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„Nieder mit der Gleichgültigkeit!“ – In Duschanbe trifft Umweltaktivismus auf Kunst

Vom 13. Bis 15. Februar fand in Duschanbe das Festival "Ecoritm" statt, das Künstler und Umweltaktivisten versammelte. Neben der Ausstellung der Werke luden die Veranstalter auch zu Podiumsdiskussionen ein. Neben den heute am stärksten spürbaren Umweltproblemen sprachen die Redner auch darüber, wie die Umweltbewegung mehr junge Menschen als Aktivisten für sich gewinnen kann.

Mosaik in Duschanbe. Symbolfoto. Foto: Hannah McMillen / Novastan.

Vom 13. Bis 15. Februar fand in Duschanbe das Festival „Ecoritm“ statt, das Künstler und Umweltaktivisten versammelte. Neben der Ausstellung der Werke luden die Veranstalter auch zu Podiumsdiskussionen ein. Neben den heute am stärksten spürbaren Umweltproblemen sprachen die Redner auch darüber, wie die Umweltbewegung mehr junge Menschen als Aktivisten für sich gewinnen kann.

An den drei Festivaltagen präsentierten Künstler, Fotografen und Kunstaktivisten ihre Werke und demonstrierten die Macht von Kunst und Kultur bei der Lösung von Problemen. Darüber hinaus diskutierten Redner bei Podiumsdiskussionen, wie junge Menschen stärker in Umweltinitiativen eingebunden werden können.

Die Veranstalter der tadschikistanischen Stiftung für öffentliche Gesundheit und Menschenrechte erhielten maßgebliche Unterstützung von Seiten des Schweizer Kooperationsbüros sowie der französischen Botschaft in Tadschikistan.

Von Wasserknappheit bis Tierquälerei

Die Leiterin der Stiftung Tachmina Saidowa erklärte, dass die Ökologie eines der dringlichsten Themen unserer Zeit sei. Sie betonte, wie wichtig es sei, die Aufmerksamkeit junger Menschen auf Umweltprobleme zu lenken, sie zu umweltfreundlichem Handeln zu erziehen und sie aktiver in den Umweltschutz einzubinden. Ein kreativer Hebel, Umweltinitiativen zu fördern und das Bewusstsein für Umweltfragen zu schärfen, ist laut Saidowa die Kunst.

Die fotografischen Installationen und Werke der Aussteller befassten sich allesamt mit Umweltfragen. Darunter auch solche, die in Tadschikistan von besonders aktuell und dringlich sind, wie etwa eine Reihe von Gemälden, die die Wasserknappheit thematisieren. Auf diesen wiesen die Künstler auf die Herausforderungen hin, denen sich die Bevölkerung Tadschikistans auf dem Weg zu sauberem Wasser gegenübersieht.

Besondere Aufmerksamkeit schenkten die Kunstschaffenden auch einem der drängendsten Umweltprobleme unserer Zeit: der Vermüllung. Diesem Thema widmeten sich Fotos von vermüllten Straßen.

Ein weiteres Werk befasste sich mit Tierquälerei. Das Gemälde mit dem Titel „Without a Home“ thematisierte die grausamen Methoden, die auf die Reduzierung der Population streunender Tiere abzielen und die auch für die Umwelt nicht folgenlos sind.

„Katzen und Hunde sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Umwelt. Für die städtischen und ländlichen Ökosysteme sind sie unentbehrlich. Mit ihrer Anwesenheit halten sie die Natur im Gleichgewicht, interagieren mit anderen Arten und beeinflussen die Gesamtstruktur der Umwelt“, heißt es in der Beschreibung der Fotocollage.

Die französische Botschafterin in Tadschikistan, Elsa Pignol, fasst zusammen: „Der Schutz unserer Umwelt ist ebendeshalb von so wesentlicher Bedeutung, weil sie mehr als nur eine hübsche Begleiterscheinung ist.“

Umweltkatastrophen treffen Frauen besonders hart

An der Podiumsdiskussion „Umweltaktivismus: moderne Praktiken und neue Möglichkeiten“ nahmen vier Redner teil: die Bürgeraktivistin und Forscherin Nisso Rasulowa, der Kunstkurator und Künstler Alexej Rumjanzew, der Tourismusexperte Olimdschon Alimursajew und die Künstlerin und Kunstmanagerin Diana Rachmanowa.

Neben den bereits spürbaren Umweltproblemen sprachen die Redner auch über die Not, die Reihen der Ökoaktivisten mit motivierten jungen Menschen zu füllen.

Olimdschon Alimursajew, der sich aktiv für Ökotourismus einsetzt, hielt einen Kurzvortrag, in dem er auf aktuelle Umweltprobleme des Landes einging: Klimawandel, mangelnder Zugang zu sauberem Trinkwasser und Luftverschmutzung.

