Der Präsident Usbekistans Schawkat Mirsijojew plant diesen Monat einen Besuch in Kasachstan. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten entwickeln sich mittlerweile aktiver, was zu weiteren integrativen Projekten in der Region führen könnte. Folgende Analyse ist im russischen Original zuerst auf Eurasia.expert veröffentlich worden.
Der Präsident Kasachstans Nursultan Nasarbajew lud den neuen Präsidenten Usbekistans Schawkat Mirsijojew zum Staatsbesuch nach Astana ein. Auch wenn Schawkat Mirsijojew als erstes Turkmenistan zu besuchen plant, ist Kasachstan eine Priorität für Taschkent. Und das ist kein Zufall: Usbekistan betrachtet seinen nördlichen Nachbarn als zukünftigen wirtschaftlichen und politischen Partner in der Beseitigung einer Reihe von eigenen Problemen. Auch Kasachstan ist an einer stärkeren Zusammenarbeit interessiert, vor allem aus ökonomischen Gründen.
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Wirtschaft – Antrieb der Politik
Auf der Tagesordnung der erwarteten Gespräche zwischen Astana und Taschkent steht in erster Linie der Handel und die logistische Partnerschaft. „Die Dynamik unserer gegenseitigen Beziehung hat sich Ende 2016 und Anfang 2017 sehr verstärkt“, kommentiert eine Quelle in der usbekischen Botschaft in Kasachstan. „Dementsprechend sind eine ganze Reihe von offenen Fragen aufgetaucht, die angesprochen werden müssen. Der Zeitpunkt des Treffens unserer zwei Präsidenten ist in der Hinsicht genau richtig.“
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Kasachstan und Usbekistan planen weitere gegenseitigen Besuche und Treffen in naher Zukunft. Laut usbekischen Diplomaten stehen bereits sehr viele Termine. Im April oder Mai sollen die Gouverneure der Regionen Nawoi und Dschissach Kasachstan besuche. Sie sind beauftragt, mit kasachischen Unternehmern die Rahmenbedingungen einer Zusammenarbeit in den zwei freien Wirtschaftszonen Nawoi und Dschissach zu diskutieren.
Darüber hinaus ist der Besuch einer usbekischen Delegation im neuen kasachischen Ministerium für Verteidigung und militärisch-technische Zusammenarbeit vorgesehen. Auch zwischen den nationalen Eisenbahngesellschaften sind Gespräche geplant.
Neue Chancen für die Wirtschaftsmächte der Region
Füher gab es keine solche Dynamik in den Beziehungen zwischen Taschkent und Astana. Die usbekische Außenpolitik war von der Skepzis Islam Karimows gegenüber regionaler Integrationsprojekte geprägt. Versuchen, die seiner Meinung nach darauf abzielten, das „sowjetische Imperium“ wieder aufleben zu lassen, begegnete er mit der Strategie des „intelligenten Isolationismus“. Usbekistan schloss Beziehungen mit internationalen und regionalen „Machtzentren“ nur auf bilateraler Basis.
Das neu erwachte Interesse an einer ökonomischen Zusammenarbeit zwischen Usbekistan und Kasachstan ist keine Überraschung, da beide Länder objektive Interessen daran haben. Die Grenze zwischen den beiden Ländern erstreckt sich über circa zweitausend Kilometer. Alle wichtigen Wege, die Usbekistan mit Russland, den GUS-Staaten, der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Europäischen Union verbinden, führen durch Kasachstan. Der alternative Strecke über Turkmenistan und den Iran ist viel länger. Deshalb kann Usbekistan seine wirtschaftlichen Ziele ohne Kasachstan nur schwer erreichen.
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Kasachstan und Usbekistan sind die wirtschaftlich und demografisch stärksten Länder Zentralasiens. Zusammen stellen sie etwa drei Viertel der Gesamtbevölkerung der Region. Kasachstans Bruttoinlandsprodukt nach Kaufkrafparität betrug 2010 440 Milliarden US-Dollar und die Usbekistans 191 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: In Deutschland waren es circa 3 900 Milliarden US Dollar.
