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Präsidentschaftswahl in Kirgistan: Ehemaliger Premierminister Sarijew stellt sich zur Wahl

2017 ist nicht nur Wahljahr in Deutschland und Frankreich – auch in Kirgistan wird im November 2017 die Präsidentschaftswahl stattfinden. Der ehemalige Premierminister Temir Sarijew, Vorsitzender der Partei Akschumkar, hat am 4. Februar bei einer Pressekonferenz in Bischkek seine Kandidatur angekündigt.

Temir Sarijew, Ex-Premierminister und neuer Präsidentschaftskandidat

2017 ist nicht nur Wahljahr in Deutschland und Frankreich – auch in Kirgistan wird im November 2017 die Präsidentschaftswahl stattfinden. Der ehemalige Premierminister Temir Sarijew, Vorsitzender der Partei Akschumkar, hat am 4. Februar bei einer Pressekonferenz in Bischkek seine Kandidatur angekündigt.

Der derzeitige Präsident Almasbek Atambajew ist seit 2011 im Amt. Er ist der vierte Präsident seit der Unabhängigkeit des Landes, nach Askar Akajew und Kurmanbek Bakijew (beide befinden sich derzeit im Exil, Akajew in Moskau, Bakijew in Weißrussland) sowie Rosa Otunbajewa, die das Land provisorisch nach der Revolution von 2010 regierte.

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Ein Wahlkampf unter den Vorzeichen der Verfassungsänderung

Das Jahr 2016 wurde politisch durch das Referendum zur Verfassungsänderung im November geprägt. Von der Zivilgesellschaft und den Oppositionsparteien Ata-Meken und Onuguu-Progress zwar stark kritisiert, wurden die Änderungen dennoch mit 80 Prozent der Stimmen angenommen. Für manche macht das Land damit fünf Jahre demokratischer Entwicklung zunichte und einen großen Schritt zurück, was soziale und politische Fortschritte angeht.

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Abgesehen von einer verstärkt konservativen Ausrichtung, die das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehe und die Möglichkeit des Verlusts der Staatsbürgerschaft mit einschließt sowie der Stärkung der Position des Premierministers innerhalb des parlamentarischen Systems, scheint die Verfassungsänderung vor allem einem nützlich zu sein: dem Präsidenten Atambajew. Er habe „das System nach seinen eigenen Interessen modifiziert“, so Erica Marat, Professorin an der Universität für Nationale Verteidigung in Washington.

Atambajews Politik stand lange für eine gewisse Öffnung, sowohl auf politischer wie auch sozialer Ebene. Das Referendum allerdings lässt Erinnerungen eher an den vom Personenkult geprägten Regierungsstil seiner Vorgänger wach werden. In diesem Kontext steht auch Temir Sarijews Kandidatur zur Präsidentschaftswahl 2017.

Wer ist Temir Sarijew?

Der 54-jährige Temir Sarijew war von April 2015 bis April 2016 Premierminister unter Atambajew, musste seinen Posten allerdings aufgrund von Korruptionsvorwürfen vonseiten mehrerer Parlamentarier aufgeben.

Davor war der jetzige Präsidentschaftsanwärter von 2000 bis 2007 Abgeordneter des Dschogorku Kengesch, dem kirgisischen Parlament, sowie von April bis Juni 2010 Vize-Finanzminister bevor er Wirtschaftsminister wurde und diesen Posten von 2011 bis 2015 innehatte.

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Temir Sarijew stellt sich der Wahl zum Präsidentschaftskandidaten nicht zum ersten Mal. Schon 2009 war er Kandidat für die Wahlen von 2010 gegen Atambajew und Toktajim Utmetalijewa.

In der Diskussion um das Referendum hatte der Ex-Premierminister die Regierung zwar darauf hingewiesen, die Kritik vonseiten der Zivilgesellschaft ernst zu nehmen, das Vorgehen der Regierung selber aber nicht offen kritisiert.

Eindeutig kritisiert hatte er allerdings das umstrittenen Gesetzesvorhaben zur Registrierungspflicht für Ausländer innerhalb von fünf Werktagen nach Einreise. Dies stünde in Widerspruch zum Prinzip der Visafreiheit und sei ein Hindernis für die von Bischkek verfolgte touristische Entwicklung des Landes.

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Wer sind die anderen potentiellen Kandidaten?

Temir Sarijew ist in der kirgisischen Gesellschaft bekannt und hat weitreichende politische Erfahrung. Darüber hinaus sei er auch jede Form der offenen Auseinandersetzung mit Atambajew geschickt aus dem Weg gegangen, so der Politexperte Kairat Osmonalijew.

