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Zentralasien indirekt von ukrainischen Drohnenangriffen in Russland betroffen

Ukrainische Drohnen, die eine russische Verarbeitungsanlage ins Visier genommen hatten, haben Kasachstan zur Drosselung der Ölförderung aus einem seiner wichtigsten Ölfelder gezwungen. In anderen zentralasiatischen Ländern ist mit einem Anstieg der Benzinpreise zu rechnen, sollten russische Raffinerien weiterhin von Kiew angegriffen werden.

Auf Telegram verbreitetes Bild, das offenbar ein russisches Kampfflugzeug zeigt, das nach einem Angriff ukrainischer Drohnen in Flammen steht (Illustration). Foto: AP

Ukrainische Drohnen, die eine russische Verarbeitungsanlage ins Visier genommen hatten, haben Kasachstan zur Drosselung der Ölförderung aus einem seiner wichtigsten Ölfelder gezwungen. In anderen zentralasiatischen Ländern ist mit einem Anstieg der Benzinpreise zu rechnen, sollten russische Raffinerien weiterhin von Kiew angegriffen werden.

Am 19. Oktober musste die Gasaufbereitungsanlage Orenburg, der weltweit größte Chemie- und Gaskomplex im Süden Russlands, nach einem Drohnenangriff der Ukraine vorübergehend ihre Gaslieferungen aus Kasachstan einstellen, wie das kasachstanische Energieministerium mitteilte. Der Vorfall löste im Land, das für die Verarbeitung seines Gases und Öls von Russland abhängig ist, sowie bei seinen zentralasiatischen Nachbarn Alarmstimmung aus.

Die Ukraine bestätigte, dass die Anlage, die etwa 1.700 Kilometer östlich der russisch-ukrainischen Grenze liegt, sowie eine Ölraffinerie in der Region Samara angegriffen wurde, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Laut dem Gouverneur von Orenburg, Jevgenij Solntsew, löste der Angriff einen Brand in einer der Werkstätten aus, worauf die Feuerwehr und die örtlichen Rettungsdienste alarmiert wurden. Es wurden keine Opfer gemeldet und für die umliegende Bevölkerung bestand keine Gefahr. Satellitenbilder der NASA haben außerdem ein Feuer in der Nähe einer Anlage zur Trennung von Flüssiggas (LPG) entdeckt.

Die Anlage produziert insbesondere Propan, Butan und Naturbenzin, die von Gazprom verwendet oder exportiert werden. Laut der russischen Zeitung Kommersant beträgt ihre Verarbeitungskapazität 37,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Nach dem Vorfall wurden kurzzeitig Flugbeschränkungen verhängt, bevor der Notfallplan aufgehoben und der Flughafen von Orenburg wieder geöffnet wurde, wie die Deutsche Welle berichtet.

Ukrainische Angriffe richten sich zunehmend gegen die russische Energieversorgung

Dieser Angriff ist Teil einer ukrainischen Kampagne zur Intensivierung der Angriffe auf die russische Energieinfrastruktur. Seit August vermehrt Kiew die Drohnenangriffe auf russische Raffinerien, Gasaufbereitungsanlagen und Pumpstationen: Innerhalb von zwei Monaten soll jede dritte Raffinerie angegriffen worden sein. Im September trafen die Angriffe die Raffinerie in Nowokusjibtschesk, die Gasaufbereitungsanlage in Astrachan (Gazprom) und die Raffinerie in Rjasan (Rosneft), eine der größten des Landes und Hauptlieferant für die Region Moskau. Fünf weitere Raffinerien wurden in der ersten Oktoberwoche getroffen.

Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht darin einen Beweis für die „Intensivierung und Präzision“ der ukrainischen Operationen, die als „langfristige Sanktionen gegen Russland“ dargestellt werden, berichtet Radio Free Europe Kasachstan. „Praktisch jeden Tag oder alle zwei Tage werden russische Raffinerien getroffen. Und das trägt dazu bei, Russland in die Realität zurückzuholen“, erklärte er.

Rückgang der Ölproduktion in Kasachstan

Durch die Störung der Kraftstoffversorgung und die Verringerung der Energieeinnahmen Moskaus haben diese Angriffe auch Auswirkungen auf die Länder Zentralasiens. Die Produktion des Gasfeldes Karatschaganak im Nordwesten Kasachstans ging laut mehreren Branchenquellen am 27. Oktober um 25 bis 30 Prozent zurück. Am 22. Oktober gab das kasachstanische Energieministerium bekannt, dass die Gaslieferungen an die Verarbeitungsanlage in Orenburg wieder aufgenommen wurden und die Produktion in Karatschaganak wieder angelaufen ist, wie Tengrinews schreibt.

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In Karatschaganak ist die Öl- und Gasförderung eng verknüpft: Ein Rückgang der Gasverarbeitung schränkt automatisch die Ölförderung ein. Das Gas wird nicht nur für die Verarbeitung in Orenburg verwendet, sondern auch zur Reinjektion, um den Druck im Reservoir aufrechtzuerhalten, sowie zur lokalen Stromerzeugung.

Im Jahr 2024 wurden laut Reuters 263.000 Barrel Öl pro Tag aus Karatschaganak gefördert, das von einem Konsortium aus Chevron (18 Prozent), Shell und Eni (jeweils 29,25 Prozent), Lukoil (13,5 Prozent) und KazMunayGaz (10 Prozent) betrieben wird. Das Öl wird hauptsächlich über das Caspian Pipeline Consortium exportiert, das das Öl zum Hafen von Noworossijsk im Süden Russlands am Schwarzen Meer transportiert, von wo aus es hauptsächlich über die russische Druschba-Pipeline nach Deutschland weitergeleitet wird.

Anstieg der Benzinpreise in Kirgistan und Tadschikistan erwartet

In Tadschikistan sind die Preise für Erdölprodukte, die größtenteils aus Russland importiert werden, nach dem Angriff vorübergehend gestiegen.

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In Kirgistan befürchten Experten laut Current Time ebenfalls einen Anstieg der Benzinpreise um bis zu 15 Prozent nach dem Angriff ukrainischer Drohnen. Bereits Anfang September 2025 hatte der Verband der Ölhändler Kirgistans angesichts der Angriffe der Kiewer Luftwaffe auf russische Ölraffinerien vor einer möglichen Kraftstoffknappheit und einem Preisanstieg gewarnt.

Energieabhängigkeit

Dieser Vorfall erinnert daran, wie anfällig die Energieinfrastruktur und -versorgung der Region seit Beginn des Krieges in der Ukraine ist.

In Kasachstan hatten Wartungsarbeiten im Werk Orenburg im September bereits zu einem Rückgang der Produktion des Feldes um 24 Prozent (im Vergleich zum August desselben Jahres) geführt. Astana hatte seinen westlichen Aktionären bereits die Idee eines Projekts zum Bau einer neuen Gasaufbereitungsanlage direkt am Feld mit einer Kapazität von 4 Milliarden Kubikmetern pro Jahr vorgelegt, um die Versorgung des Binnenmarktes zu erhöhen; doch das ursprünglich für 2028 geplante Projekt wurde ausgesetzt. Die Regierung sucht nun nach neuen Investoren, insbesondere aus Kasachstan, um dieses Projekt zu verwirklichen, berichtet Forbes Kasachstan.

Zoé Toulouse für Novastan

Aus dem Französischen von Michèle Häfliger

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