Adidas-Trainingsanzug, Flüche, Russenhocke, Sonnenblumenkerne, billiger Wodka, Diebstähle, Schlägereien. Klischeehafte „Gopniki“, kleinkriminelle Jugendliche, die auf der Straße vor ihren Plattenbauten rumlungern, gibt es in vielen Städten der ehemaligen Sowjetunion. Auch in Bischkek verhalten sich Jugendliche wie Gopniki. Aber sind sie wirklich Kriminielle? Der Schüler Elturan Ismatillaev hat es untersucht.
Das Wort „Gopnik“ bedeutet im Russischen etwa „krimineller Jugendlicher mit schlechtem Verhalten.“ Es gibt verschiedene Theorien, wo der Begriff herkommt. Es ist interessant, dass sich in Bischkek niemand selbst „Gopnik“ nennt. Solche Jugendliche nennen sich „Brodjaga“, auf Deutsch bedeutet das „Landstreicher“. Viele Rapper beschäftigen sich mit Brodjagas, zum Beispiel Farik Nazarbeiev aus Kasachstan in einem Track über Jugendliche, die, die viel Zeit auf der Straße verbringen. Dort heißt es:
„Er hat doch Papis Gesicht! Er hat versprochen, kein Schuft zu werden.
Aber er war es müde, ehrlich zu sein,
und wurde der örtliche Brodjaga.“
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Brodjagas auf Instagram
Der Vlogger Emil Esenaliev aus Bischkek hat auf Instagram viele Videos gepostet, in denen er einen Gopnik oder einen Brodjaga spielt. Viele Jugendliche mögen seine Videos und ahmen ihn nach. Das ist ein weiterer Grund, warum Menschen sich wie Gopniki verhalten.
Sein Satz „Ehh Doke kojbojsungbu, dang, dang dang!“ ist bekannt geworden. Das bedeutet: „Hey, Kumpel, mach coole Musik an!“ Jetzt sprechen viele Jugendliche schon so. „Dang Dang “ kann man in vielen Fällen benutzen. Wenn man glücklich oder unglücklich ist und jemand fragt, wie’s dir geht, kann man sagen „Dang Dang“.
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Auch in der Fernsehshow „El emne deit“ geht es oft um Gopniki in Bischkek. Zum Beispiel in diesem Video.
Der Gopnik-Slang erklärt
Solche Jugendliche haben einen eigenen Slang, damit andere Leute sie nicht verstehen. In ihrem Slang gibt es eigene Regeln. Sie möchten so ähnlich wie die Mafia wirken. Bei der Mafia ist es zum Beispiel verboten, in einem Konflikt Verwandte zu beleidigen. Darum machen sie das auch nicht.
Wörter, die sie benutzen, sind zum Beispiel:
DOKE – „bester Freund“
MUTKA – „Plan“ oder „Idee“
SUSCHNIAK – „Getränke“
PONT – „Konflikt oder „Probleme“
KRASNYJ – „Polizei“
DWIJENIE – «arbeiten» oder «Arbeit».
„Alle Brodiagas werden Könige“
Früher trugen Brodjagas wirklich Sportanzüge, genau wie man sich Gopniki vorstellt. Aber heute ziehen sie meistens Jeans, T-Shirts und eine Jacke an und tragen eine kleine Tasche.
Die Brodjagas, mit denen ich gesprochen habe, träumen von einer guten Arbeit, einem guten Auto, einem guten Haus und einer Familie. Das zeigt auch ihre Lieblingsdevise „Alle Brodiagas werden Könige“. Aber die meisten haben keine konkreten Pläne oder Ambitionen, wie sie ihre Träume verwirklichen können.
Mir ist aufgefallen, dass viele Brodjagas talentiert sind und gut rappen und Gedichte schreiben können. Aber manchmal haben ihre Raps keine normale Bedeutung. Mein Freund Asim sagt zum Beispiel oft „Das Mädel ist nicht Afghanistan, du kannst sie erobern.“
Asoziales Verhalten – Gopnik, Brodjaga, Myrk
Der Polizist Urumkanov Ismatillaev meint, dass viele Jugendliche, die sich wie typische Gopniki verhalten, Kinder aus unglücklichen Familien sind, in denen es regelmäßig Konflikte mit den Eltern und wenig Geld gibt. Trotzdem werden nur wenige von ihnen Verbrecher, die meisten führen später ein normales Leben.
Neben Gopnik und Brodjaga gibt es noch ein Wort, das typisch ist für Kirgistan, nämlich Myrk. Früher haben unsere Vorfahren Menschen, die ihr Heimatland, ihr Volk und dessen Bräuche nicht respektieren, Mankurt genannt. Das Wort gibt es zum Beispiel in dem Buch „Ein Tag länger als ein Leben“ von Tschingis Aitmatov. Heute nennt man in Bischkek Menschen, die sich unethisch verhalten, Myrk. Zum Beispiel wenn sie auf die Straße spucken, ihren Müll überall hinwerfen oder fluchen. Die Politologin Elina Ismatillaeva meint, dass die beiden Wörter verwandt sind.
Elturan Ismatillaev
Schüler der Schule N°23 (Goethe Gymnasium) in Bischkek
Der Text ist aus einer Zusammenarbeit zwischen Novastan e. V. und dem Goethe Gymnasium im Frühling 2018 entstanden. Der Redakteur Folke Eikmeier besuchte einmal pro Woche den Unterricht und erarbeitete mit den SchülerInnen journalistische Artikel.
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