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Saida Mirziyoyeva und Gulnora Karimova: Zwei Präsidententöchter in der Politik

Saida Mirziyoyeva ist die älteste Tochter des Präsidenten in Usbekistan, ebenso wie Gulnora Karimova es bis zum Tod ihres Vaters 2016 war. In ihrem öffentlichen Erscheinungsbild haben die beiden auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Oder sind es nur zwei Interpretationen einer ähnlichen Rolle?    

Karimova und Mirziyoyeva

Saida Mirziyoyeva ist die älteste Tochter des Präsidenten in Usbekistan, ebenso wie Gulnora Karimova es bis zum Tod ihres Vaters 2016 war. In ihrem öffentlichen Erscheinungsbild haben die beiden auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Oder sind es nur zwei Interpretationen einer ähnlichen Rolle?    

Saida Mirziyoyeva weckt zunehmend die Neugier von Beobachtern, während sie sich zunehmend am politischen Leben in Usbekistan beteiligt. Die älteste Tochter des derzeitigen Präsidenten Shavkat Mirziyoyev erinnert durch ihr öffentliches Auftreten tatsächlich an Gulnora Karimova, Tochter des ehemaligen Präsidenten Islom Karimov (1989-2016). Oberflächlich betrachtet, trennt sie alles – abgesehen von ihrer Rolle als Tochter des Präsidenten.

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Karimova verbüßt derzeit eine 13-jährige Haftstrafe wegen Erpressung, Geldwäsche und weiterer damit verbundener Straftaten. Diese Strafe wurde im März 2020 verhängt und fügte sich zu fünf Jahren Hausarrest hinzu, zu denen sie im Jahr 2017 verurteilt worden war. Nachdem sie den Auflagen nicht Folge zu leisten schein, ist sie bereits 2019 ins Gefängnis verlegt worden.

Gulnora Karimova: Die gefallene Prinzessin

Vor diesen Rückschlägen war Karimova als durchsetzungsfähige Geschäftsfrau bekannt und regelmäßiger Gast in der westlichen Schickeria der 2000er Jahre. Nach der Gründung ihrer eigenen Bekleidungs- und Schmuckmarke veröffentlichte Karimova unter dem Pseudonym „Googoosha“ ein Musikalbum auf Englisch und nahm selbst ein Stück mit dem französischen Schauspieler Gérard Depardieu auf. An der Spitze der usbekischen Medienszene wurde Karimova zu einer umstrittenen Figur, berichtete die russische Onlinezeitung Lenta.ru 2018 und bezeichnete sie als „usbekische Paris Hilton“. Einige weitere Medien sahen sie als „die meistgehasste Persönlichkeit in Usbekistan“.

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Karimova fiel 2013 endgültig in Ungnade. Kurz vor ihrem ‚Sturz‘ hielt sie hohe diplomatische Posten inne und es gab viele Gerüchte über ihren Status als potenzielle Erbin der usbekischen Autokratie. Die ‚usbekische Prinzessin‘ selbst hatte öffentlich erklärt, dass sie das höchste Amt des usbekischen Staates nicht ausschließe. Ihr Vater Islom Karimov hat diese Möglichkeit weder offiziell bestätigt, noch dementiert.

Saida Mirziyoyeva: Glattes Image trotz Karriereknick

Auf der anderen Seite war Saida Mirziyoyeva in ihrem ersten Regierungsamt zwischen April 2019 und Januar 2020 Leiterin der usbekischen Agentur für Information und Kommunikation. Auch leitet sie die Öffentliche Stiftung zur Unterstützung und Entwicklung der nationalen Medien, eine Nichtregierungsorganisation, die sich unter anderem für Pressefreiheit einsetzt.

Über diese hochrangigen Positionen hat sie sich nach und nach ein glattes und nüchternes Image aufgebaut. Mirziyoyeva pflegt dieses Bild auch in ihren eigenen Social-Media-Kanälen, wo sie regelmäßig Fotos postet, auf denen sie in einem dunklen Anzug ihre offiziellen Tätigkeiten ausübt.

Bislang wurden der aktuellen ‚First Daughter‘ keine illegalen Handlungen vorgeworfen. Mirziyoyeva bezeichnet sich selbst als Feministin und Aktivistin für Pressefreiheit, berichtet das amerikanische Medienhaus Radio Free Europe. Laut dem russischsprachigen Medium Sputnik.uz und der usbekischen Onlinezeitung Gazeta.uz hat sie zahlreiche Reden gehalten, in denen sie für die Emanzipation der Jugend und das Recht auf Redefreiheit warb.

