. Dabei hat Russland weder die Ressourcen noch die langfristigen politischen Mittel, um die Länder der Region in seinem Einflussbereich zu halten. In Usbekistan und in Turkmenistan ist Russland schon heute nicht mehr so willkommen, wie man es oft denkt. Die Entwicklung der kasachischen und kirgisischen Nationalismen zeigt ebenfalls, dass nicht alles in der jungen Eurasischen Union harmonisch verläuft.

Der Pantürkismus, eine überholte Ideologie in Zentralasien?

Während Russland an Schwung verliert, wie steht es um den türkischen Einfluss in Zentralasien?
In der Geschichte wurden die Verbindungen zwischen der Türkei und Zentralasien ein erstes Mal 1556 gebrochen, als Iwan der Schreckliche das Khanat von Astrakhan einnahm und somit die Kommunikationswege zwischen den Osmanen und der Region unterbrach.

Die Schwächung des Osmanischen Reiches, der steigende türkische Nationalismus und der Pantürkismus brachten ein neues Interesse für Zentralasien von türkischer Seite mit sich. Aber das lässt sich auch auf die verzweifelte Situation des von europäischen Mächten geschlagenen Osmanischen Reichs am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts zurückführen. Seit dem Sieg der Roten Armee in Zentralasien Anfang der 1920er Jahre wird der pantürkisch beeinflusste bewaffnete Widerstand in Zentralasien als „Basmatschi“(„Räuber“) – Bewegung bezeichnet. Durch die Verwendung dieses Begriffs wollte die sowjetische Propaganda der Türkei und ihren vermeintlichen Komplizen in der nationalistischen Elite die Glaubwürdigkeit nehmen. Mit dieser Argumentation wurde auch der kurze Austausch zwischen der Türkei und Zentralasien zu Beginn des 20. Jahrhunderts unterbunden.

Das Ende der Sowjetunion erschien der Türkei sehr schnell wie eine geopolitische Gelegenheit. Sie war eines der ersten Länder, das die Unabhängigkeit der zentralasiatischen Republiken anerkannte. Ankara hielt zu Sowjetzeiten eine Schlüsselrolle innerhalb der NATO, diese wollte die Türkei als eine Art westlicher Botschafter in Zentralasien wahren.

Türkei NATO

Trotz eines dynamischen Anfangs stand die Zusammenarbeit der Türkei mit Zentralasien schnell vor einer Sackgasse. In ihrem Bestreben, den starken russischen Einfluss in der Region zu reduzieren, nutzte die türkische Politik vor allem eine Ideologie und Politik vom Beginn des 20. Jahrhunderts, die die ethnischen und religiösen Gemeinsamkeiten zwischen Türken und Zentralasiaten in den Vordergrund stellte. Zentralasien hatte sich aber durch die Sowjetunion geändert. Der Pantürkismus wurde erneut als eine schädliche Idee empfunden, sowohl von den Bevölkerungen als auch von den Staaten. Zu Sowjetzeiten wurde er als eine faschistische Ideologie dargestellt und die antinationalistische und laizistische Politik Moskaus hatte sich auch über die UdSSR hinaus in den öffentlichen Meinungen verankert. Dazu kam ein zweiter politischer Fehler der Türkei: Die Präsenz eines von der Gülen-Bewegung getragenen Neoislamismus, bis zum Beginn der 2010er Jahre ein enger alliierter der regierenden Partei für Recht und Entwicklung (AKP).

Die Mischung von Islamismus und türkischem Nationalismus: Ein Fehler in Usbekistan

In den 1990er Jahren stammten alle zentralasiatischen Regierungen direkt von der kommunistischen Partei ab. Ihre traditionellen Gegner waren die Nationalisten, Pantürkisten oder auch Islamisten. Obwohl sie alle offiziell das sowjetische Erbe verwarfen, wurden der Pantürkismus und die Nationalismen schnell von den ehemaligen Kommunisten übernommen. Beide Konzepte halfen bei der Erschaffung neuer nationaler Identitäten in Zentralasien.

