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Ein schwieriges Jahr für Tadschikistan: Ist die Zeit nun reif für einen Machtwechsel?

Es scheint, dass 2021 ein schwieriges Jahr für Tadschikistan sein wird. In diesem Jahr jährt sich die Unabhängigkeit des Landes zum 30. Mal. Die Regierung hat versprochen, bis zum Jahrestag der Unabhängigkeit am 9. September Dutzende Infrastrukturprojekte fertigzustellen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Doch die Folgen der Pandemie schüren Zweifel am langjährigen Präsidenten Rahmon. Der folgende Artikel erschien am 4. Januar im tadschikischen Original bei Radioi Ozodi. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Es scheint, dass 2021 ein schwieriges Jahr für Tadschikistan sein wird. In diesem Jahr jährt sich die Unabhängigkeit des Landes zum 30. Mal. Die Regierung hat versprochen, bis zum Jahrestag der Unabhängigkeit am 9. September Dutzende Infrastrukturprojekte fertigzustellen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Doch die Folgen der Pandemie schüren Zweifel am langjährigen Präsidenten Rahmon. Der folgende Artikel erschien am 4. Januar im tadschikischen Original bei Radioi Ozodi. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Tadschikistans Präsident Emomali Rahmon ist sich der Symbolwirkung des 30. Jahrestages der Unabhängigkeit seines Landes bewusst. Anscheinend wies er die Behörden an, im Jahr 2021 ein hohes Maß an Stabilität und Vertrauenswürdigkeit an den Tag zu legen. Doch die versuchte Eindämmung der Coronavirus-Pandemie macht es ihnen nicht leicht, dem tatsächlich auch nachzukommen. Experten zufolge wird einer der wichtigsten Prozesse dieses Jahres die Grundsteinlegung der Machtübergabe an Rahmons Nachfolger sein.

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Der Journalist Radschab Mirso prognostiziert, dass Präsident Rahmon nach seinem Wahlsieg im vergangenen Jahr alsbald zurücktreten und sein Amt an seinen ältesten Sohn Rustam übergeben wird. Mirso zufolge würde sich eine solche Entscheidung in eine Dynamik einreihen, die bereits vor zehn Jahren im Nahen Osten ihren Anfang nahm und bis heute in vielen Ländern andauert.

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Mirso analysiert weiter: „Gleichzeitig sind autoritäre und diktatorische Länder gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen. Es kann nicht anders sein. Weil in jedem von ihnen ähnliche Konsequenzen drohen. Daher wird jedes von ihnen auf seine eigene Weise Veränderungen vornehmen, entweder im Sinne politischer Einsicht oder durch sogenannte Reformen.“

Experten, die Regierungskreisen nahestehen, verzichten häufig auf Kommentare zur möglichen tadschikischen Machtübergabe, halten sie für spekulativ oder schließen den Gedanken generell aus. Der politische Kommentator Irschad Sulajmoni hingegen führt vor Augen, dass Emomali Rahmon im kommenden Jahr 70 Jahre alt wird. Seiner Meinung nach wird eine Amtsübergabe von Jahr zu Jahr problematischer. „Aus sozioökonomischer Sicht wird 2021 ein kraftraubendes Jahr. In einer so schwierigen Situation ist es nicht sinnvoll, zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. So wird das Problem der Machtübergabe alleine aus haushaltstechnischen Gründen zunehmend sensibler, berücksichtigt man die aktuellen politischen, wirtschaftlichen und regionalen Entwicklungen“, so Sulajmoni.

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Das vergangene Jahr hat sich auf die Kreditwürdigkeit des tadschikischen Staates und seiner Regierung ausgewirkt: Der Ausbruch des Coronavirus nimmt im öffentlichen Bewusstsein viel Raum ein. Die großen Wirtschaftsmonopole, die nach verschiedenen Quellen weiterhin Verwandten des Präsidenten und anderen Regierungsbeamten gehören, boten ihren Kunden Waren und Dienstleistungen zu einem höheren Preis an als sonst. Steigende Preise für Grundbedürfnisse und eine  Bedrohungen der tadschikischen Ernährungssicherheit beunruhigen große regierungsnahe Unternehmen anscheinend nicht. Vielmehr stellen sie die Handlungsfähigkeit des Präsidenten in Frage.

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Die Journalistin Marat Mamadschojew verknüpft die Aktivitäten der Monopole im Land mit dem Naturgesetz des „wilden Kapitalismus“ und verweist auf ihre enge Verbindung zu den Behörden. „In diesem Sinne werden Beamte versuchen, noch einen Gewinn zu erzielen, selbst wenn sie bereits 200 Prozent ihres Einkommens erhalten – unabhängig von den sozialen Folgen. Dass die Regierung dieser Dynamik nicht entgegentritt, zeigt, dass sie ein Teil von ihr ist“, so Mamadschojew. Ihr zufolge wird sich die Situation im nächsten Jahr weiter verschlechtern, wenn keine entgegenwirkenden Maßnahmen ergriffen werden. Die Stabilität der Regierung werde von der Geduld der Menschen abhängen.

