Startseite      Aufräumen nach FTX: Kasachstan strebt Regulierung der Kryptobranche an

Aufräumen nach FTX: Kasachstan strebt Regulierung der Kryptobranche an

Der milliardenschwere Betrugsfall um den ehemaligen Tech-CEO Sam Bankman-Fried sorgt nun seit über einem Jahr für Aufruhr, weit über die Techbranche hinaus. Auch in Kasachstan erregte der Fall Aufsehen, vor allem wegen Bankman-Frieds Verbindungen zu lokalen Geschäftsleuten. Die kasachstanische Regierung ist bestrebt, die Branche stärker zu regulieren: Ab Januar 2024 gelten neue Richtlinien über den Handel mit digitalen Wertanlagen.

Mining Kryptowährung
Kasachstan will das Fördern von Kryptowährungen zunehmend unter staatliche Kontrolle bringen. Illustrationsbild: Marco Verch (CC-BY 2.0)

Der milliardenschwere Betrugsfall um den ehemaligen Tech-CEO Sam Bankman-Fried sorgt nun seit über einem Jahr für Aufruhr, weit über die Techbranche hinaus. Auch in Kasachstan erregte der Fall Aufsehen, vor allem wegen Bankman-Frieds Verbindungen zu lokalen Geschäftsleuten. Die kasachstanische Regierung ist bestrebt, die Branche stärker zu regulieren: Ab Januar 2024 gelten neue Richtlinien über den Handel mit digitalen Wertanlagen.

Auf steile Anstiege können ebenso dramatische Abstürze folgen, das gilt besonders für die Welt der Kryptowährungen. Einen solchen Einbruch erlebte die Branche im November vergangenen Jahres, als mit FTX die weltweit zweitgrößte Handelsplattform für derartige Wertanlagen innerhalb weniger Tage zusammenbrach und mehrere Milliarden US-Dollar an angelegtem Geld mit sich riss. Anfang November fand ein amerikanisches Bundesgericht in Manhattan Bankman-Fried für schuldig, das angelegte Vermögen der Kund:innen seiner Krypto-Börse FTX veruntreut zu haben.

Ursächlich für den plötzlichen Einbruch waren Enthüllungen über unlautere Geschäftspraktiken der Unternehmensführung, allen voran des einst als Wunderkind gepriesenen CEO und Mitbegründers Sam Bankman-Fried. Auf dessen Geheiß hatte der ebenfalls von ihm mitbegründete und geleitete Hedgefonds Alameda Research, ein eng mit FTX verknüpftes Schwesterunternehmen, mehr als eine Milliarde US-Dollar aus FTX-Anlagen in Kasachstan investiert, was zur finanziellen Schieflage des Firmengeflechts beitrug.

Der Skandal schlug auch in Kasachstan Wellen, wo rund um Alameda Research und weitere Firmen in den vergangenen Jahren ein wahrer Krypto-Boom entfacht war. Als Reaktion ist die Regierung bestrebt, die Förderung von und den Handel mit Kryptowährungen stärker zu regulieren.

Bitcoinrausch in Kasachstan

In den Größenordnungen, in denen sich Bankman-Fried mit FTX bewegte, sind industrielle Strommengen und Serverfarmen in Fabrikhallengröße erforderlich, sogenannte „Mines“. Beste Voraussetzungen für den Aufbau solcher Mines fand man Ende der 2010er Jahre in Kasachstan, wo günstiger Strom und lockere Regulierungen viele solcher Projekte anzogen. Im Jahr 2021 war Kasachstan der zweitgrößte Bitcoin-Produzent der Welt, bis zu sieben Prozent der nationalen Energieproduktion flossen in den Hochzeiten des Bitcoin-Rausches in die Rechenzentren. Hier machte auch Bankman-Fried sein folgenreiches Investment. Er ließ Alameda Research in Genesis Digital Assets (GDA) investieren, ein Unternehmen, das in Zypern registriert ist, aber vor allem in Kasachstan tätig ist.

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GDA wurde bereits 2017 gegründet, als sich die kasachischen Investoren Rashit Mahat, der in Kasachstan unter anderem durch seine Vorstandstätigkeit beim Mobilfunkunternehmen Kcell zwischen 2019 und 2021 bestens vernetzt ist, sowie seine Geschäftspartner Abdumalik Mirahmedov und Andreı Kim mit den beiden deutschen Krypto-Spezialisten Marco Krohn und Marco Streng zusammenschlossen, um das Unternehmen auf die Beine zu stellen. So beschreibt das kasachstanische Online-Portal Kursiv.media die „kasachstanische Spur“ von FTX.

Bankman-Fried trat 2021 in den Vorstand von GDA ein. Das Geld von Alameda floss in insgesamt drei von GDA betriebene Rechenzentren in Kasachstan, in denen mit günstigem Strom betriebene Computerhallen Coins generierten, die dann auch an Bankman-Frieds Börse FTX gehandelt werden sollten. So zumindest der Plan. Bis Anfang 2022 investierte Alameda 1,1 Milliarden US-Dollar in GDA, das StartUp wurde zum mit Abstand größten Investitionsobjekt des Hedgefonds.