Dabei ist die Luftverschmutzung nicht nur in Tadschikistan, sondern auch in anderen zentralasiatischen Ländern ein drängendes Problem, darunter unter anderem Industriestädte, aber auch die Hauptstädte BischkekDuschanbe und Taschkent. Die drei Städte landen regelmäßig auf den vordersten Plätzen des Luftverschmutzungs-Rankings des Schweizer Unternehmens IQAir, welches sich auf Luftqualitätstechnologie spezialisiert hat.

Die Gender-Expertin und Aktivistin Nisso Rasulowa betonte, dass Klimakatastrophen häufig zu mehr Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern führen. „In den letzten fünf Jahren haben die Vereinten Nationen, die wohlgemerkt eine Gender-Agenda und mehrere Konventionen zur Gleichstellung der Geschlechter vorantreiben, darauf hingewiesen, dass der Klimawandel und Naturkatastrophen aller Art sehr nachteilige Auswirkungen auf Frauen haben“, sagte Nisso.

Die Kataklysmen des Klimawandels wirken sich beispielsweise negativ auf in der Landwirtschaft tätige Frauen aus, indem sie ihnen den Zugang zu Wasser erschweren. Nisso Rasulowa sprach über eine Studie der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, in der die Autoren zu dem Schluss kamen, dass die Todesopfer von Schlammlawinen und Überschwemmungen am häufigsten Mädchen seien. Der Grund: „Es bringt ihnen niemand das Schwimmen bei.“

Die Gender-Expertin weiter: „Die meisten uns besonders betreffenden Klimaveränderungen wirken sich insofern negativ auf Frauen aus, als dass sie den gewohnten Lebensstandard, den sich Frauen im Laufe der Jahre aufbauen, zerstört.“

„Nieder mit der Gleichgültigkeit!“

Die Redner der Podiumsdiskussion sprachen über die Herausforderungen des modernen Umweltaktivismus und die unzureichende Finanzierung von Umweltprojekten. Viele Umwelt-Aktivisten berücksichtigen schon bei der Vorbereitung neuer Projekte, wie die Beteiligten auch nach Abschluss eines Projektes weiterhin Hilfen erhalten können. 

„Die größte Herausforderung ist sicher die gleichgültige Haltung. Warum sonst ist von zehn Personen gerade mal eine daran interessiert, sich mit den Umweltproblemen auseinanderzusetzen? Der Kampf gegen diese Gleichgültigkeit ist kein leichter, aber er ist sehr wichtig, besonders in Umweltfragen“, betonte Nisso Rasulowa.

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Laut Diana Rachmanowa gehört zum Umweltaktivismus nicht nur die Teilnahme an Projekten, sondern auch eine eigene Haltung: „Wenn jeder von uns in seinem Kreis ein paar Schritte unternimmt, zum Beispiel den Müll nicht nur von hier nach dort zu bringen, sondern ihn im Prinzip gar nicht erst zu verursachen, zählt das meiner Meinung nach auch schon als Teil des persönlichen Aktivismus.“

Sie fügt hinzu: „Wir leben in einer sehr unvorhersehbaren Zeit, in der wir uns nur schwer auf irgendwelche externen Hilfsmittel verlassen können. Unsere Hoffnung gilt darum vor allem uns selbst, denn dort fängt der Umweltaktivismus überhaupt erst an. Wenn Aktivisten ihre Überzeugungen dazu noch kulturell und künstlerisch verarbeiten, kann der Aktivismus uns die Augen für sehr relevante Themen öffnen.“

Die Redner waren sich einig, dass es notwendig sei, jungen Menschen möglichst viele Positivbeispiele zu zeigen, um sie aktiv in den Umweltschutz einzubeziehen und Initiativen zu fördern. Darüber hinaus sei der Umweltschutz heute eines der vielversprechendsten und rentabelsten Berufsfelder. Auch darin stecke ebenfalls Motivationspotenzial für junge Menschen.

„Beispiele gibt es en masse, nicht nur im Ausland, sondern auch hier in Zentralasien. Schon über diese Initiativen zu sprechen und darüber, welches Kapital Privatleute auftreiben, die solche Initiativen fördern, kann sehr stark motivieren“, sagt Diana Rachmanova.

Olimdschon Alimursajew ist überzeugt, dass es von essenzieller Bedeutung ist, sich selbst umweltfreundliche Verhaltensweisen anzugewöhnen, um sie dann an seine Umgebung weiterzugeben. Die Redner betonen zudem, dass jeder Aktivismus ein Höchstmaß an Engagement und Hingabe voraussetze.

„Aktivist zu sein, ist im Prinzip ein Geisteszustand, der dafür sorgt, dass dir nicht gleich ist, was um dich herum geschieht. Selbst wenn dich alle hassen, trittst du ein für dein Anliegen und trägst es auch in Gesprächen fort“, fasst Nisso Rasulowa zusammen.

Somon Komilow für your.tj

Aus dem Russischen von Arthur Siavash Klischat

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