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Transafghanische Eisenbahn: Neuer Schwung und alte Probleme

Führende Politiker aus Usbekistan, Afghanistan und Pakistan haben eine neue Roadmap zur Einrichtung einer Eisenbahnverbindung Termiz – Masar-i Scharif – Peshawar unterzeichnet. Das Projekt würde den beteiligten Staaten ermöglichen, ihre wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Doch interne Probleme in den Ländern legen dem Projekt Steine in den Weg.

Die Transafghanische Eisenbahn soll Usbekistan mit den Häfen am Arabischen Meer verbinden (Symbolbild), Photo : Pekka Tamminen / Wikipedia Commons.

Führende Politiker aus Usbekistan, Afghanistan und Pakistan haben eine neue Roadmap zur Einrichtung einer Eisenbahnverbindung Termiz – Masar-i Scharif – Peshawar unterzeichnet. Das Projekt würde den beteiligten Staaten ermöglichen, ihre wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Doch interne Probleme in den Ländern legen dem Projekt Steine in den Weg.

Obwohl das Projekt der Transafghanischen Eisenbahn für alle Beteiligten vielversprechend erscheint, kommt es nur mühsam voran. Am 18. Juli haben nun Vertreter Usbekistans, Pakistans und Afghanistans in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad ein neues Protokoll zu Errichtung der Linie unterzeichnet. Wie die russische Nachrichtenagentur TASS berichtet, wird die geplante Trasse dabei geändert. Die gemeinsame Unterzeichnung zeugt einerseits von neuem Schwung für das Projekt, führt aber andererseits auch zu dessen Verlangsamung.

Der Bau einer Eisenbahnverbindung zwischen Usbekistan und Afghanistan steht seit mehreren Jahren auf der politischen Agenda. Laut Spot.uz profitiert die an der Grenze zu Usbekistan gelegene afghanische Stadt Hairatan seit 2010 vom Bau einer Eisenbahnstrecke, die sie mit Masar-i Scharif verbindet.

Dadurch ist Hairatan heute ein wichtiger Ort für den Warenverkehr zwischen den beiden Staaten. Das Projekt der Linie Termiz – Masar-i Scharif – Kabul – Peshawar, das die durch die Eisenbahnverbindung ausgelöste wirtschaftliche Entwicklung unterstreicht, nahm nach Angaben von Eurasianet in den folgenden Jahren Gestalt an.

Eine vielversprechende Verbindung

Tatsächlich trafen sich im Dezember 2018 die Leiter der nationalen Eisenbahngesellschaften Afghanistans, Kasachstans, Pakistans, Russlands und Usbekistans mit dem Ziel, einen Aktionsplan und eine Finanzierung für das transafghanische Streckenprojekt festzulegen. Ein Aufruf mit der Bitte um finanzielle Unterstützung für das Projekt wurde unter anderem an die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank gerichtet. Nach Angaben der usbekischen Onlinezeitung Gazeta.uz wurde der Plan für eine transafghanische Linie im Februar 2021 mit der Unterzeichnung einer ersten Roadmap durch Usbekistan, Pakistan und Afghanistan verwirklicht.

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Laut TASS werden die Kosten für den Bau der Strecke auf 6 Milliarden US-Dollar (5,4 Milliarden Euro) geschätzt. Nach der neuesten Version des Projekts soll es im Jahr 2027 in Betrieb gehen, die Lieferzeit von Gütern zwischen Usbekistan und Pakistan um fünf Tage verkürzen, die Kosten für den Gütertransport um 40 Prozent senken und bis 2030 den Transport von Gütern im Umfang von bis zu 15.000 Tonnen pro Jahr ermöglichen.

Für die Binnenstaaten Afghanistan und Usbekistan würde der Zugang zu pakistanischen Häfen und somit zu den Schifffahrtsrouten im Arabischen Meer den Export von Waren in Länder des Nahen Ostens und Südostasiens ermöglichen. Für die verschiedenen Beteiligten steht daher viel auf dem Spiel.

Die Machtübernahme durch die Taliban erschwert das Projekt

Obwohl ursprünglich geplant war, mit dem Bau der Strecke im Herbst 2021 zu beginnen, ließen die politischen Umstände dies nicht zu. Die Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan am 15. August 2021 destabilisierte die regionalen Beziehungen, die Vereinten Nationen verhängten Sanktionen gegen das Land. Damit das Projekt umgesetzt werden kann, wurden Anfang 2022 erneut Vereinbarungen mit der Taliban-Regierung getroffen, berichtet Fergana News.