Die islamistische Politik, andererseits, basiert auf einer älteren Geschichte und religiösen Konzepten, die in direktem Widerspruch zum nationalen und ideologischen Konstrukt der Sowjetunion standen. Dazu kam das Trauma des Afghanistan-Kriegs (1979-89), das eine ganze Generation an Männern, die heute an der Macht ist, geprägt hat. Aus diesen Gründen wurde die  finanzielle Unterstützung aus den Golfstaaten sowie der militante Islamismus von der Öffentlichkeit stark abgelehnt.

Dies betrifft besonders Usbekistan, das mit starken bewaffneten politischen Bewegungen wie der Islamischen Bewegung Usbekistans (IMU) zu tun hatte. Die Politik hat sich daher schnell jeder Form von Islamismus, ob bewaffnet oder friedlich, widersetzt.

Die Türkei der AKP zog diese politischen und historischen Faktoren zu wenig in Betracht als sie die Ziele der Gülen-Institutionen mit den Ideen von Said Nursi verband. Nachdem die Türkei es nicht schaffte, sich mit dem Regime von Islom Karimow in Usbekistan zu versöhnen, setzte sie auf die Oppositionspartei Erk und ihren Chef Muhammad Salih. Erk ist eine ursprünglich panturkistische Partei, die später islamistisch konservativ wurde.

Diese Wahl führte die Türkei am Anfang der Jahre 2000 zu einer wichtigen Krise mit Usbekistan. Die Folgen waren prompt: Schließung aller Gülenischen Schulen, Ausweisung der türkischen Lehrkräfte bis hin zur Inhaftierung türkischer Unternehmer, die Verbindungen zu gülenischen Gesellschaften hatten und von Usbekistan bezichtigt wurden, Mitglieder in islamischen Fronten zu sein.

Usbekistan hat also viele diplomatische, politische und sicherheitspolitische Mittel benutzt, um den türkischen Einfluss in der Region zu bekämpfen. Die Spannung zwischen beiden Staaten resultiert nicht nur aus der schlechten Politik der Türkei, sondern auch aus ihrer Ambition, der große Bruder der Turkvölker zu werden. Usbekistan sieht sich selbst als eine Regionalmacht und seine Stellung durch die Türkei bedroht.

Tatsächlich setzt sich Usbekistan dagegen ein, dass Zentralasien ein Schauplatz für Machtspiele großer Mächte wird. Dieser Wille lässt sich aus sicherheitspolitischen oder gar existentiellen Erwägungen schließen: Usbekistan ist eine junge Nation, die durch ihre mangelnde Legitimität in der internationalen Gemeinschaft besonders empfindlich gegenüber fremden Ideologien ist. So misstraut Usbekistan nicht nur der Türkei sondern auch Kasachstan, dass ebenfalls eine regionale Vormacht anstrebt und viele Beziehungen zu externen Mächten wie Russland und der Türkei pflegt.

Kasachstan, Mittler mit russischem Einfluss

Kasachstan ist für seine sensible Position gegenüber Russland bekannt und vermeidet immer jeden Konflikt mit Moskau. Gleichzeitig nutzt Astana jedes internationale Ereignis, um sich als ein Schlichter und eine Verhandlungsplattform anzubieten. Dies zeichnet sich durch den Beitritt des Landes in viele, teils widersprüchliche, internationale Organisationen ab.

Es gibt viele neuere Beispiele in denen Kasachstan mit mehr oder weniger Erfolg die Stellung eines Mittlers anstrebt. So hat Kasachstan keine klare Stellung zur Ukraine-Krise: Einerseits tritt es der pro-russischen Eurasischen Union bei, andererseits trifft sich der Präsident Nasarbajew mit seinem ukrainischen Kollegen, um die Beziehungen der beiden Länder zu festigen. Auch die Position Kasachstans zur Annexion der Krim ist unklar. Die Verhandlungen zu Syrien sind ein weiteres Beispiel für das Bestreben Kasachstans um die Position des Mittlers, ohne klar Stellung zu beziehen.

