Startseite      Kirgistans Regierungschef zurückgetreten

Kirgistans Regierungschef zurückgetreten

Der Ministerkabinettsvorsitzende Akylbek Dschaparow hat seinen Rücktritt eingereicht, ohne einen offiziellen Grund zu benennen. Seine dreijährige Amtszeit war geprägt von großen Wirtschaftsreformen und Korruptionsvorwürfen im Staat.

Akylbek Dschaparow. Foto: Ministerkabinett Kirgistans

Der Ministerkabinettsvorsitzende Akylbek Dschaparow hat seinen Rücktritt eingereicht, ohne einen offiziellen Grund zu benennen. Seine dreijährige Amtszeit war geprägt von großen Wirtschaftsreformen und Korruptionsvorwürfen im Staat.

Am 16. Dezember hat der Vorsitzende des kirgisischen Ministerkabinetts, Akylbek Dschaparow, sein Amt niedergelegt. Dschaparow hatte diesen Posten drei Jahre lang bekleidet – ein seltener Fall in dem Land, in dem Regierungschefs meist nicht länger als ein bis zwei Jahre im Amt sind, wie Radio Free Europe anmerkt. Der Rücktritt folgt auf einen beispiellosen Korruptionsskandal innerhalb der Staatlichen Steuerbehörde (STS), Protesten und Rücktrittsforderungen von Abgeordneten, berichtet The Times of Central Asia.

Präsident Sadyr Dschaparow (nicht verwandt mit dem zurückgetretenen Regierungschef) hat das Dekret zur Entlassung unterschrieben, so eine Pressemitteilung der Präsidialverwaltung. Weiter heißt es, die Entscheidung sei im Rahmen einer Versetzung auf eine andere Position getroffen wurde, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Lest auch auf Novastan: Tadschikistan und Kirgistan einigen sich in Grenzfragen

Nach Informationen des kirgisischen Nachrichtenportals 24.kg hat Akylbek Dschaparow seinen Rücktritt auf eigenen Wunsch eingereicht, ohne aber die Gründe für seine Entscheidung zu erläutern. Noch einen Monat zuvor hatte er erklärt: „Sie brauchen nicht zu erwarten, dass ich zurücktreten werde“, so Radio Azattyk, der kirgisische Dienst von Radio Free Europe.

Infolge von Dschaparows Rücktritt wurde der erste stellvertretende Vorsitzende des Ministerkabinetts, Adylbek Kasymalijew zum Interims-Regierungschef ernannt. Auf Anfrage der russischen Nachrichtenagentur Interfax teilte der Pressedienst der Präsidialverwaltung mit, dass keine Regierungsumbildung geplant sei.

Verhaftungen wegen eines Korruptionsfalls

Während einer Pressekonferenz erklärte Kamtschybek Taschijew, Vorsitzender des Staatlichen Komitees für nationale Sicherheit (GKNB), auf die Frage von Radio Azattyk, ob Dschaparows Rücktritt mit Korruption innerhalb der staatlichen Steuerverwaltung in Zusammenhang stehe: „Er ist zurückgetreten, weil er mit einer Sache zu tun hatte. […] Es ist unnötig zu erwähnen, dass es die Entscheidung des Präsidenten ist, über die wir nicht diskutieren werden.“

Die Times of Central Asia erinnert daran, dass das GKNB am 5. Dezember vier Büros der Staatlichen Steuerbehörde (STS) durchsucht hatte. Nach Angaben des Sicherheitsausschusses wurden rund dreißig Beamte wegen des Vorwurfs betrügerischer Rechnungen festgenommen und in Untersuchungshaft genommen.

Wie Radio Azattyk berichtete, gab das GKNB am nächsten Tag die Verhaftung des ehemaligen STS-Chefs Altynbek Abduwapow und seines Stellvertreters Islambek Kydyrgytschow bekannt. Sie sind bis zum 20. Januar in Untersuchungshaft. Taschijew kündigte an, dass Präsident Sadyr Dschaparow eine neue Person zum Leiter der Steuerbehörde ernennen werde.

