In Karabalta wurde die chinesische Erdölraffinerie „Dschunda“ geschlossen. Die 2013 eröffnete Raffinerie war in verschiedene Skandale verwickelt, die mit nicht gezahlten Steuern, der Verletzung von Arbeitsrechten und Schädigung der Umwelt verbunden waren. Das Nachrichtenportal Kloop erzählt die Geschichte der Skandale nach. Wir übersetzen den Artikel mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Davon, dass die Arbeit der Erdölraffinerie in Karabalta eingestellt wurde, berichtete Wirtschaftsminister Oleg Pankratow am 6. November im Rahmen einer Regierungssitzung. Nach den Worten des Ministers sei dies mit Klagen wegen Steuerhinterziehung verbunden. „Dschunda“ habe Steuern in Höhe von circa 200 Millionen Som (circa 2,5 Millionen Euro) nicht bezahlt. Pankratow bezeichnete die Situation in der Raffinerie als „recht kritisch“.
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Wann die Raffinerie „Dschunda“, die in den fünf Jahren ihrer Existenz schon mehrmals geschlossen wurde, wieder die Arbeit aufnimmt, ist noch unklar. Der Vorsitzende des Parlamentskomitees für den Bereich Energie Koschobek Ryspajew meint, dass die Stilllegung der Fabrik keinen starken Einfluss auf den Brennstoffmarkt Kirgistans haben werde, da der Großteil des Brennstoffs aus Russland komme. „Dschunda stellt keine hochwertigen Brennstoffe her. Hauptsächlich wird dort Gas hergestellt“, sagte der Abgeordnete im Interview mit Kloop.
Ulan Kulow, Direktor der Assoziation der Ölhändler, meint hingegen, dass 2017 der Preis für Brennstoffe aufgrund einer vorübergehenden Schließung der chinesischen Fabrik gestiegen sei.
Eine lange Geschichte der Skandale
Die chinesische Erdölraffinerie „Dschunda“ nahm 2013 den Betrieb auf. Gemäß den Plänen der Regierung sollte die Fabrik die Abhängigkeit Kirgistans vom Brennstoffimport aus Kasachstan und Russland senken. Bei voller Kapazität sollte die Fabrik 60 Prozent der Nachfrage abdecken. Die kirgisische Führung teilte damals ebenso mit, dass „Dschunda“ jährlich 5 Milliarden Som (62,7 Millionen Euro) Steuern zahlen werde.
Aber bei „Dschunda“ begannen die Probleme – zuerst mit den EinwohnerInnen von Karabalta. 2014 beschuldigten diese das Unternehmen der Umwelt Schaden zuzufügen, weswegen die Regierung beschloss, das Werk vorübergehend zu schließen. Die staatliche Umweltagentur überprüfte daraufhin das Unternehmen auf Verstöße gehen die ökologischen Anforderungen, konnte aber nichts Verdächtiges finden.
2015 geriet die Raffinerie erstmals ins Interesse der Steuerfahndung, welche aufdeckte, dass Steuern in Höhe von 54 Millionen Som (circa 678 000 Euro) nicht gezahlt wurden und Anzeige gegen den stellvertretenden Direktor und den Hauptbuchhalter der Fabrik erstattete. Im Januar 2016 wurden beide festgenommen und die Raffinerie stellte für einen Monat ihren Betrieb ein.
Warum sich Abgeordnete für die Raffinerie einsetzen
Dennoch mischten sich Abgeordnete in das Verfahren ein. Sie kritisierten die Steuerfahndung, der sie vorwarfen ausländische Investoren zu verschrecken. Darauf ließ das Gericht die Inhaftierten unter der Bedingung frei, dass sie das Land nicht verlassen. Der Prozess ist bis heute nicht abgeschlossen.
„Die Fabrik Dschunda soll arbeiten. Solche Unternehmen und Investoren muss man unterstützen. Man darf keine Investoren quälen, die auf eigene Kosten Objekte aufgebaut haben“, sagte Koschobek Ryspajew im Zusamenhang mit dem Skandal von 2016. Er fügte hinzu, dass die Raffinerie über keine Rohstoffbasen verfüge und deswegen das Öl auf dem kasachstanischen oder russischen Markt kaufe. „Dies ist auch ein Grund, warum manchmal der Betrieb der Raffinerie eingestellt wird“, so Ryspajew.
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Der ehemalige Abgeordnete Turatbek Madylbekow hat diesbezüglich eine andere Meinung. Er vermutet, dass hinter dem Skandal um die nichtbezahlten Steuern hochgestellte Beamte aus dem Regierungs- und Parlamentsapparat stehen könnten.
„Heutzutage übertreten ausländische Investoren das Gesetz nur nachdem sie eine „carte blanche“ von hochgestellten Beamten erhalten haben. […] Die von der Steuerfahndung aufgedeckte Hinterziehung von 54 Millionen Som ist nur die Spitze des Eisbergs. Wenn man alles gründlich überprüft, werden noch viele Gesetzesübertretungen ans Licht kommen“, sagte Madylbekow 2016.
Verletzung des Arbeitsrechts
Zeitgleich mit dem Verfahren wegen Steuerhinterziehung sieht sich die Leitung von „Dschunda“ mit dem Vorwurf konfrontiert Arbeitsrecht zu verletzen. Laut dem zuständigen Gewerkschaftsvertreter Nurbek Sulajmanow, haben die Mitarbeiter des Unternehmens seit einigen Jahren keine Zuzahlungen für (gesundheits)schädliche Arbeiten erhalten.
„Wir fordern schon seit 2-3 Jahren die Einführung von Zusatzzahlungen an die Arbeiter, dafür dass sie unter schädlichen Umständen arbeiten. Außerdem wurden Forderungen nach einer Anpassung der Löhne und nach einer fristgemäßen Bereitstellung von Sicherheitskleidung laut. Aber keine dieser Forderungen wurde erfüllt“, sagt Sulajmanow.
Emil Sultanijew für Kloop
Aus dem Russischen von Robin Roth
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