Usbekistan hat beschlossen, seine Beziehungen zum Nachbarn zu normalisieren. Im Dezember 2021 vereinbarten Amir Khan Muttaqi, Außenminister der Taliban-Regierung, und Usbekistans Verkehrsminister Ilhom Maxkamov, dass die Bauarbeiten an der Transafghanischen Eisenbahn im Frühjahr 2022 beginnen sollten.

Politische Unruhen in Pakistan: eine vorübergehende Bremse

Im März 2022 sprach Usbekistans Präsident Shavkat Mirziyoyev während seiner Reise nach Pakistan über die Herausforderungen des Projekts. „Die Eisenbahn Termiz – Masar-i Scharif – Kabul – Peshawar ist unsere gemeinsame Zukunft. Wenn der Bau dieser Strecke abgeschlossen ist, werden wir den nächstgelegenen, günstigsten und sichersten Korridor schaffen, der Pakistan mit Zentralasien und Usbekistan mit den Häfen von Karatschi, Gwadar und Qasim verbindet. Diese Eisenbahn wird das Gesicht unserer Regionen völlig verändern“, erklärte der Präsident.

Dennoch wird das Projekt erneut durch interne politische Unwägbarkeiten behindert, als im April 2022 ein Misstrauensantrag die pakistanische Regierung von Imran Khan stürzt. Die Verhandlungen zum Projekt müssten neu geführt werden, da die neue Regierung eine neue Bremse für den Bauprozess darstelle, erläuterte damals Fergana News.

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Um eine enge Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern zu gewährleisten, wurde im Mai dieses Jahres in Taschkent ein Projektkoordinationsbüro eingerichtet. „Die Eröffnung eines Projektbüros in Taschkent wird es den Spezialisten ermöglichen, sich durch persönliche Treffen effizienter zu organisieren“, sagte Baht-ur-Rehman Sharafat, der Leiter der afghanischen Eisenbahnbehörde, während der Zeremonie. Schließlich wurde am 18. Juli das Bauprotokoll unterzeichnet.

Herausforderungen bleiben bestehen

Während einige Finanzinstitute den Bau zunächst unterstützen wollten, änderte die Machtübernahme der Taliban die Situation. Noch im Mai 2021 bekräftigte die Weltbank ihre Bereitschaft, das Eisenbahnprojekt Masar-i Scharif – Kabul – Peschawar zu unterstützen und andere internationale Finanzinstitutionen anzuziehen, berichtete damals Gazeta.uz. Die Rückkehr der Taliban stellt diese Finanzvereinbarung jedoch weitgehend in Frage, wie das afghanischen Nachrichtenportal Hasht-e Subh erklärt.

Neben der finanziellen Frage gibt es noch die operative Frage des Projekts, da dieses durch die chronische Instabilität Afghanistans bedroht wird. „Seit der Machtübernahme der Taliban wurden die meisten Menschen, die in die Leitung und andere Abteilungen der Eisenbahnverwaltung eingestellt oder versetzt wurden, in Religionsschulen ausgebildet. Für die Planung, den Bau und den Betrieb dieses Großprojekts werden jedoch professionell ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter benötigt“, erläutert Hasht-e Subh. Die betroffenen Staaten und insbesondere Afghanistan müssen die Zuverlässigkeit der Strecke sicherstellen, indem sie lokale Arbeitskräfte für den Bau und die Instandhaltung der Eisenbahnstrecke ausbilden.

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Ein zweites technisches Hindernis ist die Spurweite, da nicht in allen beteiligten Ländern gleiche Standards gelten. Die Eisenbahnstrecke in Afghanistan werde mit der russischen Spurweite von 1.520 Millimetern gebaut, um problemlos an das usbekische Netz angeschlossen werden zu können, welches ebenfalls diese Spurweite nutzt, erläutert das russische Medium Vgudok. Allerdings ist an der Grenze zu Pakistan eine Umspurung nötig, da dort die Spurweite 1.676 Millimeter beträgt. Die Züge müssen daher an der Grenze mehrere Stunden halten, was den Prozess zeit- und kostenintensiver macht.

Das Projekt der Transafghanischen Eisenbahn stößt immer noch auf Schwierigkeiten. Das Treffen der drei Staaten verleiht ihm jedoch neuen Schwung.

Alexandra Rappeneau, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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