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Turkvölker in der Weltgeschichte

Warum ist es wichtig, die Geschichte der Turkvölker zu studieren? Diese Frage stellt der Historiker Joo-Yup Lee in seinem neuen Buch „The Turkic Peoples in World History”. Joo-Yup Lees Buch enthüllt die faszinierende Welt der türkischen Reiche und Völker und versucht sich an der Darstellung einer ununterbrochenen Geschichte der Turkvölker.

Joo-Yup Lee: The Turkic Peoples in World History (Routledge, 2024)

Warum ist es wichtig, die Geschichte der Turkvölker zu studieren? Diese Frage stellt der Historiker Joo-Yup Lee in seinem neuen Buch „The Turkic Peoples in World History”. Joo-Yup Lees Buch enthüllt die faszinierende Welt der türkischen Reiche und Völker und versucht sich an der Darstellung einer ununterbrochenen Geschichte der Turkvölker.

Kapitel 1. Alte Turkvölker: Tele, Türken, Uiguren

Tele: Das wohl älteste Turkvolk

Die Tele sind das älteste bekannte Turkvolk der Geschichte, das bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. in der Mongolei gelebt haben soll. Die frühe Geschichte der Tele lässt sich nur bruchstückhaft aus chinesischen Chroniken rekonstruieren. Dort werden sie als Gruppe von Stämmen beschrieben, die nicht nur die mongolische Steppe, sondern auch die kasachische, kaspische und Schwarzmeersteppe bewohnten.

Entstehung des ersten türkischen Reiches

Die Bezeichnung „Türken“ wurde mit der Entstehung des ersten türkischen Chanats (552-742 n. Chr.) bekannt. Die herrschende Dynastie des türkischen Chanats war der Aschina-Klan. Nach türkischen Legenden entstand dieser aus der Vereinigung einer Wölfin und eines jungen Mannes, der aus einem von Feinden ausgelöschten Stamm überlebte.

Obwohl nicht alle historischen Völker, die Turksprachen sprachen, sich mit den alten Türken aus dem Aschina-Stamm in Verbindung brachten, hat sich die Bezeichnung „Türken“ („Turks“) in der Wissenschaft für alle turksprachigen Gruppen sowie für einige nicht-türkischsprachige Vertreter zentralasiatischer Kulturen durchgesetzt.

Die Türken erlangten die Hegemonie über die gesamte mongolische Steppe und wurden zur dominierenden Macht in Transoxanien. Sie unterwarfen verschiedene Nomadengruppen in der kasachischen Steppe und drangen in die Schwarzmeersteppe bis zu den Grenzen des Byzantinischen Reiches auf der Krim und im Kaukasus vor.

Blütezeit des uigurischen Reiches

Die Uiguren waren ein Turkvolk, das zwischen 744 und 840 n. Chr. die alten Türken als dominierende Macht in der zentralasiatischen Steppe ablöste. Zwei Jahre nach der Zerstörung des Zweiten Türk-Chanats (682-742) durch die Uiguren und ihre Verbündeten gründeten die Uiguren ihren eigenen Staat in der mongolischen Steppe. Später unterwarfen sie die Tele-Stämme und besiegten die Tataren und Kirgisen, die im Jenissei-Becken in Sibirien lebten. Die Uiguren begannen, die Tang-Dynastie militärisch zu unterstützen, und erhielten im Gegenzug große Mengen an Seide und anderen Waren.

Die internen Kriege, die seit 830 n. Chr, andauerten, schwächten das Uigurische Chanat stark. Die Kirgisen, mit denen sich die Uiguren seit 20 Jahren im Krieg befanden, fielen 840 ins geschwächte Uigurische Chanat ein, richteten seinen Herrscher hin und plünderten die Hauptstadt Ordu-Baliq. Nach dem Fall des Chanats zerstreuten sich die Uiguren in verschiedene Richtungen.

Kapitel 2. Turkvölker in Südsibirien, Zentralasien und der kiptschakischen Steppe: Kirgisen, Chasaren, Bulgaren, Karachaniden und Kiptschaken

Das „Kirgisenreich“

Die Kirgisen, die am Jenissej im heutigen Südsibirien lebten, betraten mit der Eroberung von Ordu-Baliq die Weltbühne; bald wurden sie zur neuen dominierenden Macht in der mongolischen Steppe. Ihr Reich erstreckte sich vom Fluss Irtysch im Westen bis zur Mandschurei im Osten.

