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Kasachstan: Trockenlegung des Taldykól-Sees ausgesetzt

Die Trockenlegung des Taldykól-Sees am Rande von Kasachstans Hauptstadt Nur-Sultan wird ausgesetzt. Laut den Behörden werden die Arbeiten nicht beginnen, ehe geklärt ist, wie mit bedrohten Arten umgegangen werden soll. Der Entscheidung waren Proteste von Umweltschützer:innen vorangegangen.

Die Trockenlegung des Taldykól-Sees am Rande von Kasachstans Hauptstadt Nur-Sultan wird ausgesetzt. Laut den Behörden werden die Arbeiten nicht beginnen, ehe geklärt ist, wie mit bedrohten Arten umgegangen werden soll. Der Entscheidung waren Proteste von Umweltschützer:innen vorangegangen.

In Kasachstans Hauptstadt Nur-Sultan haben Umweltschützer:innen einen wichtigen Etappensieg erlangt. Am 19. September versprach der stellvertretende Bürgermeister Nurlan Nurkenov die Trockenlegung des Sees Taldykól am Rande der Stadt auszusetzen. Dies berichtete Radio Azattyq, der kasachstanische Dienst von Radio Free Europe.

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Im Vorfeld dieser Entscheidung hatte Radio Azattyq berichtet, dass die Behörden planen, an der Stelle des Sees eine Wohnanlage sowie eine Schule, ein Krankenhaus und Kindergärten zu bauen. Rund 20 Hektar des Sees sollen gemäß der Projektplanung für einen Park erhalten werden. Derzeit verfügt der Taldykól über eine Gesamtfläche von 600 Hektar.

Geschützte Arten

Während der Beratungen des Stadtrats hoben die Aktivist:innen erfolgreich die Probleme hervor, die eine Trockenlegung des Sees für die Artenvielfalt mit sich bringen würde. Das Gebiet verfügt über eine sehr vielfältige Flora und Fauna sowie über ein reiches Ökosystem. Einige der ansässigen Arten sind auf der Roten Liste der gefährdeten Arten aufgeführt, wie zum Beispiel das Rosaflamingo. Das geplante Immobilienprojekt könnte sich als Umweltkatastrophe entpuppen und zum Verlust eines der wenigen Naturgebiete der Hauptstadt führen.

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Diese Argumente überzeugten die Entscheidungsträger:innen, die Trockenlegung des Sees auszusetzen. Wie die Umweltaktivistin Jamilıa Sadykova via Facebook mitteilte, seien die Behörden sogar bereit, Baudokumente der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Schamane vs. Lastwagen

Im Vorfeld des Beschlusses zur Aussetzung der Bauarbeiten hatten sich Aktivist:innen der Initiative SOSTaldykol einen Namen gemacht, indem sie am 7. September einen beispiellosen dreistündigen Protest organisierten. „Ziel der Aktion war es, die Gesellschaft für das Problem der Lebensraumzerstörung zum Zwecke des schnellen Gewinns zu mobilisieren“, erklärte Maıa Sagym, Vertreterin von SOSTaldykol, gegenüber dem kasachstanischen Nachrichtenportal Vlast.

Die Protestaktion bestand aus einer Menschenkette, die von der Musikerin Aıgerim Ospan mit einem Konzert auf dem traditionellen Instrument Qobyz begleitet wurde. Der Künstler Ashat Ahmedıarov blockierte als Schamane verkleidet die Straße, so dass die mit Erde beladenen Lastwagen nicht passieren konnten.

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„In Krisenzeiten wandte sich die Steppengemeinschaft an Schamanen, die die Ideale der nomadischen Lebensweise zum Ausdruck brachten. Mangels anderer Möglichkeiten, die Gesellschaft zu mobilisieren, wenden sich die Künstler diesen Traditionen zu. Der Schamane ist ein Führer zwischen den Welten, er verteidigt das Recht der Natur, ein Gleichgewicht zu wahren, unabhängig von menschlichen Ambitionen“, fügte Sagym hinzu.

Breiter Protest

Mit ihrem Protest steht die Künstler:innen im Übrigen nicht allein da. SOSTaldykol bringt Anwohner:innen, Umweltschützer:innen, Künstler:innen, aber auch Architekt:innen und Forscher:innen zusammen. „Jedes Jahr fliegen Vögel her, Enten nisten. Diese Schönheit können wir die ganze Zeit beobachten. Warum sollten wir die Natur aus Profitgründen zerstören? Was werden wir zukünftigen Generationen hinterlassen?“, erklärte eine Anwohnerin am Rande der Protestaktion.

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Die Mobilisierung zum Erhalt des Taldykól begann bereits im März, als SOSTaldykol eine Kundgebung vor dem Büro der Präsidentenpartei Nur Otan organisierte. Nach weiteren Aktionen im August und September könnte die nun beschlossene Aussetzung der Trockenlegung einen Schlussstrich unter den Kampf um den Taldykól setzen. Ob die Behörden das Projekt am Ende tatsächlich aufgeben, bleibt aber abzuwarten.

Hugo Messina, Redakteur für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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