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Usbekistan: Pro-LGBT*IQ-Blogger in Taschkent mit Baseballschlägern angegriffen

Die queere Community in Usbekistan ist verstärktem Druck ausgesetzt. Zuletzt ist ein unabhängiger Blogger, der sich für LGBT*IQ-Rechte einsetzt, vor seinem Haus in Taschkent angegriffen und verletzt worden.

Die queere Community in Usbekistan ist verstärktem Druck ausgesetzt. Zuletzt ist ein unabhängiger Blogger, der sich für LGBT*IQ-Rechte einsetzt, vor seinem Haus in Taschkent angegriffen und verletzt worden.

Der Blogger Miraziz Bazarov, der sich aktiv für LGBT*IQ-Rechte in Usbekistan eingesetzt hat, ist am Abend des 28. März 2021 von drei unbekannten Angreifern mit Baseballschlägern attackiert worden. Der Angriff wurde von mindestens einer Person beobachtet. Bazarov erlitt einen Beinbruch, mehrere Hämatome und eine Hirnverletzung.

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Bazarov war in Teilen der usbekischen Gesellschaft für seine offenen Ansichten in Bezug auf die Rechte von Homosexuellen bekannt geworden. Er setzte sich beispielsweise für die Dekriminalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen ein. Darüber hinaus hatte er in zahlreichen anderen Punkten Kritik an der Regierung geäußert, unter anderem an der Reaktion von Präsident Shavkat Mirziyoyev auf die Covid-19-Pandemie. Auch Fälle von Korruption und missbräuchlich verwendeter Kredite hatte der Blogger angeprangert.

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Bazarov kommuniziert hauptsächlich über seinen Telegram-Kanal und seinen Account auf TikTok, wo er an Popularität und Aufmerksamkeit gewann. 2020 wurde er vom Staatlichen Sicherheitsdienst (SGB) vorgeladen, nachdem er in einen offenen Brief an den Internationalen Währungsfonds (IWF) dargelegt hatte, wofür die Usbekistan gewährten Kredite tatsächlich verwendet würden.

Ein spannungsgeladenes Umfeld

Derzeit werden homosexuelle Beziehungen als sogenannte „Sodomie“ in Usbekistan mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren geahndet. Schwule usbekische Männer werden in der Öffentlichkeit belästigt, verfolgt oder verlassen das Land aus Angst um ihre Sicherheit.

Bazarov spricht sich besonders laut gegen Homophobie aus und äußert sich dabei in Videos und in der Öffentlichkeit kontrovers. Dabei formuliert er seine Unterstützung für LGBT*IQ-Rechte in der Regel als Teil der persönlichen Freiheiten und besteht darauf, dass er kein LGBT*IQ-Aktivist ist, sondern einer, der die Privatsphäre Einzelner verteidigt.

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Der Angriff auf Bazarov erfolgte zu einer Zeit, in der Spannungen zwischen der queeren Community und der Mainstream-Gesellschaft offen zu Tage treten. Am 28. März, dem Tag des Angriffs, war zuvor eine Ansammlung von Männern durch Taschkent gezogen und hatte „Allah hu Akbar“ („Gott ist groß“) gesungen, offenbar als Zeichen des Protestes gegen die LGBT*IQ-Gemeinschaft.

Es ist nicht bekannt, wie groß die Gruppe war und woher sie kam. Allerdings wird vermutet, dass die Männer versuchten, auf dem Amir-Temur-Platz zwei Personen anzugreifen, die sie für LGBT*IQ-Aktivisten hielten. Es kam zu einigen Verhaftungen, wobei aber unklar ist, ob diese Verurteilungen nach sich zogen. Einzelne Angaben über die Vorgänge weichen voneinander ab.

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Obwohl noch nicht bestätigt ist, dass dem Angriff auf Bazarov homophobe Motive zugrunde lagen, ist dies angesichts seiner lautstarken Kommentare sowie der Ereignisse desselben Tages wahrscheinlich. Bazarov betonte, dass er im Vorfeld des Angriffs mehrfach Drohungen erhalten habe und dass die Polizei zehnmal alarmiert worden sei, ohne dass Maßnahmen ergriffen wurden.

Zunehmende Repressionen

Der Angriff auf Bazarov korreliert auch mit einer verstärkten Unterdrückung der bereits marginalisierten LGBT*IQ-Gemeinschaft Usbekistans. Forderungen nach der Dekriminalisierung von Homosexualität hatten im Vorfeld für Verärgerung gesorgt, die mit der Behauptung einherging, dies würde traditionelle Werte zerstören.

Agnieszka Pikulicka-Wilczewska, eine polnische Journalistin, die aus Usbekistan berichtet, schrieb am 29. März auf Twitter: „Die Sicherheitsdienste suchen jetzt aktiv nach schwulen Männern. Sie zeigen Bilder von Personen, von denen sie vermuten, dass sie schwul sind, und üben immensen Druck auf die Menschen aus, Informationen über die LGBT-Community preiszugeben […] Dies ist das neue Usbekistan.“

Pikulicka-Wilczewska behauptet außerdem, ihr Freund und weitere Personen seien von den Behörden befragt worden, weil sie sich in dem Krankenhaus aufhielten, in dem Bazarov nach der Attacke behandelt wurde. Düstere Aussichten für die LGBT*IQ-Gemeinschaft in Usbekistan, deren Mitglieder immer wieder berichten, dass die Polizei sie selbst für die gegen sie gerichtete Gewalt verantwortlich macht. Bazanov befindet sich nach wie vor im Krankenhaus.

Tommy Hodgson für Novastan

Aus dem Englischen von Robin Roth

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