Präsidentenpalast Astana

Es ist keine Überraschung, dass sich dies auch in der türkisch-russischen Krise zeigt. Kurz nach dem Bekanntwerden der Nachricht, dass ein russischer Kampfjet durch türkische Streitkräfte abgeschossen wurde, erklärte Nasarbajew, man solle keine voreiligen Schlussfolgerungen ziehen. Er erklärte aber weiter: „Der russische Bomber hat die Türkei nicht angegriffen, er zielte nicht auf die Türkei sondern bekämpfte terroristische Gruppen“.

Seit der Unabhängigkeit hatte Kasachstan nie größere Konflikte mit der Türkei. Zudem regte die kasachische Regierung immer die Zusammenarbeit mit Ankara an. Diese Beziehungen sind ein Trumpf, um nicht ganz dem russischen Einfluss zu verfallen und stärken auch den kasachischen Nationalismus. Die beiden Länder pflegen starke wirtschaftliche Beziehungen: Laut des kasachischen Aussenministeriums betrugen die Projekte türkischer Firmen in Kasachstan 2012 über 17 Milliarden US Dollar.

Trotzdem ist Kasachstan ein wirtschaftlich, politisch und militärisch Alliierter Russlands und ein Mitglied der Eurasischen Union. Astana kann sich eine Verschlechterung der Beziehungen zu Moskau nicht leisten. Um eine positive Stellung gegenüber den russischen und türkischen „Freunden“ zu wahren, positionierte sich Kasachstan in diesem Konflikt erneut als Mittler und ruft die beiden Länder zur Versöhnung auf. Russland hat diese Initiative durch die Stimme seines Botschafters in Ankara abgewiesen. Dieser Konflikt bleibt also eine „große Herausforderung“ für Kasachstan, wie es auf der Webseite des kasachischen Präsidenten vermerkt ist.

Usbekistan und die Verweigerung des geopolitischen Spiels

Die usbekische Außenpolitik wird oft als eine Schaukelpolitik bezeichnet. Doch die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass das Land nicht unbedingt die goldene Mitte zwischen den Großmächten in der Region sucht. Viel mehr widersetzt sich Usbekistan den geopolitischen Spielen. Das Land will ganz unabhängig sein, um so flexibel wie möglich zu bleiben. Dies erklärt nicht nur seine Beziehungen zu fremden Mächten, sondern auch seine sehr zögerliche Beziehung zu internationalen Organisationen. Auch die Organisationen und Zusammenarbeit, die von der Türkei sowie Russland angeboten wurden, wurden von Taschkent immer abgewiesen.

Natürlich bringen die geschichtlichen, geographischen und migrationstechnischen Begebenheiten eine stärkere Kooperation mit Russland, aber in seiner Außenpolitik sendet Usbekistan regelmäßig Signale, um zu unterstreichen, dass es nicht mehr eine Kolonie oder ein Hinterhof von Moskau ist. Kürzlich haben Russland, die Vereinigten Staaten und sogar Saudi-Arabien Taschkent angeboten, ihrer antiterroristischen Koalitionen gegen den Islamischen Staat beizutreten. Alles ohne Erfolg.

Die alte diplomatische Krise zwischen Usbekistan und der Türkei verstärkt sich durch die Syrien-Krise. Usbekistan und weitere Staaten beschuldigen die Türkei, Terroristen, die über sein Territorium reisen, zu tolerieren. Usbekistan, das mehrere traumatische Erlebnisse mit islamischen Bewegungen hatte, kann nicht nachvollziehen, dass die Türkei usbekische Bürger, die sich über die Türkei dem IS anschliessen, nicht festnimmt.