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Doch ein ‚Karriereknick‘ trübt dieses politische Debüt. Im Oktober 2019 sorgte ein online veröffentlichtes Video von Mirziyoyeva, ihrer jüngeren Schwester und ihren Ehemännern bei einem üppigen Bankett für einen Skandal, so Radio Ozodlik, der usbekische Zweig von Radio Free Europe. Die Szene spielte in der Hauptstadt Taschkent, nach einem Konzert der russischen Sängerin Polina Gagarina.

Das kasachstanische Medium Exclusive.kz merkte an, dass Karimovas Aufnahmen in den Nachtclubs von Taschkent noch in Erinnerung waren. In Usbekistan, wo das monatliche Bruttogehalt laut Statistikkomitee Ende 2020 bei etwa 2,6 Millionen Sum (ca. 200 Euro) lag, ist die Darbietung des luxuriösen Lebensstils der Präsidentenfamilie schwer zu akzeptieren.

Unverhältnismäßige Medienberichterstattung

Abgesehen von diesem einen Video hat Mirziyoyeva aber kaum ähnliche Schlagzeilen gemacht wie Karimova. Ein anderes Element in ihrem Leben veranlasst Usbeken jedoch, in den Worten von Radio Free Europe, „die Augenbrauen hochzuziehen“.  Es geht um die überraschend unverhältnismäßige Medienaufmerksamkeit, die der ‚First Daughter‘ im Verhältnis zu ihrer tatsächlichen Tätigkeit innerhalb der Regierung genießt. Die Nationale Informationsagentur bezeichnete etwa am 4. November 2019 den 35. Geburtstag von Mirziyoyeva als wichtigstes Ereignis des Tages, so Exclusive.kz. Eine weitere wichtige Tatsache ist, dass Mirziyoyevas Reisen Vorbereitungen erfordern, die bisher nur für Besuche des Präsidenten geleistet wurden. Das haben Journalisten von Radio Free Europe angeprangert, die anonym bleiben wollten.

Als Mirziyoyeva am 27. Januar 2021 einem Zentrum für blinde Kinder einen offiziellen Besuch ankündigte, zeigten die von den beiden Journalisten veröffentlichten Fotos die Hektik, die in dem Zentrum herrschte. Auf den Fotos sind die Mitarbeiter dabei, das Innere des Gebäudes notdürftig zu renovieren und Reihen bunter Blumen zu pflanzen – trotz der eisigen Kälte, die in Usbekistan zu dieser Jahreszeit herrscht. Radio Ozodlik berichtet, dass die Sicherheitsdienste das Gebäude zwischen dem Ende der Arbeiten und der Ankunft der Präsidententochter geschlossen haben.

Eine unterschiedliche Ausbildung

Der usbekische Politologe Rafael Sattarov meint auf Antrage von Novastan, dass vor allem die Ausbildung die beiden „Googooshs“, wie er sie nennt, grundsätzlich unterscheidet. Karimova hat eine solide Hochschulausbildung: Sie hält nicht nur einen Master-Abschluss in Schmuck vom Fashion Institute of Technology in New York, sondern auch einen Master of Arts von der Harvard University und einen Doktortitel in Politikwissenschaften von der Universität Taschkent.

Sattarov, der für das usbekische Medienhaus Hook.Report einen Artikel über den Platz der Familien von Staatschefs in „neofeudalen autoritären Regierungen“ geschrieben hat, analysiert, dass diese akademische Ausbildung und die zahlreichen Reisen von Karimova ihr eine kritische Perspektive auf das autokratische Regime ihres Vaters und die darauffolgenden totalitären Praktiken gaben.

Sie rief Projekte ins Leben, die ihre Bereitschaft zeigten, sich politisch vom Westen inspirieren zu lassen. So zum Beispiel das 2005 gegründete Zentrum für politische Forschung: Basierend auf dem Modell amerikanischer und europäischer „Think Tanks“ war das Zentrum – ein Pionier auf dem Gebiet in Zentralasien – eine unabhängige Denkfabrik, die mehrere runde Tische und internationale Konferenzen zu Themen wie Energie und öffentlichem Nahverkehr organisierte. Auf diese Art versuchte Karimova sich durch ihre westliche Orientierung und nicht nur als Präsidententochter politisch zu behaupten, bevor sich Korruptions- und Geldwäschevorwürfe gegen sie häuften und sie 2013 ihre diplomatische Immunität verlor.