Es gebe aber auch noch andere mögliche Anwärter an das Präsidentenamt, so der Experte. Der ehemalige Präsident des kirgisischen Parlaments Assilbek Dscheenbekow beispielsweise sei ein solcher Kandidat. Der Bruder des derzeitigen Premierministers Sooronbai Dscheenbekow sei vor allem im Süden des Landes sehr beliebt.

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Auch Omurbek Babanow, der Vorsitzende der Koalitionspartei Respublika-Ata Dschurt (heute wieder gespalten) und Oppositionspolitiker wird als potentieller Favorit gehandelt. Obwohl er sich nicht durch eine besondere Nähe zur derzeitigen Regierung auszeichnet, hat er einige von Atambajews Entscheidungen, darunter das Verfassungsreferendum, öffentlich unterstützt. Darüber hinaus gibt es weitverbreitete Gerüchte, dass der aktuelle Präsident und seine Partei, die SDPK, Omurbek Babanow für die nächsten Wahlen unterstützen wollen.

Ein weiterer potentieller Kandidat ist Bakit Torobajew, auch er prominenter Vertreter der kirgisischen Opposition. Dem Vorsitzenden der Oppositionspartei fehlt es allerdings an politischer Erfahrung auf nationaler Ebene, was ihm durchaus zum Hindernis werden könnte.

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Mit der Ankündigung der Kandidatur Temir Sarijews tritt nun ein weiterer prominenter  Politiker in den Wahlkampf ein und folgt damit dem Beispiel anderer altgedienter Politiker, wie beispielsweise Omurbek Babanow, ebenfalls ehemaliger Premierminister, und Assilbek Dscheenbekow.

Es stellt sich daher nicht nur die Frage nach einer mangelnden Erneuerung innerhalb der kirgisischen politischen Elite, sondern auch, ob Temir Sarijew in der Lage wäre, das Land 25 Jahre nach seiner Unabhängigkeit wieder auf einen neuen Weg zu bringen.

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Falls er gewählt würde, hätte der Ex-Premier alle Hände voll zu tun, den Norden und den Süden des Landes endlich zu vereinen und die zahlreichen Spaltungen innerhalb der Gesellschaft auszuräumen, wie er es in seiner Pressekonferenz vom 4. Februar versprochen hat.

Jérémy Lonjon und Pablo Garcia
Aus dem Französischen übersetzt von Charlotte Dietrich

Kommentare (2)

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Haggenmueller, 2017-03-3

Will man in Kirgistan den vom momentanen Praesidenten eingeschlagenen Weg weiterentwickeln, ist eine Expertengruppe zu formieren, die sich mit diesen Fragestellungen beschaeftigt. Dabei ist es wichtig, den Dialog als Instrument der Entscheidungsfindung zu priorisieren. Dann sehe ich eine reelle Chance, dass Kirgistan seinen Weg in die Zukunft findet. Steine auf diesem Weg sind: Neid – Hass- Profilierungssucht (Machtstreben). Geister, die in diesen mentalen Gefaengnissen gefangen sind, haben keine Chance, das Land zu fuehren. Die Buerger tun gut daran, genau zuzuhoeren und zu Fragen nach dem Weg den der Kandidat gehen will. Schrittfolgen erklaeren lassen und mit dem gesunden Menschenverstand beurteilen. Jedoch, der Buerger muss sich zuerst von seinem mentalen Gefaengnis befreien. Er bekommt immer die Politik, die seine Position wiederspiegelt.

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Haggenmueller, 2017-03-3

Hilfe kann er dabei von niemandem erwarten. Wer setzt sich mit den Problemen einer Person auseinander, die keinen Kapitalnutzen bietet oder verspricht? Um zu verhindern, dass sein Lebensraum eingepfercht und sein Wasser abgegraben wird ist der Dialog das beste Mittel. Es hilft, den Buerger dem Buerger naeher zu bringen, seine Position verstehen und Parallelen zu seiner Eigenen zu ziehen. Angst ist die Triebfeder von unbedachten Handlungen. Ein Instrument, das von Steuerungsgruppen effektiv genutzt wird. Hat man dieses Strategem verstanden, findet sich ein Ansatzpunkt zur Neutralisation dieser Systeme. Jedoch, kein Ziel, kein Weg. Ein Sprichwort aus dem Management: “ Der Kapitaen, der das Ziel nicht kennt, fuer den ist kein Wind der Richtige“. Das sollte zu denken geben. Denn, der Kandidat, der sein Ziel nicht klar formulieren will ! hat ein aneres wie das was er angibt.

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