Es wird von der usbekischen Regierung als Teil eines Komplotts gegen sie gesehen und bestätigt die Idee, dass die Türkei kein befreundeter Staat ist. Mit den Forderungen an die Türkei, die indirekte Unterstützung für die Islamisten zu unterlassen, steht Usbekistan auf einer Linie mit Russland. Es fordert eine Ausweisung der Usbeken, die Mitglieder von friedlichen oder bewaffneten islamistischen Gruppen sind.

Ende 2015 haben die usbekischen Sicherheitsdienste eine riesige antiterroristische Kampagne gestartet. Sie betraf fast die ganze Bevölkerung, vor allem die Stadtbevölkerung mit Internetanschluss. Gleichzeitig empfahl das usbekische Innenministerium den Bürgern, die in der Türkei arbeiten, aus diesem als instabil eingestuften Land heimzukehren. Das Ministerium forderte auch, dass die Bürger, die seit mehr als fünf Jahren ohne Kontakt mit usbekischen Behörden in der Türkei wohnen, sich bei den Behörden melden. Usbeken, die aus der Türkei zurückkehren, werden sehr strikt kontrolliert, inklusive des Inhalts ihrer elektronischer Medien. Ein Zeichen des Misstrauens zwischen Usbekistan und der Türkei.

Allerdings ist diese Reaktion nachvollziehbar: Jenseits der Beschuldigungen an die Türkei, Terroristen zu unterstützen, lebt auch eine relativ große usbekische Minderheit in der Türkei. Die meisten sind kurz nach der Unabhängigkeit aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen ausgewandert und viele von ihnen wurden in der Türkei politisiert. Eine Unterstützung Usbekistans für die Türkei in der Syrien- und Russlandkrise scheint daher quasi unmöglich.

Kirgistan, ein bei Moskau verankerter Freund der Türkei

Kirgistan ist in der Region das toleranteste Land gegenüber islamistischen Bewegungen und Finanzierungen aus der Türkei. Seit vergangenem Jahr ist es auch ein Mitglied der Eurasischen Union. Offiziell sieht Kirgistan die Türkei als einen befreundeten Staat, aber die Realität ist komplizierter. Trotzt relativ starker wirtschaftlicher Beziehungen ist Bischkek Ankara gegenüber misstrauisch eingestellt.

Vor kurzem hat die Türkei eine Textilfabrik in Kirgistan eröffnet, um in den Rest der Eurasischen Union exportieren zu können. Sie hat auch einen großen Einfluss auf die Jugend, ist im Süden des Landes sehr aktiv, wo die usbekische Minderheit durch ihre benachteiligte Stellung und die Diskriminierungen von Seiten der Behörden sehr empfänglich für den Einfluss Ankaras ist.   chen Staaten auf Kirgistan. Die türkische „Manas“ Universität zählt zu den größten in Bischkek und folgt auf die vielen türkischen Schulen der kirgisischen Hauptstadt. Die größte Moschee des Landes wurde vor kurzem in Bischkek im osmanischen Stil erbaut und vollständig von der Türkei finanziert.

Manas Universität Bischkek

Aber trotz des steigenden Bedeutung der Türkei ist der russische Einfluss in Kirgistan auch weiterhin nicht zu unterschätzen. Diesen übt Russland nicht nur durch die Eurasische Union aus, sondern auch durch Partnerschaften in Sachen Energie, Militär und Migration. Aus diesen Gründen hat Kirgistan ebenfalls die Zerstörung des Kampfjets durch die Türkei verurteilt.

Turkmenistan, zwischen Gasfreundschaft und Diaspora

Turkmenistan, das geschlossenste und autoritärste Land der Region, ist der Türkei gegenüber sehr aufgeschlossen. Gleichzeitig ist es seit der Unabhängigkeit wenig empfänglich für Russland. Turkmenische Bürger brauchen ein Visum, um nach Russland zu reisen, für die Türkei jedoch nicht. Diese Begebenheit hat eine sehr breite und durchaus pro-türkische turkmenische Diaspora in die Türkei gebracht. Laut der Oppositionsseite Chrono-Turkmenistan, lebten 2015 ca. 300 000 turkmenische Bürger in der Türkei.