Mirziyoyeva hat ihrerseits zwar offiziell einen Abschluss in Jura und Wirtschaft von der Universität Taschkent, aber Sattarov behauptet, dem sei nicht so. Mirziyoyeva arbeite vor allem am Aufbau ihres öffentlichen Images und wenig an einem konkreten politischen Engagement. „Sie ist nur ein leeres Bild“, betont der Politikwissenschaftler. Mirziyoyevas Position an der Spitze einer Nichtregierungsorganisation ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Kommunikationsstrategie. „Die NGO mit dem Namen ‚Öffentliche Stiftung für die Unterstützung und Entwicklung der nationalen Medien‘ ist eine vollständig staatliche Organisation, und die Meinungsführer, die dort arbeiten, sind die gleichen, die bereits für Gulnora Karimova arbeiteten. Ihre Aufgabe ist es, ein perfektes Abbild der aktuellen Googoosh zu schaffen“, sagt Sattarov.

Ein verzerrtes Bild von Usbekistan

Diese langfristige Kampagne wirkt nur dürftig erfolgreich. „Saida Mirziyoyeva ist bei den unter 21-Jährigen beliebt. Der Rest der Bevölkerung, zumindest die, die sich für Politik interessieren, nehmen sie nicht ernst genug, um ihren Aktionen Aufmerksamkeit zu schenken“, merkt Sattarov an. Diese Behauptungen sind jedoch schwer zu verifizieren. Dennoch bleibt Mirziyoyeva in den sozialen Netzwerken populär, etwa mit mehr als einer Million Follower auf Instagram.

Sattarov fügt hinzu, Mirziyoyeva habe ein „verzerrtes“ Bild von Usbekistan. Jede ihrer Reisen durch das Land provoziert zahlreiche Vorbereitungen, die der „First Daughter“ eine gewisse Realität vortäuschen, analysiert der Politikwissenschaftler. Solche „Scheuklappen“ schränken ihren Handlungsspielraum weiter ein.

Sattarov kommt zu dem Schluss, dass selbst Karimova trotz ihrer berüchtigten und erklärten Ambitionen wohl nie die höchste Regierungsposition erreicht hätte. „Der Einfluss von Gulnora Karimova unter ihrem Vater war auf dem Niveau des Einflusses eines jeden anderen Günstlings des Präsidenten, sei es ein Minister oder ein anderer Würdenträger“, glaubt der Politikwissenschaftler. Sattarov stellte in seinem Artikel fest, dass Islom Karimov die politischen Aktionen seiner Tochter nie öffentlich unterstützte und auch nie andeutete, sie könne seine Nachfolgerin werden.

Zwei Nebenrollen

Die Geburt einer politischen Karimov-Dynastie, so der Politikwissenschaftler, sei höchst unwahrscheinlich gewesen. Das ist auch heute noch so. Auch wenn Mirziyoyeva offiziell nicht gesagt hat, dass sie die Nachfolge ihres Vaters antreten will, erklärt Sattarov gegenüber Novastan, die Ambitionen der „First Daughter“ seien ein offenes Geheimnis.

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Doch trotz Saida Mirziyoyevas Ambitionen, eine ‚Perestroika‚ durchzuführen, bleibt das bestehende Regime sehr autokratisch. In einem solchen Regime dürften die Attraktivität der Macht eines Staatschefs und die politische Unerfahrenheit von Mirziyoyeva ihr die Konsolidierung einer Position in höheren Regierungssphären erschweren, so Rafael Sattarov.

Was Karimova und Mirziyoyeva trotz ihrer unterschiedlichen politischen Hintergründe letztlich eint, ist die Illusion der Macht. Karimova wurde von ihren kriminellen Aktivitäten eingeholt, ehe sie ihre umstrittene Popularität austesten konnte. Mirziyoyeva hat ihrerseits nur wenig Gewicht in der derzeitigen Regierung.

Elliot Obadia
Journalist für Novastan

Aus dem Französischen von Florian Coppenrath

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