Die anderen drei zentralasiatischen Republiken hinken mit 89 Milliarden US-Dollar im Fall von Turkmenistan, 24 Milliarden US-Dollar im Fall von Tadschikistan und 20,5 Milliarden US-Dollar in Kirgistan stark hinterher. Kasachstan und Usbekistan haben ihre Wirtschaft seit der Sowjetzeit durch halbwegs diversifiziert. In beiden Ländern gab es viele Investitionen in Branchen wie Wassermanagement, Energie, Verkehr, Landwirtschaft und Telekommunikation.
Kehrt die Vergangenheit zurück?
Die ersten Integrationsversuche von Zentralasien kamen direkt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Im Jahr 1993 wurde zwischen Kasachstan, Kirgistan und Usbekistan ein Abkommen zur Gründung einer Wirtschaftsunion unterzeichnet, auf deren Grundlage im Jahr 1994 die Zentralasiatische Union entstand. Diese wurde später in „Zentralasiatische Wirtschaftsgemeinschaft“ (kurz CAEC) umbenannt. Im März 1998 trat auch Tadschikistan bei. Verschiedene Institutionen wurden im Rahmen der CAEC gegründet, darunter ein Zwischenstaatlicher Rat und Rate der Premier-, Außen- und Verteidigungsminister. Als stetiges Arbeitsorgan der Gemeinschaft gilt das Exekutive Komitee.
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Im Februar 2002 wurde aus der CAEC die Organisation der Zentralasiatischen Kooperationsorganisation (CACO). Dazu gehörten nur vier der fünf zentralasiatischen Republiken. Turkmenistan bevorzugt den Status der „stetigen Neutralität“ und „verzichtete“ schon im Jahr 1995 auf eine Mitgliedschaft.
Aber die Zentralasiatische Gemeinschaft war nicht sehr langlebig. Im Jahr 2004 trat ihr nach einem Vorschlag Islam Karimows auch Russland. Ein Jahr später wurde die Zentralasiatische Gemeinschaft in die von Russland dominierte Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft (EAWG) umgebaut. Bemerkenswert ist, Usbekisten kurz darauf austrat, weil Taschkent keine Begrenzungen seiner wirtschaftlichen Souveränität hinnehmen wollte.
Astana und Taschkent teilen wichtige Interessen
Die Gelegenheit für die Integrationen der beiden Staaten ist heute besser als noch vor zehn oder 15 Jahren. Kasachstan hat sich zur wirtschaftlichen Führungskraft Zentralasiens entwickelt, dessen Wirtschaftsleistung größer ist, als die der anderen Staaten der Region zusammen.
Astana setzt auf rasche Industrialisierung und die Landwirtschaft entwickelt sich sehr schnell, sodass Astana dringend einen Abstatzmarkt braucht. Usbekistan als das bevölkerungsreichste Land der Region wäre in der Hinsicht ein guter Partner. Vor kurzem kündigte eine Delegation des kasachischen Verteidigungsministeriums die Lieferung von Rüstungsprodukten nach Usbekistan an.
Außerdem haben Astana und Taschkent gemeinsame Interessen im Bereich des Schienen- und Straßenverkehrs, des Transits von Kohlenwasserstoffen und dem Wassermanagement. Im radikalen Islamismus und der Lage in Afghanistan finden sie auch gemeinsame Bedrohungen.
Die Wiederbelebung der Zentralasiatischen Union – eine Chance für die ganze Region?
All dies bietet eine gute Grundlage für die Wiederbelebung der Zentralasiatischen Union, die Kasachstan und Usbekistan ermöglichen würde, eine Art wirtschaftliches „Sicherheitspolster“ zu etablieren. Darüber hinaus kann die Union im Gegensatz zur EAWU versuchen, nicht nur Tadschikistan sondern auch Turkmenistan einzubeziehen, da Usbekistan in den letzten Jahren eine gute Beziehung mit Aschgabat hatte.
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Russland kann auch von der Wiedergeburt der Zentralasiatischen Union profitieren, da Moskau neben der guten Beziehung zu Kasachstan auch den Zugang zu den Inlandsmärkten aller zentralasiatischen Republiken erhalten könnte.
Alexander Schustow für Eurasia.expert
Aus dem Russischen übersetzt von Sobira Majidova