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Kirgistan wegen Umgehung der Sanktionen gegen Russland am Pranger

Im Juni beschlagnahmte der Zoll in Kasachstan Drohnen aus Kirgistan. Die Drohnen, die aus China stammten und ohne Genehmigung transportiert wurden, lösten in den USA Besorgnis über die Rolle Kirgistans bei der Umgehung der Sanktionen gegen Russland aus. Während das 11. Maßnahmenpaket die Möglichkeit bietet, Unternehmen aus für Russland wichtigen Drittstaaten zu sanktionieren, bleibt der Westen vorsichtig, da er befürchtet, sich von den zentralasiatischen Ländern zu entfremden.

Eine Drohne des Typs Phantom 4 der chinesischen Marke DJI. Foto: Wikimedia Commons.
Eine Drohne des Typs Phantom 4 der chinesischen Marke DJI. Foto: Wikimedia Commons.

Im Juni beschlagnahmte der Zoll in Kasachstan Drohnen aus Kirgistan. Die Drohnen, die aus China stammten und ohne Genehmigung transportiert wurden, lösten in den USA Besorgnis über die Rolle Kirgistans bei der Umgehung der Sanktionen gegen Russland aus. Während das 11. Maßnahmenpaket die Möglichkeit bietet, Unternehmen aus für Russland wichtigen Drittstaaten zu sanktionieren, bleibt der Westen vorsichtig, da er befürchtet, sich von den zentralasiatischen Ländern zu entfremden.

Angesichts der Umgehung der Sanktionen gegen Russland droht Washington damit, den Druck zu erhöhen. Die zentralasiatischen Länder sind nach der russischen Invasion in der Ukraine indirekt von den westlichen Sanktionspaketen betroffen und werden beschuldigt, an der Umgehung der Sanktionen beteiligt zu sein. Während Kasachstan seit Juni letzten Jahres vorsichtiger geworden ist, steht heute Kirgistan besonders im Fokus.

Grund dafür ist die Entdeckung von 14 chinesischen Drohnen der Marke DJI Agras T-30 durch die Zollbehörde Kasachstans. Auch wenn die kirgisischen Behörden bestreiten, an der Umgehung von Sanktionen beteiligt zu sein, hat sich der Ton auf westlicher Seite verschärft.

Chinesische Drohnen im Transit durch Kasachstan

Aus den Frachtpapieren ging hervor, dass die Drohnen für Russland bestimmt waren. Da der Lieferant keine entsprechende Genehmigung hatte, wurden die Drohnen beschlagnahmt, versteigert und der Lieferant zu einer Geldstrafe von 76.000 Tenge (153 Euro) verurteilt, wie Kaktus berichtet.

Die Präsenz der chinesischen Drohnen hat in den USA Besorgnis ausgelöst. In kirgisischen Medien wird gemunkelt, dass die Anti-Umgehungsmaßnahmen speziell auf Kirgistan abzielen könnten, und dass die Maßnahmen darin bestünden, „Unternehmen, die verbotene Güter nach Russland liefern, auf eine schwarze Liste zu setzen und Sanktionen gegen sie zu verhängen“. Der russische Endabnehmer der Drohnen sei zudem dafür bekannt, bereits in der Vergangenheit militärische Ausrüstung gekauft zu haben.

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Die chinesischen Drohnen, die für das Versprühen von Agrochemikalien entwickelt wurden, stellen jedoch potenzielles Kriegsmaterial dar. Zwar ist der mögliche Einsatz von Chemiewaffen das beunruhigendste Szenario, aber die Drohnen sind auch in der Lage, militärische Ausrüstung oder Bomben zu transportieren. Zudem habe die russische Regierung selbst das militärische Potenzial dieser Drohnen festgestellt, als sie 2022 einige Exemplare in der Ostukraine beschlagnahmte. In diesem Zusammenhang berichtet die Washington Post, dass laut US-Beamten direkte Sanktionen gegen kirgisische Unternehmen in Betracht gezogen werden.