Seit 2009 sind die Gaslieferungsverträge zwischen Turkmenistan und Russland gebrochen und die zwei Länder haben ein schlechtes Verhältnis. Turkmenistan ist das einzige Land Zentralasiens, das die Sowjetzeit als eine einfache Kolonialzeit bezeichnet.

Die Türkei hat starke wirtschaftliche Beziehungen zur turkmenischen Hauptstadt Aschgabat. Der Bausektor war früher von der französischen Firma Bouygues dominiert, heute stehen die günstigeren türkischen Firmen vorn. Trotzdem hat der turkmenische Präsident mehrmals sehr offen die Qualität der Arbeit dieser Firmen kritisiert.

Turm Aschgabat Turkmenistan

Die Türkei steht Turkmenistan zwar näher als Russland, aber die turkmenischen Behörden weigern sich im Namen ihrer Neutralität, im Syrien Konflikt Stellung zu beziehen. Turkmenistan hat stärkere Gas-Interessen in der Türkei als in Russland, da erstere eine unumgehbare Etappe auf dem Weg in den angestrebten europäischen Markt ist.

Weiterhin traut Turkmenistan der islamistischen Radikalisierung der Türkei nicht und zeigt sich empfindlich gegenüber militärischen Bewegungen an seiner Grenze zu Afghanistan. Russland kennt diesen Sachverhalt und nutzt ihn zu seinen Gunsten. Zum Beispiel kamen die einzigen Berichte über turkmenische Kämpfer des islamischen Staats und zu den Problemen mit den Taliban an der afghanischen Grenze von russischen Quellen. Wie es in dem Bericht des „Central Asia Program“ der George Washington Universität steht: „Russland übertreibt bewusst die islamistische Bedrohung in Turkmenistan, um ein Druckmittel [auf das Land] zu haben.

Die islamische Praxis ist in Turkmenistan streng vom Staat kontrolliert. Die Diaspora in der Türkei, die sich gut an die religiösen und politischen Realitäten des Regimes von Erdogan angepasst hat, kann langfristig ein ideologisches Problem für Turkmenistan darstellen.

Die Türkei kann keinen Einfluss in Zentralasien halten

Tadschikistan ist kein turksprachiges Land und zudem sehr abhängig von Russland, das dort einen Militärstützpunkt unterhält. Es hat also keinen Grund, die Türkei zu unterstützen. Der Präsident Rahmon ist aktuell vor allem damit beschäftigt, den Vorsatz einer islamischen Bedrohung zu nutzen, um jede politische Konkurrenz im Land zu beseitigen. Dabei genießt er die volle Unterstützung Russlands und die relative Gleichgültigkeit des Westens, der schon wieder über finanzielle Hilfe durch den Internationalen Währungsfonds spricht.

Der direkte Konflikt zwischen der Türkei und Russland zeigt erneut, dass in geopolitischem Sinne Russland weiterhin in Zentralasien dominiert. Die Länder der Region bemühen sich um eine größere Unabhängigkeit von Moskau, was aber nicht bedeutet, dass sie ihre außenpolitische Orientierung davon abwenden werden. Der Einfluss der Geschichte, der Wirtschaft und der Geographie sind noch zu stark, um eine Trennung von Russland zu ermöglichen.

Im aktuellen politischen Kontext würde Russland einen Verrat aus Zentralasien wohl kaum verzeihen. Die Türkei scheint keine vernünftige Alternative zu bieten. Abgesehen von ihren umstrittenen Beziehungen zu manchen islamistischen Gruppen kann die Türkei auch auf den wirtschaftlichen militärischen und geopolitischen Ebenen nicht mit Russland in Zentralasien standhalten.

Akhmed Rahmanov
Forscher und Redakteur für Novastan

Aus dem Französischen übersetzt von
Florian Coppenrath und Christina Nizurawski

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