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Ab dem späten 17. Jahrhundert standen die Kirgisen unter der Herrschaft des Dsungarischen Chanats (1634-1758). Zu dieser Zeit wanderten viele kirgisische Nomaden ins Fergana-Tal und andere Regionen Zentralasiens ein. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörten die kirgisischen Gebiete zum Chanat Kokand (1709-1876). Nachdem das Russische Reich das Chanat in den 1860er-Jahren erobert und seine Gebiete annektiert hatte, wurden die Kirgisen Teil des Russischen Reiches.

Chasaren: Zum Judentum konvertiert

Die Chasaren waren ein nomadisches Turkvolk, das Mitte des 7. Jahrhunderts n. Chr. ein eigenes Chanat gründete. Im 8. Jahrhundert wurden sie zur vorherrschenden Macht in der Kaspischen Steppe und erhoben Tribut von den Wolgabulgaren, verschiedenen finno-ugrischen Völkern im Norden und slawischen Stämmen im Westen.

Sie unterhielten Beziehungen zum Byzantinischen Reich, obwohl sie zeitweise mit diesem um den Besitz der Krim konkurrierten. Lange kontrollierte das Chasaren-Chanat den Handel zwischen der nördlichen Waldzone und der byzantinisch-islamischen Welt. Um 900 konvertierte die Führungselite der Chasaren zum Judentum. Nur wenig später, im Jahr 965, wurden sie schließlich von den Armeen der Kiewer Rus und der Oghusen besiegt.

Bulgaren

Die (Proto-)Bulgaren sprachen eine Turksprache, dessen einziger überlebender Vertreter die moderne tschuwaschische Sprache ist. Die Bulgaren gründeten im siebten Jahrhundert das Großbulgarische Reich in der Schwarzmeersteppe. Nachdem die Bulgaren der Schwarzmeer- und Kaspischen Steppe von den Chasaren besiegt worden waren, wanderten einige von ihnen auf den Balkan aus, wo sie in den 670er-Jahren die dortigen slawischen Stämme unterwarfen. Im Laufe der Zeit vermischten sich diese Bulgaren mit den zahlreicheren Slawen und wurden zu slawischsprachigen Bulgaren.

Eine andere Gruppe von Bulgaren wanderte im achten Jahrhundert nach Norden in die Wolga-Kama-Region ein und gingen mit lokalen finno-ugrischen Gruppen Verbindungen ein. Ab dem 13. Jahrhundert vermischten sich einige Wolgabulgaren mit den Kiptschakisch sprechenden Dschutschidennomaden aus dem Süden und trugen zur Bildung der Wolga-Tataren bei, während andere, die nicht zum Islam konvertierten, zu den modernen Tschuwaschen wurden.

Karachaniden: erstes muslimisches Turkvolk Zentralasiens

Die Karachaniden gründeten das Karachaniden-Chanat (992-1212 n. Chr.), den ersten muslimischen Turkstaat in Zentralasien. Sie begannen den Islam unter den türkischen Nomaden in der kasachischen Steppe zu verbreiten und förderten den Bau von Moscheen sowie Karawansereien. Viele der bis heute erhaltenen Gebäude der Karachaniden befinden sich in Buchara, der ehemaligen Hauptstadt der Samaniden. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde das Karachaniden-Reich, mitsamt der kulturellen Handelsstädte Buchara und Samarkand, von Seldschuken erobert und existierte als Vasallenstaat verschiedener Reiche weiter.

Kiptschaken in der Geschichte Eurasiens

Die Kiptschaken beherrschten seit Mitte des 11. Jahrhunderts ein weitläufiges Gebiet, das die Steppen am Schwarzen Meer, am Kaspischen Meer und in Kasachstan umfasste. Die nomadischen Kiptschaken bildeten keinen einheitlichen Staat, sondern ein loses Stammesbündnis. Dennoch blieben diese Stämme bis zum Aufstieg des Mongolenreichs im frühen 13. Jahrhundert die dominierende Kraft in den eurasischen Steppen.