Wirtschaftliche Risiken

Auf die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation weisen nicht nur lokale Medien hin. Eurasianet berichtet in einem am 18. Dezember veröffentlichten Bericht, dass, während in früheren Jahren bereits ein Drittel der Bevölkerung Tadschikistans unterernährt war, nun die Gefahr besteht, dass diese Zahl weiter steigt. Der Artikel stellt heraus, dass Rücküberweisungen aus dem Ausland um bis zu 40 Prozent und Überweisungen aus Russland sogar um 57 Prozent gesunken sind, was sich enorm auf den Lebensstandard in Tadschikistan auswirken wird.

Karimdschon Ahmadow, ehemaliger stellvertretender Wirtschaftsminister, stellt fest: „Die Armut nimmt zu, was sich auf die soziale Stabilität auswirkt. Das Problem der Zusammenarbeit zwischen der Geschäftswelt und der herrschenden Elite verschärft sich und es werden Anstrengungen unternommen, um auf sehr begrenzte Ressourcen zuzugreifen. Ein weiteres Problem ist die Auslandsverschuldung, die bis zu 50 Prozent des BIP erreichen kann. Für die Regierung wird es schwieriger sein, externe finanzielle Unterstützung und Kredite zu erhalten. Die Rückzahlung von Auslandsschulden gemäß laufender Verpflichtung wird schwierig sein. Es ist zu erwarten, dass Tadschikistan 2021 seine Schulden nicht zurückzahlen kann.“

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Im Jahr 2021 wird also ein Währungsengpass zu spüren sein, der sich negativ auf die Entwicklung des privaten Unternehmertums auswirken wird. Das aktuelle Exportniveau ist hauptsächlich auf den Verkauf von Edelmetallen zurückzuführen. Die Regierung ist offenbar nicht in der Lage, die Situation zu bessern.

Ahmadow zufolge hat die Regierung kein effizientes System der öffentlichen Finanzverwaltung aufgebaut und ist politisch nicht bereit, diesen Fehler zu akzeptieren. Sie wird sich weiterhin auf externe Kredite verlassen und das Land in einen Schuldenausfall führen. Das ehemalige Regierungsmitglied schließt nicht aus, dass Duschanbe bei einem Beitritt Usbekistans zur Eurasischen Wirtschaftsunion auch selbst einen Beitritt erwägen könnte.

Feierlichkeiten in Zeiten der Pandemie

Trotz der Herausforderungen wird das Jahr 2021 in Tadschikistan voller Feierlichkeiten sein. Parallel zum 30-jährigen Jubiläum der Unabhängigkeit hält Tadschikistan auch den Vorsitz in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit – zwei Daten, die mit besonderem Pomp zelebriert werden.

Das diesjährige Haushaltsbudget Tadschikistans sieht mehr als eine Milliarde Somoni (umgerechnet ca. 72 Millionen Euro) für Kultur und Sport vor. Diese Mittel entsprechen den Geldern, die den Sektoren Landwirtschaft, Industrie und Bau zustehen. Es ist nicht klar, wie die Öffentlichkeit solche Regierungsentscheidungen akzeptieren und bewerten wird. Unabhängige sozialwissenschaftliche Erhebungen werden im Land nicht durchgeführt. Es wird allgemein angenommen, dass es keinen signifikanten Unterschied in der Bewertung des Präsidenten zur Zeit vor der Krise gibt. Experten sagen, dass die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation jedoch Unzufriedenheit im Inland schüren wird.

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„Es gibt tatsächlich mehr Kritiker als früher. Vor allem angesichts der Stromknappheit und der steigenden Lebenshaltungskosten. Logischerweise könnte die Situation unter dem Vorwand der Bekämpfung des Extremismus zur Entstehung einer geheimen Opposition und zum ‚harten Widerstand‘ gegen die Behörden führen“, sagt ein unabhängiger politischer Analytiker aus Duschanbe, der namentlich nicht genannt werden möchte.

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Im Jahr 2020 verschlechterte sich dazu die Lage in Nordafghanistan, das an Tadschikistan grenzt. Laut tadschikischen Beamten sind in der Region von Tadschiken angeführte Milizen entstanden. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat die tadschikische Regierung wiederholt wegen Verletzung der Rechte von Dissidenten unter dem Vorwand der Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus kritisiert. Duschanbe hält eine solche Kritik für unbegründet und verbindet sein Vorgehen gegen die Opposition mit Sicherheit und Stabilität.

Chursand Churramow für Radioi Ozodi

Aus dem Tadschikischen von Robin Shakibaie

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