Taubenzucht war einst sehr verbreitet in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe. Heute ist es nur noch die Angelegenheit einiger weniger Enthusiasten. Ein Einblick in die Welt der tadschikischen Taubenzucht. Folgender Artikel erschien am 12. April in der tadschikischen Onlinezeitung Asia Plus. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
In Duschanbe gab es früher in jedem Hof und in jeder Mahalla (Stadtviertel, Anm. d. Ü.) Taubenschläge. Heute ist Taubenzucht nur noch eine Angelegenheit der hartnäckigsten und treuesten Einwohner. Für sie sind diese Vögel sowohl ein Hobby als auch ein Mittel gegen Stress, oder einfach nur treue Freunde.
„Tauben sind Teil meines Lebens“
Die ersten wilden grauen Tauben wurden vor über 5.000 Jahren gezähmt. Seitdem haben sich mehr als 800 Haustaubenrassen entwickelt, die sich in ihrer Farbe, Körperform und Verwendungszweck unterscheiden.
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Während der Sowjetzeit gab es mehrere Tausend Taubenschläge in Duschanbe, und dutzende Male mehr Tauben. Samad Safarow ist einer der Veteranen der dortigen Taubenzucht. Er betreibt sie schon seit über 50 Jahren. „Eines Tages nahm ich als Junge im Haus eines Freundes meines Vaters eine Taube in die Hand und verliebte mich ein Leben lang in diese schönen Vögel“, erinnert sich Safarow. „Mein Vater kaufte mir auf meine Bitte hin zwei Paar schneeweiße Tauben. Zu dem Moment gab es wahrscheinlich niemanden, der glücklicher war als ich. Ich könnte Stunden damit verbringen, meinen Tauben beim Fliegen zuzuschauen und mich um sie zu kümmern. Seitdem sind Tauben Teil meines Lebens“.
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Früher konnte man auf jeder Straße der Stadt Tauben treffen, fügt er hinzu. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verließen viele Tauben das Land, und die Zahl der Tauben ging mit der Zeit zurück. Aber das war nicht der einzige Grund, warum auch die Zahl der Taubenschläge zurückging.
Vor einigen Jahren wurde die Haltung von Nutztieren wie Kühe, Schafe und Hühner in der Stadt gesetzlich verboten. „Aus irgendeinem Grund fügten unsere Ordnungshüter Tauben hinzu, obwohl es sich um Ziervögel wie Papageien und Kanarienvögel handelt. Sie kommen in die Häuser, in denen Tauben gehalten werden, und erteilen Geldstrafen. Das ist alles nicht richtig. Ich denke, sie sollten die Taubenschläge unterstützen. Es ist doch schön, wenn Schwärme schöner Tauben über Duschanbe fliegen“, beklagt sich Safarow.
„Wer Tauben liebt, kümmert sich gerne um sie“
In Duschanbe war der Vogelmarkt „Yakkatschinar“ früher ein Treffpunkt für Taubenliebhaber. Dort tauschten sie Neuigkeiten aus der Vogelwelt aus, kauften Gesellen für ihre einsamen Tauben oder verkauften sie an andere. Der Markt wurde vor ein paar Jahren in den Rudaki-Distrikt südlich der Stadt verlegt. Stadteinwohner verschlägt es selten dorthin, denn es ist ein weiter Weg mit entsprechendem Reiseaufwand. „Aber wir bleiben in Kontakt. In Duschanbe kennen sich fast alle Taubenzüchter und viele sind Freunde“, meint Safarow.
Nurmahmad Olimow, ein begeisterter Taubenliebhaber, lebt in der Mehrobod-Siedlung der Hauptstadt. Unter den hiesigen Taubenzüchtern ist er für seine starken, schönen und gesunden Tauben bekannt. Zu seiner Vogelfamilie gehören solche Arten wie die einheimische , die weiße Flugtaube, sowie Orientalische Roller.
„Haustauben sind zarte Geschöpfe. Wenn man Tauben liebt, kümmert man sich gerne um sie. Tauben müssen rechtzeitig gefüttert und geimpft werden“, teilt Olimow seine Erfahrung.
Nach Angaben des Taubenzüchters steht Getreide auf dem Speiseplan der Vögel: Weizenkleie, Mais, Hirse und Sonnenblumenkerne. Es ist auch notwendig, Kräuter, Mineralzusätze (Kreide, zerkleinerte Schalen) und feine Kieselsteine zu geben (es hilft, harte Körner im Magen zu mahlen). Aufgrund der hohen Mobilität brauchen Tauben viel Wasser, sie trinken viel.
Von Tümmlern und Hochflugtauben
Laut Angaben der Taubenzüchter sind zurzeit vor allem Tümmler- und Hochflugtaubenrassen in Duschanbe beliebt. Tümmler (Russisch: Bojnije, „Kampftauben“) sind wegen ihres dekorativen Aussehens, ihrer Pflegeleichtigkeit, ihrer Ausdauer und Kraft und natürlich wegen ihrer einzigartigen Flugeigenschaften beliebt.
Diese Tauben erhielten ihren Namen dank ihres ungewöhnlichen Fluges. Beim Abheben steigen sie fast senkrecht zu einer großen Höhe auf und machen einen scharfen Salto rückwärts, über den Kopf, mit lautem Flügelschlag. Manche Vögel machen einen großen Kreis am Himmel, bevor sie einen Salto fliegen. Dieser Salto, begleitet von einem lauten Knall, wird als „Kampf“ bezeichnet. Nur diese Tauben können solche Kunststücke vollbringen.
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Tadschikische Taubenzüchter schätzen auch Hochflugtauben. Nach dem Abflug steigen diese Tauben in einem freundlichen Schwarm hoch in den Himmel und machen mehrere Kreise. Solche Hochflugtauben können zwischen fünf und 15 Stunden am Himmel bleiben, ohne zu landen, wobei sie oft so weit hochsteigen, dass sie vom Boden aus nicht mehr sichtbar sind.
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„Ziertauben sind schwer zu pflegen, aber man kann gut mir ihnen verdienen“, erklärt der Taubenzüchter Hussain. „Die Berliner Kurze und einige Pfautauben zum Beispiel haben sehr kurze Schnäbel. Dadurch können sie ihre Küken nicht füttern. In diesem Fall werden die Küken in ein Pflegepaar von Tauben einer anderen Rasse (Fütterer) eingesetzt oder manuell aus einer Spritze gefüttert„.
Unter Taubenarten gibt es erhebliche Preisunterschiede. „Alles hängt von der Rasse oder den Flugeigenschaften des Vogels ab. Bei uns auf dem Vogelmarkt findet man Tauben sowohl für 20 Somoni (etwa 1,7 Euro), als auch für 5000 (430 Euro)“, so Hussain.
Die Redaktion von Asia Plus
Aus dem Russischen von Florian Coppenrath
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