In der Mitte des 11. Jahrhunderts besiegten die Kiptschaken die Oghusen, die in der Region des Aralsees und des Kaspischen Meeres lebten.  Die Kiptschaken gingen Bündnisse ein und unternahmen Überfälle auf dort lebende Slawen und auch Eheschließungen zwischen Kiptschaken und russischen Fürstentümern waren keine Seltenheit. Sie gelten als Vorfahren der modernen Krimtataren, Usbeken und Kasachen. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurden die meisten Gebiete der Kiptschaken dann von den Mongolen erobert.

Kapitel 3. Oghus-Türken in Westasien und im Nahen Osten: Seldschuken, Ottomanen und Turkmenen

Stammesverband der Oghusen

Die Oghusen waren ein türkischer Stammesverband, der im 9. und 10. Jahrhundert um den Aralsee und der Kaspischen Steppe lebte. Ihre Hauptstadt Jangikent („neue Stadt“) lag am Unterlauf des Syr-Darya. Nachdem sie zum Islam konvertiert waren, wurden die Oghusen in der muslimischen Welt als „Turkmenen“ bekannt.

Seldschukenstaat

Die Seldschuken sind eine türkische Dynastie, die Ende des 10. Jahrhunderts aus dem Stammesverband der Oghusen hervorging. Das von ihnen gegründete Reich ist in der wissenschaftlichen Literatur als „Reich der Großseldschuken“ bekannt. Die Seldschuken eroberten das Gebiet des heutigen Iran und verlegten 1051 ihre Hauptstadt nach Isfahan. Ihr Reich erstreckte sich nun von Chorasan bis zum Iran und Aserbaidschan. Etwas später erfolgte die Ausweitung nach Anatolien.

Krönung von Malik Shah I. von Rashid al-Din, veröffentlicht in Tabriz, Persien, 1307 n. Chr. Quelle: CAAN

Osmanen: Begründer eines Weltreichs

Die Osmanen, eine türkisch-oghusische Dynastie, gründeten das Osmanische Reich (1299-1922), eines der größten und mächtigsten Reiche der Weltgeschichte. Nachdem sie ein Hauptquartier im Nordwesten Anatoliens errichtet hatten, begannen die Osmanen mit Eroberungsfeldzügen gegen byzantinische Städte bis hinauf in die Balkanregion. Im 16. Jahrhundert drangen sie nach Süden vor und erlangten die Kontrolle über Syrien, Ägypten und die Region am Roten Meer, einschließlich der drei heiligen muslimischen Städte Mekka, Medina und Jerusalem.

Ende des 17. Jahrhunderts nahm die militärische Macht der Osmanen ab, da man in Bezug auf die technologische Ausrüstung hinter Europa zurückblieb. Als die Osmanen 1683 zum zweiten Mal Wien belagerten, erlitten sie eine vernichtende Niederlage gegen eine europäische Koalitionsarmee. Nach dem Ersten Weltkrieg löste sich das Osmanische Reich endgültig auf. Auf den Trümmern des einstigen Großreichs rief Mustafa Kemal (1881-1938) am 29. Oktober 1923 die Türkische Republik aus. Ihm gelang es, die Autonomie des Landes im Türkischen Unabhängigkeitskrieg (1919-1923) zu verteidigen.

Safawiden: ein türkisch-persisches Reich

Das Safawidenreich war ein türkisch-persischer Staat, der den Iran von 1501 bis 1722 beherrschte. Obwohl die herrschende Familie der Safawiden wahrscheinlich kurdischer Abstammung war, waren es turkmenische Nomaden, die das Rückgrat der Safawidenarmee und der militärischen Elite des Reiches bildeten. Im Jahr 1629 begann der langsame Niedergang der Safawiden. Als es 1722 afghanischen Rebellen nach einer sechsmonatigen Belagerung gelang, Isfahan einzunehmen und den letzten aktiven Herrscher des Safawiden-Reiches zu stürzen, besiegelte dies das Ende der Dynastie.

Das Kadscharen-Reich: der letzte turkmenische Staat im Iran

Die Kadscharen waren eine turkmenische Dynastie, die von 1794 bis 1925 im Iran regierte. Der erste Kadschar-Schah vereinigte den Iran mit der Hauptstadt Teheran und gliederte Georgien und den Kaukasus in seinen Staat ein. Im 18. Jahrhundert erlitten die Kadscharen schwere Niederlagen gegen Russland und verloren Georgien und Nord-Aserbaidschan. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde ihr Staat von Großbritannien und Russland in Einflusssphären aufgeteilt. Schließlich beendete 1921 ein Staatsstreich von Reza Schah (reg. 1925-1941), dem Begründer der neuen Pahlavi-Dynastie (1925-1979), die Kadschar-Dynastie und damit die türkische Herrschaft im Iran.