Als jedoch ab Anfang 2022 der Kryptomarkt weltweit einbrach, sank auch der Wert der Mining-Unternehmen massiv. Ein Wagnis, das noch wenige Monate zuvor lukrativ genug erschien, um mehr als eine Milliarde Dollar zu riskieren, sah nun weit weniger attraktiv aus. Als im November 2022 der Branchendienst CoinDesk zudem berichtete, dass das Stammkapitel von Alameda Research aus FTT, der plattformeigenen Kryptowährung von FTX, bestand, verschärfte sich die Schieflage.

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Das nahezu unkontrollierte Wachstum der Branche in Kasachstan neigte sich zu diesem Zeitpunkt ohnehin dem Ende zu. Spätestens nach den Massenprotesten im Januar 2022, bei denen unter anderem die angespannte Versorgungslage mit Strom angeprangert wurde, war an günstige Energie für Bitcoin-Mining nicht mehr zu denken. Im Juli 2022 wurde eine Steuer auf Strom für Mining-Vorhaben beschlossen.

Angestrebt wird eine schrittweise Regulierung der Branche, sowie deren Einbindung mit staatlichen Akteuren wie dem Astana International Finance Center (AIFC), einem Prestigeprojekt der kasachstanischen Regierung. Der Außendarstellung des AIFC folgend sieht man sich weiterhin als vielversprechenden Standort für die Digitalindustrie, die Rahmenbedingungen dafür soll allerdings in Zukunft der Staat ziehen. Das Laissez-faire, das einst Bankman-Fried einst nach Kasachstan lockte, scheint endgültig vorbei zu sein.

Ende der Goldgräberstimmung in Kasachstan

Die Regulierungsbestrebungen ab 2022 wurden unter anderem durch den plötzlichen Zusammenbruch von FTX befeuert. Nach der Meldung von CoinDesk war das Konstrukt aus FTX und Alameda Research aufgeflogen, das Vertrauen in die tatsächliche Liquidität von Bankman-Frieds Unternehmen war auf einen Schlag verdampft. In der Folge stieß der Branchenführer und größte Konkurrent von FTX, Binance, die dort gehaltenen FTTs ab, der Wert der Währung sank ins Bodenlose und riss das davon abhängige Konstrukt aus Alameda Research und FTX mit sich.

GDA hat seine Rechenzentren von Kasachstan in die USA verlegt, wo das Unternehmen seine Tätigkeit weiterführen will. Auf den Internetseiten des Unternehmens werden nun neue Projekte in Nordamerika und Schweden angepriesen, der ehemalige Vorstandskollege Bankman-Fried ist aus dem öffentlichen Auftritt der Firma vollständig verschwunden.

Präsident Toqaev, der sich Ende 2021 sogar mit Bankman-Fried und anderen Unternehmern der Branche getroffen hatte, erließ schließlich am 6. Februar 2023 das bisher weitreichendste Maßnahmenpaket zum Krypto-Mining in Kasachstan, welches ab Januar 2024 in Kraft treten wird, wie kursiv.kz berichtete.

Neue Regulierungen, neue Investoren

Mines benötigen fortan staatliche Lizenzen für ihren Betrieb und dürfen nur dann Strom aus dem kasachstanischen Netz beziehen, wenn ein Elektrizitätsüberschuss besteht. Ab 2024 müssen außerdem mindestens 50 Prozent der in Kasachstan erzeugten Coins über Plattformen gehandelt werden, die am Astana International Finance Center registriert sind. Diese Quote soll bis 2025 auf 75 Prozent steigen. Im AIFC soll die Finanz- und Techbranche nicht nur einen attraktiven Marktplatz finden, es wird auch an einer stärkeren Verzahnung der jungen Branche mit staatlichen Behörden gearbeitet, wie die Astana Times berichtete.

Die anfängliche Goldgräberstimmung im Land ist also vorbei, aber es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass man von Kryptowährungen in Kasachstan hört. Binance, die große Konkurrentin der zusammengebrochenen FTX, arbeitet weiterhin eng mit der kasachstanischen Regierung zusammen und setzt große Hoffnungen in das Land. Das Unternehmen ist bereits ähnlich gut vernetzt wie einst GDA. So wechselte im Oktober 2022 Jaslan Mádiev, bis dahin Vizeminister für digitale Entwicklung, in eine Führungsposition bei Binance Kasachstan.

Derzeit arbeitet das in China gegründete, aber mittlerweile ohne offiziellen Sitz operierende Unternehmen daran, auch Krypto-Produkte anzubieten, die an bestehende nationale Währungen gekoppelt sind. Der CBDC Digital Tenge, ein Krypto-Pendant zur Landeswährung, wurde bis Dezember vergangenen Jahres in einem Pilotprojekt erprobt und befindet sich nun in den Startlöchern für eine breitere Markteinführung. 2025 soll die neue Währung flächendeckend zur Verfügung stehen.

Daniel Styczynski
Für Novastan.org

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