Bemerkenswerte Reformen

Die drei Amtsjahre von Akylbek Dschaparow waren von bemerkenswerten Steuerreformen geprägt, die auf die Bekämpfung der Schattenwirtschaft abzielten. Das kirgisische Medium Aktchabar betont, dass diese Reformen zu einer erheblichen Steigerung der Staatseinnahmen beigetragen haben. Diese haben sich innerhalb von zwei Jahren um das 2,5-fache erhöht. Im Jahr 2023 stieg der Haushalt Kirgistans auf 577,2 Milliarden Som (6,3 Milliarden Euro) und übertraf damit das ursprüngliche Ziel von 503,4 Milliarden Som (5,5 Milliarden Euro).

Es wurde auch eine Lotterie namens Fordere einen Scheck organisiert, mit dem Ziel, Bürger:innen in die Kontrolle von Unternehmen einzubeziehen und es ihnen zu ermöglichen, einen Wertgegenstand zu gewinnen.

Lest auch auf Novastan: Kasachstan und Kirgistan bieten Visa für Digital Nomads an

Allerdings stoßen die Reformen bei einigen Unternehmern auf Kritik, insbesondere bei Manager:innen kleiner und mittlerer Unternehmen. Sie bedauerten die Einführung einer Registrierkassenpflicht, um die Buchhaltung und Kontrolle der Steuereinnahmen zu vereinfachen. Im Gegenzug führte die Regierung eine Frist für die Anwendung der Maßnahme ein und gewährte Zugeständnisse für bestimmte Kategorien von Unternehmen, darunter die kostenlose Bereitstellung von Registerkassen.

Eine lange politische Karriere

Akylbek Dschaparow begann seine politische Karriere, als er von 1992 bis 1993 Leiter der Abteilung für Jugendpolitik unter dem 2005 durch in der Tulpenrevolution gestürzten Präsidenten Askar Akajew war. Von 2000 bis 2005 war er Abgeordneter des Parlaments.

Vor seiner Ernennung zum Regierungschef war Akylbek Dschaparow ab Juni 2021 stellvertretender Premierminister Kirgistans und gleichzeitig Minister für Wirtschaft und Finanzen. Dieses Amt hatte er bereits von 2005 bis 2007 unter der Präsidentschaft von Kurmanbek Bakijew inne. Im Oktober 2021 wurde er auf Vorschlag von Präsident Sadyr Dschaparow und mit Zustimmung des Parlaments Regierungschef. Er kombinierte diese Position mit der des Leiters der Präsidialverwaltung. Nach Angaben von Kaktus Media könnte er zum Berater des Präsidenten ernannt werden.

Lest auch auf Novastan: Autoritarismus, politische Morde und Vetternwirtschaft: Die Präsidentschaft Kurmanbek Bakijews

Der stellvertretende Ministerkabinettsvorsitzende Edil Baisalow äußerte auf Facebook zum Rücktritt Dschaparows. Er glaubt, dass der Präsident beschlossen habe, die Führung seiner Regierung und seines Ministerkabinetts zu wechseln.

„Diese Entscheidung ist logisch und von seinem Wunsch bestimmt, dem schnellen Wachstum des Landes neue Impulse zu verleihen und den Regierungsstil und die sozioökonomische Entwicklung zu aktualisieren. […] Akylbek Dschaparow wird nicht weit weggehen. Er bleibt als engster Verbündeter an der Seite des Staatsoberhauptes und wird seinen selbstlosen Dienst zum Wohle unseres Volkes fortsetzen. Heute möchte ich ihm meine aufrichtigste Bewunderung und Dankbarkeit aussprechen“, schrieb Baisalow.

William Onkur für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

Noch mehr Zentralasien findet ihr auf unseren Social Media Kanälen: Schaut mal vorbei bei Twitter, Facebook, Telegram, Linkedin oder Instagram. Für Zentralasien direkt in eurer Mailbox könnt ihr euch auch zu unserem wöchentlichen Newsletter anmelden.

Kommentare

Your comment will be revised by the site if needed.