Kapitel 4. Türkisch-Mongolische oder Mongolisch-Türkische Steppenbevölkerung der Kiptschakischen Steppe und Zentralasiens

Tschagatai: Türkisch-mongolische Völker in Zentralasien

Der Begriff „Tschagatai“ bezeichnet das Nomadenvolk des Tschagatai-Chanats, eines mongolischen Staates im zentralasiatischen Raum, der von den Nachkommen von Dschingis Chans zweitem Sohn Tschagatai (reg. 1227-1241) regiert wurde. In der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde das Tschagatai-Chanat in einen östlichen und einen westlichen Teil geteilt.

Timuridenreich

Der Timuridenstaat war einer der Nachfolgestaaten des Mongolenreiches, der vom späten 14. bis zum späten 15. Jahrhundert einen Großteil Zentralasiens beherrschte. Der Gründer des Reiches, Amir Timur (auch Timur Leng oder Tamerlan), gehörte einem mongolischen Stamm an, der mit Tschagatai in die Region eingewandert war. Timur gelang es, die westliche Hälfte des ehemaligen Reiches von Dschingis Khan wieder zu vereinen und den Tschagataiden-Staat zu einer Weltmacht zu machen.

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Die Förderung von Künstlern, Dichtern, Architekten und Gelehrten durch Timur und seine Nachkommen führte zu einer kulturellen Blüte in der Region, die als „Timuridische Renaissance“ bekannt wurde. Das Timuridenreich brach infolge der usbekischen Eroberung Zentralasiens zu Beginn des 16. Jahrhunderts zusammen, konnte aber 1526 als Mogulreich in Indien wieder aufleben.

Mogulreich

Das Mogulreich wurde im Jahr 1526 von Babur (1483-1530) gegründet, anscheinend einem Nachkommen Dschingis Chans und Amir Timurs. Als die timuridischen Gebiete in Chorasan von Usbeken erobert wurden, musste Babur nach Afghanistan fliehen und ließ sich in Kabul nieder. Durch den Sieg über die indo-afghanische Armee 1526 gelang es Babur, den timuridischen Staat in Nordindien wiederzubeleben.

Jami Masjid, Delhi. Quelle: PlaneMad/Wikimedia

In der Blütezeit des Mogulreichs entstand etwa der Mausoleumskomplex Taj Mahal in Agra. Doch spätestens mit der Errichtung des britischen Imperiums verloren die Mogulen ihre Macht. Der Sturz des letzten Mogulkaisers durch die Briten beendete schließlich die Timuridendynastie in Indien.

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Usbeken: Turk-Mongolen aus der Kiptschak-Steppe

In der nachmongolischen Zeit war „Usbeke“ eine Bezeichnung für die Bevölkerung, die in der Kiptschak-Steppe lebte. An der Wende zum 16. Jahrhundert spalteten sich die Usbeken der östlichen Kiptschak-Steppe, die der heutigen kasachischen Steppe entspricht, in schibanidische und kasachische Usbeken.

Tokai-Timuriden in Transoxanien

Nach mehreren Machtwechseln in Transoxanien stellten im 16. Jahrhundert die Tokai-Timuriden (auch Aschtarchaniden, Schaniden) die neue Herrscherdynastie. Bald jedoch drangen die Kasachen bis zum heutigen Taschkent, Andijon und Samarkand vor und die Existenz des usbekischen Staates in Zentralasien war bedroht. Die Offensive konnte abgewehrt werden und anschließend erreichte der usbekische Staat seine Blütezeit und genoss relativen Frieden und Wohlstand.

Chanat Kokand: Usbekischer Staat im Fergana-Tal

Im frühen 18. Jahrhundert entstand im Fergana-Tal ein neuer unabhängiger usbekischer Staat, das Chanat Kokand (1709-1876). Das Chanat wandelte sich bald von einem Stadtstaat zu einer Regionalmacht und wurde zu einem regionalen Großreich. Man drang nordwärts bis nach Kasachstan vor und annektierte Turkestan, die ehemalige Hauptstadt des kasachischen Chanats.