Kirgistans Beteiligung an der Umgehung von Sanktionen

Die Washington Post berichtet, dass Kirgistan zwar nur einen geringen Anteil an der Umgehung habe, aber dennoch ein Exportkanal nach Russland sei. Die für diesen Handel notwendige Koordination zwischen Bischkek und Moskau lasse zudem den Verdacht aufkommen, dass der russische Geheimdienst involviert sei.

Die Beschlagnahmung der Drohnen sei ein „seltener Sieg“ im Kampf gegen die Umgehung, so die Washington Post weiter, da die kirgisischen Exporte nach Russland bis 2022 um mehr als 250 Prozent gestiegen seien. Kirgisische Unternehmen profitieren dabei erheblich vom Import und Export chinesischer und europäischer Waren, insbesondere von Rüstungsgütern.

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Ein erstes kirgisisches Unternehmen war bereits im Mai 2023 auf die schwarze Liste gesetzt worden. Kirgisische Unternehmen seien jedoch nicht besorgt über die US-Sanktionen, stellte Kaktus weiter fest: Da sie ihre eigenen Waren nach Russland lieferten, würden sie nicht unter die Sanktionen fallen. Das Medium wies jedoch auch auf die besorgte Reaktion des Bankensystems hin, das seine Gewinne verlieren könnte. Bereits jetzt würden die Banken bereits bestimmte Kund:innen ablehnen.

Kirgistan behauptet, es halte sich an Sanktionen

Die Behörden in Kirgistan haben erklärt, sie seien unschuldig an jeglicher Handlung oder Absicht, die Sanktionen zu umgehen. Die Botschaft Kirgistans in Washington erinnerte an die wirtschaftliche Verflechtung Bischkeks mit seinem großen Nachbarn im Norden und daran, dass über eine Million seiner Staatsangehörigen in Russland arbeiten. Diese Verflechtung erkläre den Transport der chinesischen Drohnen.

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Auch das Staatskomitee für Nationale Sicherheit reagierte, wie Kaktus am 20. Juli berichtete, und erklärte, dass „weder der Staat noch seine Strukturen oder Unternehmen in die Verletzung“ westlicher Sanktionen verwickelt seien. Es erinnerte auch an seine strikte Einhaltung des internationalen Rechtssystems und der internationalen Normen.

Das Komitee zieht allenfalls eine „mögliche Beteiligung“ privater Akteure in Betracht, die den endgültigen Bestimmungsort der von ihnen transportierten Güter nicht kennen würden. Dabei scheint die Transitfunktion Kasachstans eine wichtige Rolle zu spielen.

Der Kampf des Westens gegen Sanktionsumgehung

Die zentralasiatischen Staaten waren neben anderen Drittstaaten wie dem Iran Ende Juni 2023 Ziel des 11. Sanktionspakets. Damit sollten die bestehenden Maßnahmen und der Kampf gegen deren Umgehung verstärkt werden. Kirgistan und Kasachstan, die Mitglieder der Zollunion der Eurasischen Wirtschaftsunion sind, stehen dabei unter besonderer Beobachtung.

Russland ist es nämlich verboten, militärische Ausrüstung und Elektronik aus westlichen Ländern zu beziehen. Angesichts der Blockade im Westen hat sich Moskau an seine südlichen Nachbarn gewandt, die nun indirekt von den Sanktionen betroffen sind. So war Kasachstan, das Russland direkt belieferte und als Transitland diente, bereits vor der Verabschiedung der elften Sanktionsrunde vorsichtiger geworden.

Das größte Risiko der Sanktionen besteht darin, dass der Westen die zentralasiatischen Länder verprellt und sie dazu bringt, sich der Türkei, China oder Russland anzunähern. Die westlichen Behörden scheinen dieses Risiko ernst zu nehmen, indem sie der Diplomatie den Vorzug geben und nur bestimmte Unternehmen auf ihre schwarzen Listen setzen. Sie sind somit weit davon entfernt davon, die Herkunftsländer der jeweiligen Unternehmen direkt zu beschuldigen, deren Verantwortung unklar bleibt.

Jean Monéger, Redakteur für Novastan

Aus dem Französischen von Michèle Häfliger

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