Schon im Mai 2014 hatten wir über die ersten Entwürfe für das Energieprojekt CASA-1000 berichtet. Zwischenzeitlich haben die beteiligten Staaten den Startschuss gegeben. Außerdem ist bisher nicht viel passiert, und das aus gutem Grund: CASA-1000 erweist sich zunehmend als Konkurrent zu anderen Projekten und steht gegen dem Interesse von Usbekistan und besonders Turkmenistan. CASA-1000, ein Politikum, das sich auf Kompromisse einlassen muss, will es überleben. Der Artikel basiert auf einer bei Sputnik Tadschikistan erschienenen Publikation.
Kirgistan und Tadschikistan versuchen zusammen mit Afghanistan, Pakistan und Indien mit CASA-1000 ein Energieprojekt auf die Beine zu stellen, das zum jetzigen Zeitpunkt so nicht realisierbar scheint. CASA-1000 hätte mehr mit Politik als mit Wirtschaft zu tun, so der Vorwurf des Zentralasien und Mittlerer Osten Experte Alexander Knjasjew.
Erst am 7. Juli hatte er einer Sitzung mit den Teilnehmerländern des Projekts beigewohnt. Alle waren sie in die Hauptstadt Tadschikistans gekommen: Afghanistans Präsident Aschraf Ghani, der Premierminister Kirgistans Sooronbai Dscheenbekow und der inzwischen des Amtes enthobene Premierminister Pakistans Nawaz Sharif. In einem Interview mit Russia Today äußerte Ghani seinen Wunsch nach einem Beitritt Turkmenistans und Usbekistans in das Projekt.
Alexander Knjasjew hält diese Entwicklung für sehr wahrscheinlich:
„Die Tatsache, dass die Handelsroute im Rahmen des Projektes CASA-1000 derzeit von Norden nach Süden verläuft (Kirgistan – Tadschikistan – Afghanistan – Pakistan – Indien) verschafft diesem Projekt einen Vorteil gegenüber anderen Energieprojekten, sodass sich Usbekistan und besonders Turkmenistan – im Interesse ihres eigenen Energiehandels – in Zukunft sicher nicht ausgeschlossen sehen wollen.“
Wärme gegen Wasser
Knjasjew erinnert daran, dass es dort gleichzeitig das Energieprojekt TUTAP (Turkmenistan – Usbekistan –Tadschikistan – Afghanistan – Pakistan) für die Elektrizitätsversorgung aus Wärmekraftwerken gibt, die in Turkmenistan und Usbekistan stehen und Afghanistan und nachfolgend auch Pakistan und Indien mit Strom versorgen sollen.
„Da Usbekistan und Turkmenistan die größten Produzenten für Energie aus Wärmekraftwerken sind, stehen sie in direkter Konkurrenz zu Kirgistan und Tadschikistan“
Außerdem sei aufgrund der aktuellen Situation in Afghanistan die Umsetzung des Projekts TUTAP in Sicherheitsaspekten ein wenig einfacher, als die von CASA-1000. Man darf auch nicht vergessen, dass Wärmekraftwerke im Gegensatz zu Wasserkraftwerken das ganze Jahr über Elektrizität produzieren können und nicht von Witterungsumständen oder Jahreszeiten abhängig sind; Das ist wichtig für die Zufriedenheit der Kunden. Auch wenn hier Wasserkraft “funktioniert“ kann sie ihr ganzes Potenzial nur im Sommer ausnutzen.
(Anm. d. Red. Kirgistan und Tadschikistan haben immer wieder mit Stromausfällen zu kämpfen; zum Teil wegen der schlechten Infrastruktur, aber auch wegen des hohen Anteils an mal mehr mal weniger zur Verfügung stehender Energie aus Wasserkraft im Energiemix des Landes)
Mehr Beteiligte = mehr Sicherheit
„Deshalb werden die Verbraucher aus Afghanistan, Pakistan und Indien wohl eher den Strom aus den Wärmekraftwerken Usbekistans und Turkmenistans bevorzugen“, so Knjasjew. Wenn das Projekt CASA-1000 nun noch zwei weitere Staaten anziehe, sei es für Afghanistan noch interessanter.
Knjasjew sagt: „Afghanistan und damit auch die restlichen Staaten wären interessiert, da es in diesem Fall teilweise Transitland aber auch Abnehmer wäre. Deshalb ist das für Afghanistan, aber auch die anderen Staaten profitabel.“ Er fügt hinzu, dass Afghanistan derzeit Strom aus zwei Quellen bezieht: zum einen aus Tadschikistan via Kunduz zum anderen aus Usbekistan nach Kabul.
Damit ist ein vermehrter Energieexport aus Usbekistan wichtiger und wahrscheinlicher denn je.
Das politische CASA
Angesprochen auf die Realisierung von CASA-1000, sagt der Experte, das Projekt habe überwiegend keinen ökonomischen, sondern einen politischen Charakter.
Sowohl CASA-1000, als auch zu einem großen Teil TUTAP, sowie das Gasprojekt TAPI (Turkmenistan – Afghanistan – Pakistan – Indien) seien große geopolitische Projekte, die auch unter dem Namen “Großzentralasien“ laufen. Solche Projekte sollen die wirtschaftliche Abhängigkeit vom großen Bruder und größten Handelspartner Russland verkleinern; in diesem Fall die Abhängigkeit vom Energiehandel mit Russland. Dafür wird der Wirtschaftsraum für den Energiesektor Richtung Süden verschoben.
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Da fließt kein Strom
Tadschikistans Präsident Emomalij Rahmon sagte in einem Kommentar zu diesem Thema, dass man mit CASA-1000 den Erwartungen hinterherhinke, und dass die anderen Teilnehmerstaaten nicht mit vollem Einsatz an dem Projekt arbeiten würden, so der Experte.
Das erklärt die Tatsache, dass einige Planspiele noch nicht durchgerechnet, geschweige denn vereinbart wurden. Und Kirgistan möchte, obwohl es an dem Projekt beteiligt ist, noch keinen Vorstoß wagen – schließlich ist das Wasserkraftwerk Kambaratinskaya noch nicht gebaut und wird womöglich auch gar nicht erst gebaut werden; also wenn überhaupt dann lange nach der Fertigstellung des Wasserkraftwerks Rogun in Tadschikistan. Derzeit sind Tadschikistan und Kirgistan Länder mit einem Energiedefizit.
CASA-1000 wie es ist kaum realisierbar
CASA-1000 kann bis Dato das Energiedefizit in Pakistan nur Saisonal durch den Verkauf der Überschüsse im Sommer decken. Nur dann produzieren die Wasserkraftwerke Tadschikistans und Kirgistans genug Strom, um ihn über Afghanistan nach Pakistan zu exportieren.
Nach Angaben der Weltbank, werden im Rahmen dieses Projektes noch mehr als 1200 Kilometer Stromtraße gebaut werden.
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Im Mai 2016 hatten Emomalij Rahmon, Afghanistans Regierungschef Abdullah Abdullah, der ehemalige Premierminister Pakistans Nawaz Sharif, und Kirgistans Premierminister Sooronbai Dscheenbekow das Projekt CASA-1000 gemeinsam ins Leben gerufen.
Die voraussichtliche Realisierung von CASA-1000 – nicht vor 2020.
Aus dem Russischen von Julius Bauer
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