Der Niedergang des Khanats begann Mitte des 19. Jahrhunderts durch interne Konflikte. Das stark geschwächte und zersplitterte Kokand war nicht in der Lage, den 1864 einsetzenden Ansturm der russischen Truppen abzuwehren. Im Jahr 1876 wurde das Chanat vom Russischen Reich annektiert.

Chanat Chiwa

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gründeten Usbeken das Chanat von Chiwa, das von 1511 bis 1920 über Choresm und die umliegenden Gebiete (das heutige Westusbekistan und Turkmenistan) herrschte. Das Chanat erreichte den Höhepunkt seiner Macht im 17. Jahrhundert, doch bereits 1694 begann dessen allmähliche Niedergang. Bald nach der Eroberung Chiwas durch den Stamm der Kungrat begann die russische Eroberung Zentralasiens und 1873 war das Chanat Chiwa gezwungen, die Oberhoheit des Russischen Reiches zu akzeptieren. Der letzte Herrscher der Kungraten wurde 1920 während des russischen Bürgerkriegs von der Roten Armee gestürzt.

Kasachen

Die Kasachen sollen als eigenständige Gemeinschaft entstanden sein, nachdem sich die Usbeken der östlichen Kiptschak-Steppe Ende des 15. Jahrhunderts in schibanidische und kasachische Usbeken geteilt hatten. Im 16. Jahrhundert dehnten die Kasachen ihren Einfluss auf die Bevölkerung der Mongolei (östliches Tschagatai-Chanat) im Südosten des heutigen Kasachstan und auf das Volk der Nogai im Westen des heutigen Kasachstans aus.

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde das Kasachen-Chanat in ein „Nomadenreich“ umgewandelt. Das Chanat dehnte sich im Westen bis zum Uralgebirge und im Osten bis zum Tienschan aus. Die Kasachen nahmen auch einige Gebiete am rechten Ufer des Syr Darya ein, um die sie gegen die Usbeken kämpften. An der Wende zum 18. Jahrhundert zerbrach der kasachische Staat aufgrund von Überfällen durch die Dsungaren (auch: Oiraten). Die Kasachen hatten sich in drei Horden aufgespalten und konnten den Dsungaren-Truppen daher nicht mit vereinten Kräften entgegentreten. Viele Kasachen mussten nach Transoxanien, Choresm und in die vom Russischen Reich kontrollierten Gebiete ziehen.

Krimtataren

Das Krim-Chanat war vom 15. bis 18. Jahrhundert ein tschingisidischer Staat auf der Krim und in den umliegenden Regionen. Ethnisch waren die Krimtataren eng mit den Kasachen und schibanidischen Usbeken verwandt, die im östlichen Teil der Kiptschak-Steppe lebten. Das Krim-Chanat wurde in den 1440er-Jahren gegründet und war zunächst ein „Nomadenreich“, das sich von Bessarabien im Westen bis zum Nordkaukasus im Osten erstreckte. Unter anderem wurde das Großfürstentum Moskau zum Vasall der Krim-Chane.

Das Krim-Chanat erlebte seine Blütezeit im 16. Jahrhundert. In dieser Zeit wurden auf der Krim der Königspalast in Bachtschyssaraj, Moscheen, öffentliche Bäder und Schulen gebaut. Im 17. Jahrhundert wurde das Chanat dann zu einem Vasallen des Osmanischen Reiches. Mit der Niederlage des Osmanischen Reiches im Russisch-Osmanischen Krieg (1768-1774) zerfiel das Krim-Chanat und war gezwungen, sich dem russischen Protektorat zu unterstellen. 1783 löste das Russische Reich das Chanat vollständig auf und annektierte seine Gebiete.

Der Autor Ju-Yup Lee betont, wie wichtig es ist, die Geschichte der Turkvölker zu studieren, die seit über 1000 Jahren am Aufbau mächtiger Reiche in ganz Eurasien beteiligt waren. Zweifellos haben die Turkvölker wichtige historische Ereignisse und Prozesse in Europa, China und dem Nahen Osten beeinflusst, und ohne das Studium der türkischen Geschichte ist es schwierig, ein umfassendes Verständnis der Weltgeschichte und unserer modernen Welt zu erlangen.

Joo-Yup Lee: The Turkic Peoples in World History. 224 Seiten, Routledge, ISBN: 978-1-0321700-1-5 , Juli 2023.

Die Redaktion von CAAN

Aus dem Russischen und gekürzt von Michèle Häfliger

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